Mein erstes Mal ... stumm

23.01.2012 - 08:50 Uhr
Das Cabinet des Dr. Caligari
Transit
Das Cabinet des Dr. Caligari
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In dieser Woche startet The Artist, ein stummer Schwarz-Weiß-Film, der vielleicht den Oscar gewinnt. Wir fragen euch, wann ihr das erste Mal einen Stummfilm gesehen habt und ob ihr uns einen empfehlen könnt.

Das waren noch Zeiten, als der Film stumm daherkam. In rauchigen Vorstadtkinos mit dem Bier in der Hand gab’s für ein paar Mark einen Caligari, einen Student von Prag oder ein Hinterhofdrama à la Zille. Die Geräuschkulisse muss enorm gewesen sein, der Film dagegen war stumm. Aber er lief ab Mitte der 1920er Jahre zur Hochform auf, selten gab es soviele ästhetische Experimente mit Licht und Schatten, mit Überblendungen und Splitscreen, mit Montagetechniken.

Leider ist der Stummfilm fast vergessen, obwohl er so wichtig für die Filmgeschichte und unser Verständnis von Bildern ist. Mit The Artist kehrt er in all seiner Nostalgie auf die große Leinwand zurück. Für uns ein Grund, euch nach euren ersten Erfahrungen mit dem stummen Film zu fragen.

Ines hatte beim Studenten von Prag ihre Erleuchtung
Mein Stummfilm-Highlight ist nach wie vor Der Student von Prag aus dem Jahre 1913. Schon früher habe ich über den Sprung aus dem Spiegel – Opas Horror Hautnah geschrieben. Meine lustigste Stummfilm-Erfahrung war Panzerkreuzer Potemkin von Sergei M. Eisenstein, schwarz-weiß und stumm, bei dem alle Zuschauer im Kinosaal aufjuchzten, als auf einmal eine richtige rote Fahne zu sehen war. Jedes einzelne Bild wurde per Hand nachcoloriert. Propaganda eben.

Thomas bangte um Lillian Gish
Wahrscheinlich war es nicht meine allererste Stummfilmerfahrung, aber der erste Film ohne Ton, der mich so richtig mitgerissen hat war Gebrochene Blüten von D.W. Griffith. Zugegeben, Richard Barthelmess als chinesischer Händler Cheng Huan wirkt ein wenig befremdlich und mag den heutigen Zuschauer eher zum Lachen bringen. Die tollen Großaufnahmen der beinahe hysterisch aufspielenden Lillian Gish, die als Lucy Burrows vor ihrem gewalttätigen Vater flüchtet, strahlen heute dagegen immernoch ihre volle Wirkung aus.

Andy fasziniert die Kunst der Parallelmontage
Heutzutage werden nicht mehr viele Zuschauer etwas mit dem klassischen Stummfilm anfangen können, deswegen wurden viele während ihrer Restauration nachträglich mit Musik versehen. So auch Der große Eisenbahnraub von Edwin S. Porter aus dem Jahr 1903. Der knapp 12-minütige Spielfilm gilt als erster Western der Filmgeschichte und auch wenn es nicht vollends aufgeklärt werden kann, gehört er zumindest zu den Erfindern der Parallelmontage. Zudem enthält der Oldie schon alle Motive, die einen guten Western auch heute noch ausmachen: Überfall, Verfolgung und Showdown angereichert mit Mord und Brutalität.

Theo schaudert es immer noch, wenn er an Nosferatu denkt
Ob Herr Tartüff oder Nosferatu, eine Symphonie des Grauens, in jedem Fall war es F.W. Murnau, durch den ich meine erste Stummfilmerfahrung gemacht habe. Doch der filmgewordene Alptraum Nosferatu ist mir besser in Erinnerung geblieben. Es verwundert mich nicht, dass Zuschauer der 20er Jahre dachten, Max Schreck wäre ein realer Vampir. Der Film wirkt heute durch seine kahlen, vor Ort aufgenommenen Bilder, wie eine wirklichkeitsgetreue Aufzeichnung der Geschehnisse, wie ein Vampir nach Wisborg kam und die Pest mit sich brachte. Nosferatu führt einem vor Augen, wie tragisch der verfrühte Tod von Friedrich Wilhelm durch einen Autounfall war. Welche Meisterwerke hätte uns das “deutsche Wunderkind” noch hinterlassen?

Wie sind eure Erfahrungen mit dem Stummfilm?

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