Kevin Can Wait: Kevin James' King of Queens-Nachfolger im Serien-Check

18.06.2018 - 09:30 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
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Kevin James' Sitcom Kevin Can Wait zieht (fast) alle Register der guten alten Familien-Sitcom. Das ist oft faszinierend konservativ. Wir konnten uns in unserem Serien-Check kaum daran satt sehen, waren am Ende aber doch ernüchtert.

Update: Diesen Serien-Check haben wir bereits zum damaligen Serienstart auf CBS am 19.09.2016 veröffentlicht. Ab heute, den 18.06.2018, läuft Kevin Can Wait zum ersten Mal im deutschen Free-TV auf Nitro. Dafür haben wir den Artikel für euch aktualisiert.

Wenn wir uns Kevin James so anschauen, sehen wir einen unheimlich amerikanischen Mann, die Karikatur des Baseball-schauenden Amerikaners, der an Bier, Barbecue und ja, Baseball glaubt und sich die Gedanken nur von nicht abgezahlten Hypotheken aufs hölzerne Eigenheim am Großstadtrand verdunkeln lässt. Kevin James, das ist ein jüngerer, pummeligerer Hershel Greene, der Staatsmännigkeit mit Bequemlichkeit paart, satt vom Streben nach Glück und bereit zum Ausspannen. Und dann sehen wir Kevin Can Wait, seine erste Sitcom seit King of Queens, und wir möchten denken, es hat sich seit dem Ende der Neunzigerjahre nichts geändert. Männer regieren sitzend vom Sofa aus die Welt, oder das, was sie dafür halten, beschweren sich mit ihren Jungs über ihre wunderschönen Ehefrauen, wundern sich über ihre vorlauten, absonderlichen, frechen, faulen Söhne, lieben ihre erwachsenen oder pubertierenden Töchter, die diese Liebe enttäuschen, immerhin aber gelegentlich den väterlichen Beschützerinstinkt in Anspruch nehmen, wenn's drauf ankommt. Das ist der Stoff, aus dem Familien-Sitcoms gemacht sind, das ist Kevin Can Wait. Ein größeres Déjà-vu, einen härteren Flashback bei einer neu gestarteten Sitcom erlebten wir im Startjahr von Kevin Can Wait nur noch bei Fuller House, und die legten es auf nichts anderes an. Tut Kevin Can Wait das etwa auch?

Kevin James wird in Kevin Can Wait zum Hausmann

Denn irgendjemand wird sich ja noch davon repräsentiert fühlen im schwindenden sicheren Mittelstand der USA, vor den Flatscreens in den Reihenhäusern, zwei Autos, zwei Kinder, ein Sportteam pro Sportart, Halloween, Thanksgiving, Weihnachten, einer Biedermeier-Fantasie. Genauso das Heimkommen, am besten zur Sitcom, wo Alltag gelebt, karikiert, abstrahiert, verklärt wird, und Probleme nach 20, 21 Minuten in gelöstem Lachen zersetzt werden. Kevin Can Wait ist genau diese Sofa-Serie. Und das, wo doch selbst in Mainstream-Sitcoms längst nicht die übliche Friede, Freude, Eierkuchen-Stimmung herrscht, in 2 Broke Girls etwa Jugendprekariat und Gentrifizierung ausdiskutiert und You can do it-Träume enttäuscht werden, und bei The Big Bang Theory, zumindest anfänglich, soziale Armut herrschte. Bei Kevin Can Wait ist alles beim Alten, ergo in Ordnung. Ein Sicherheitsbedürfnis wird hier befriedigt, das archaische Familien- und Geschlechterbild bestätigt, quasi The Walking Dead, nur ohne Zombies, vielleicht mit Untoten und definitiv mit sozialen Bedrohungen am herbstbunten Indian Summer-Horizont. Konservative Familien-Sitcoms muss es halt geben, es hat sie immer gegeben mit Hinterm Sofa an der Front - Familienstreit de Luxe und Immer wieder Jim sowie auch weiterhin, da Modern Family, Malcolm mittendrin und The Middle sie so erfolgreich und filigran dekonstruiert haben. Die neuen klugen "Tragiccoms" wie Atlanta und Love werden sowieso für ein anderes (ein jüngeres?) Publikum produziert.

Kevin Can Wait - Kendra

Es ist das kaffeeduftende Familienfrühstück an einem Werktag, in das wir (und Kevin [James]) als frischgebackener Kevin Can Wait-Zuschauer reinplatzen, samt in der Küche verhallendem Tusch nach dem Szenenschnitt aus dem Nichts ins Familienallerlei. Innerhalb der ersten drei Sätze, die zwischen Kevin und seiner Frau Donna (Erinn Hayes) hin und herfliegen, erfahren wir, dass der Fortysomething Kevin gerade noch Polizist war, jetzt Hausmann ist, oder so, jedenfalls zuhause bleibt, während die Frau arbeitet und die Kinder (James DiGiacomo und Mary-Charles Jones) in der Schule sind. Kevin wehrt sich gegen die mit seiner neuen Freizeit einhergehenden Pflichten und Aufgaben, die ihm von seiner Frau, einer Spielverderberin, klar, aufgetragen werden. Die Kinder geben ihren vorlauten Kommentar ab, Kevin und seine Donna blödeln mit einem Spielzeug rum, bis sie zur Arbeit muss. Sie ist Schulkrankenschwester, er war Cop, kriegt nun eine Frührente ausgezahlt. Die Gables sind bodenständig. Dann das generische, beschwingte Jazz-Intro und die Totale auf das Puppenhaus, in dem die Gables wohnen. Und wir sind mit Kevin und seiner Freizeit allein.

Kevin Can Wait - Das Gable-Haus

Ach ne, seine Buddys (ebenfalls Cops) sind ja für ein gemütliches Sit-in bei Bier und Pizza vorbeigekommen und gemeinsam planen sie mit einer Power Point-Präsentation Männeraktivitäten wie Pizza und Bier zum Frühstück essen (check) und Paintball und Go-Kart-Fahren. Dann kommt die College-Tochter Kendra (Taylor Spreitler) nach Hause, die sich bei Daddy einschleimen muss, weil sie als 21-Jährige einen männlichen Freund (Ryan Cartwright) hat, ihr Vater das aber noch nicht weiß und auch bestimmt nicht goutieren wird. Aber Kevin lässt sich von Burgern besänftigen.

Kendra: What will make you happier than everything in the world?
Kevin: Ok. I have to stop you right there: All. American. Burger.

Nach 10 Minuten lässt sich Kevins Figur leicht zusammen fassen: trinkt gerne Bier, mag Burger.

Kendras Boyfriend entpuppt sich schnell als ihr Verlobter und Informatiker mit Paul Dano-Charme. Die nächste Bombe: Kendra hat das College geschmissen, um Chales vage App- und Weltveränderungspläne zu unterstützen. Donna: "Honey, thats not a plan, thats literally every Strippers Backstory". Okay, der war gut.

Donna, Blümchenkleid, Yoga-Pants, lächelt, wenn Kevin einen dummen Witz macht, sehr oft dieses resignierend-nachsichtige Lächeln mit dem Ich-liebe-diesen-Frechdachs-halt-Kopfschütteln, das für Sitcom-Mütter erfunden wurde und meistens geduldig auf den Konservenlachern harrt. Am Ende der Episode, es geht alles ganz schnell, ziehen Chale und Kendra in das freie Zimmer im Puppenhaus, das eigentlich vermietet werden sollte. Kendra kann weiter zur Schule gehen. Die Familie ist wieder zusammen, das ist alles, was zählt.

Kevin Can Wait

Schlechter als viele Filme (Der Zoowärter), die Kevin James in den letzten Jahren drehte, ist Kevin Can Wait sicher nicht. Besser aber auch nicht. Die einen bekommen hier exakt, was sie befürchteten, die anderen, wenn es die gibt, was sie sich erhofften: eine maximal konventionelle Familien-Sitcom, die an manchen Stellen glatt als Genre-Parodie durchgehen würde. Selbst in seinem Gattungskanon ist Kevin Can Wait ziemlich trockener Stoff. Das muss nun alles nicht heißen, dass Kevin Can Wait nicht doch noch irgendwie irgendwann interessant werden könnte. Schließlich fehlt ja ein Baustein im Sitcom-Manifest: Der Mann in Kevin Can Wait ist zwar Brotverdiener, arbeitet jedoch nicht. Was im Piloten damals fehlte, ist die Erkenntnis, die Rollenverschiebung in der Familien-Tektonik, die damit einhergehen könnte. Mittlerweile wissen wir, dass Kevin Can Wait dieses konventionelle Familienbild nicht lange behalten hat, als die Macher Kevins Ehefrau aus Kevin Can Wait schrieben und die Serie daran gescheitert ist. Im Rahmen der Upfronts 2018 wurde Kevin Can Wait schließlich nach 2 Staffeln abgesetzt.

Schaut ihr euch Kevin Can Wait heute im deutschen Free-TV an?

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