Ich, Police Academy und ein Filmabend mit Adam Sandler

20.01.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Steve Guttenberg in Police Academy 1Warner Home Video
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Nachdem ich vor kurzem Kindsköpfe 2 sah, habe ich die Nase voll: Ich schreibe Adam Sandler eine WhatsApp-Nachricht und lade ihn auf eine Tasse Kaba zu einer Lektion in Sachen Comedy ein. Programm des Abends: Police Academy.

Eine Viertelstunde zu früh klopft es an mein Fenster und eine makellose Zahnreihe blendet mich, als ich den Vorhang zur Seite schiebe und Adam Sandler mit ausführlicher Gestik darum bitte, doch die Vordertür zu benutzen. Nachdem er seine Wildleder-Stiefel auf, und nicht, wie ich ihn zuvor bat, in meinen Schuhschrank stellt, gehen wir zusammen ins Wohnzimmer, wo er es sich sofort auf dem Boden vor der Couch gemütlich macht. Ich schiebe Police Academy I - Dümmer als die Polizei erlaubt in den VHS-Rekorder und drücke Play, woraufhin Adam Sandler ein "endlich" ausstößt, die Schüssel Popcorn aus meiner Reichweite in seinen Schoß hebt und versucht, sich nur mithilfe der Füße die Socken auszuziehen.

Eine altbekannte Melodie erklingt, und vor einer regnerischen Skyline lernen wir vom eingeblendeten Text, dass ein neues Gesetz allen Bürgern den Beitritt zur Polizei erlaubt, unabhängig ihres Geschlechts oder ihrer körperlichen Fähigkeiten. Nach und nach werden die zentralen Charaktere vorgestellt, die alle mehr oder weniger freiwillig vorhaben, die Polizei-Akademie zu absolvieren. Zuvor parkt jedoch der gewitzte Mahoney (Steve Guttenberg) noch das Auto eines aufmüpfigen Parkplatz-Kunden hochkant in eine viel zu enge Lücke, woraufhin Adam Sandler einen ersten Pruster von sich gibt und unverständlich wild mit den mittlerweile nackten Füßen auf dem Teppich rumtrampelt. Die Charaktere scheinen ihm zu gefallen. Neben dem Stimm-Talent Jones (Michael Winslow) und dem riesigen Hightower (Bubba Smith) hat es ihm anscheinend vor allem Thompson (Kim Cattrall) angetan, das taffe Mädchen aus reicher Familie. Mein Frage, warum er gerade sie mag, lässt er unbeantwortet im Raum stehen und klaut mir stattdessen meine Wolldecke.

Die Ausbildung an der Akademie beginnt und der böswillige Lieutenant Harris (George W. Bailey) gibt sein Bestes, die neuen Rekruten vom Polizeidienst abzuschrecken. In großen Lettern schreibt er "Police Work is what U R here 4" an die Tafel, was Adam Sandler sichtlich unbeeindruckt lässt. Erst Michael Winslows Imitation der Lautsprecher-Durchsage bringt ihn zum Grinsen und er versucht für die nächsten sieben Minuten, sie nachzuahmen. Der Film kommt nun in Fahrt, die Gags und Lacher stapeln sich nur so: Hightower stößt die Kletterwand um, Lt. Harris bemerkt die Schuhcreme um seinen Mund nicht, der angeblich hispanische George Martin (Andrew Rubin) wird von der strengen Callahan (Leslie Easterbrook) im Frauen-Gebäude erwischt und Tackleberry (David Graf) bringt die Zielscheiben am Schießstand zum Explodieren. Ich versuche, Adam Sandler auf die ausgefeilte Komik aufmerksam zu machen, bemerke jedoch, dass er angefangen hat, mit seinem Handy Snapchat-Bilder von seinem rechten Auge zu machen.

Es wird emotional: Thompson und Mahoney kommen sich näher, Hightower verteidigt die quietsch-stimmige Hooks (Marion Ramsey) und muss die Akademie verlassen. Adam Sandler ruiniert die Stimmung, indem er überlegt, ob er auch ein Auto hochheben könnte und sich an meiner Couch versucht. Nach dem gescheiterten Versuch sammle ich das verteilte Popcorn ein, während er sich wieder in sein Nest aus Kissen und Decken legt und den zwölften und damit letzten Milkyway-Riegel verdrückt.

Durch die finalen Szenen des Films hindurch lässt Adam Sandler nur ein absichtlich lautes Gähnen hören, und auf meinen Vergleich der Medaillen-Verleihung als witzigere Version von jener in Krieg der Sterne reagiert er nur, in dem er so lange "was?" fragt, bis ich genervt aufgebe.

Warum ich Police Academy mein Herz schenke

Ich versuche, Adam Sandler zu erklären, dass trotz der schwindenden Qualität der Reihe wenigstens der erste Film ein Meilenstein der Kino-Komödie darstellt. Die clevere Aneinanderreihung brillanter Gags, gespielt von wunderbar komischen Darstellern und als Teil einer simplen und doch funktionierenden Story gefiele mir besonders, analysiere ich vor mich hin. Adam Sandler versucht derweil, unbemerkt die Kassette aus dem Rekorder zu fummeln und in die Innentasche seiner Jeansjacke zu stecken. Die Frage, ob ihm der Film denn auch gefallen hätte, beantwortet er nur mit einem exzessiven Kopfschütteln. Als ich die leeren Gläser in die Küche trage, höre ich ihn trotzdem weiter seine Michael Winslow-Imitation üben.

Warum auch andere Police Academy lieben werden

Während Adam Sandler ungewöhnlich lange auf dem Klo sitzt und laut vom Etikett meines Duschgels abliest, rekapituliere ich beim Abwasch den Film. Das Schöne an Police Academy, denke ich mir, ist seine Unschuld. In Hugh Wilsons Film wird so gut wie alles aufs Korn genommen, der ein oder andere Witz mag zugegebenermaßen unter die Gürtellinie gehen. Und doch, irgendwie wirkt das Gesamtwerk weder zu flach noch zu schwarz-humorig. Manche Szenen kommen so naiv daher, dass man sich wünscht, in den 80ern zu leben und zum ersten Mal solche dumpfe Komik sehen zu können. Ich kann diesem Film einfach nicht böse sein, gestehe ich mir selbst, und stelle die fünf verschiedenen Keks-Schalen, auf die Adam Sandler bestand (Tuc, Prinzenrolle, Oreos, Butterkekse und trockene Zimtsterne von Weihnachten) aufs Abtropfbrett.

Warum Police Academy die Jahrzehnte überdauern wird

Nun wird es spannend, es kommt der Moment, auf den der ganze Abend hinauslief. In der Küche schenke ich Adam Sandler auf seinen Wunsch hin eine Packung Kondensmilch in ein Glas und eröffne das Gespräch, das ich so lange mit ihm führen wollte. Ich erzähle ihm von den Vorzügen der 80er Jahre, wie gut damals noch Slapstick-Humor funktionierte. Als es noch so wenig Ansprüche an Komödien gab, dass ein simpler Streifen wie Police Academy in Deutschland zum erfolgreichsten Kino-Film des Jahres werden konnte. Damals, als auch politisch unkorrekte Witze noch funktionierten und nicht zu monatelangen Hashtag-Kampagnen führten. Aber diese Zeiten sind vorbei, sage ich in ruhigem Ton zu ihm. Eine gute Komödie benötigt heute mehr als nur Furz-Witze und viele nackte Frauen. Man braucht Charme und ein gutes Drehbuch. An Talent sollte es auch nicht mangeln. Und vor allem wäre es hilfreich, nicht immer die selbe Rolle des Tollpatsches zu spielen, der am Ende des Films alle Herzen für sich gewinnt.

Ich merke, dass Adam Sandler mir nicht zuhört. Er zerdrückt gelangweilt einige Salzstangen auf meinem Tisch, tut so, als schaue er auf seine Uhr und sagt kalt, er müsse jetzt gehen. An der Tür flüstert er dennoch leise "Danke für den Abend" und macht sich davon. Ich rufe ihm noch hinterher, er habe seine Stiefel vergessen. Doch schon ist er barfuß und leicht joggend zwischen einer Reihe von Bäumen verschwunden.

"Das heißt ich bin hier gefangen?" "Das sind wir alle".

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