Es war nicht die erste Verfilmung der Vorlage von Herman Melville, aber es besteht wohl kaum Uneinigkeit darin, dass Moby Dick aus dem Jahr 1956 die beste Umsetzung der intelligenten und schicksalshaften Walfanggeschichte ist. Es gibt wohl nur sehr wenige Menschen, die nicht zumindest schon einmal von dem Film von John Huston gehört haben, mindestens einmal angucken ist Teil der Allgemeinbildung. Und weil dem so ist und ich diesen Film wirklich schon zig Mal voller Begeisterung gesehen habe, vergebe ich heute mein Herz für Klassiker an ihn.
Warum ich Moby Dick mein Herz schenkte
Wann ich zum ersten Mal Zeuge von Ahabs irrer Jagd auf den sagenumwobenen weißen Wal wurde, kann ich gar nicht mehr genau sagen. Es muss wohl recht früh in meiner Kindheit gewesen sein, denn ich erinnere mich noch an die infantile Faszination, die der von oben bis unten tätowierte Queequeg und der gigantische, selten sichtbare weiße Wal auf mich ausübten. Es war der Blick auf eine unbekannte Welt voller absonderlicher Personen und Wesen, eine Abenteuergeschichte, deren Gehalt ich weit später erst begriff. Aber schon hier zeigt sich, dass Moby Dick verschiedene Lesarten besitzt, vom Abenteuerfilm bis zur Parabel auf Verblendung durch blinde Wut bietet dieser Film alles. Und so ist es kaum verwunderlich, dass er mein Herz schon früh durch besagte abenteurliche Elemente für sich gewann, und dort bis heute durch seine parabolische Wirkweise verweilt.
Warum auch andere Moby Dick lieben werden
Es gibt so viele Gründe, Moby Dick heiß und innig zu lieben. Ein weiteres Mal möchte ich die verschiedenen Rezeptionsmöglichkeiten, die dieser Film bietet, hervorheben, aber vor allem auf den Gehalt als Parabel eingehen: Jedermann kennt die Story von Moby Dick, zumindest sollte das so sein. Aus der Sicht des Matrosen Ismael (Richard Basehart) erzählt, werden wir auf der ‘Pequod’ auf eine Reise über die Weltmeere mitgenommen, stets auf der Jagd nach Walen, deren Tran als Brennstoff von großem Wert ist. Ismaels neuer bester Freund ist Queequeg (Friedrich von Ledebur), ein mysteriöser, aber aufrichtiger Fremdländer, Steuermann Starbuck (Leo Genn) gibt auf dem Schiff die Richtung vor, aber über allem thront Kapitän Ahab (Gregory Peck). Alle Figuren nehmen einen wichtigen Teil innerhalb der Parabel ein, die Themen wie Nibelungentreue, irrationalen Hass und Widerstand behandelt. Es ist die Summe aller Teile, die Moby Dick verehrenswert macht.
Warum Moby Dick einzigartig ist
Nicht nur der intelligente Unter- und Aufbau hebt Moby Dick von vielen, vielen anderen Filmen ab, sondern auch die ausgewogene Mischung aus An- und Entspannung, die großartige Inszenierung von John Huston und die brillanten Darstellungen. Ein Loblied auf Moby Dick muss zwangsweise einhergehen mit einem Verweis auf die beinahe schon beängstigend großartige Leistung von Gregory Peck. Ich möchte keinesfalls die anderen Schauspieler herabwürdigen, denn sie alle machen einen tollen Job. Aber Gregory Peck übertrifft sie alle als Kapitän Ahab. Denkt jemand in diese Figur, denkt er automatisch an Gregory Peck, der den/dem wütenden Chef der ‘Pequod’ für alle Zeiten ein Gesicht gab. Diese Präsenz ist absolut fantastisch, vor allem wenn bedacht wird, dass Gregory Peck immer als “nett”, einigen sogar als zu nett, galt. Wenn ein Film es also schafft, eine gleichermaßen unterhaltsame wie intelligente Geschichte zu erzählen und darüber hinaus noch schauspielerische Leistungen hervorzubringen, die auf ewig unvergessen bleiben werden, dann kann er definitv als einzigartiger Klassiker bezeichnet werden.
Warum Moby Dick die Jahrzehnte überdauert
Es gibt Werke, die können schlicht nicht verbessert werden. Moby Dick gehört dazu. Was sollte eine Neuverfilmung besser machen? Wer könnte ein durchdachteres Drehbuch als Ray Bradbury und John Huston schreiben? Hat irgendein Regisseur mehr oder etwas anderes zu erzählen als John Huston? Ist irgendwer dazu fähig, auch nur annähernd einen Kapitän Ahab zu geben wie Gregory Peck? Alle diese Fragen lassen sich mit einem deutlichen “nein” beantworten. So wie Moby Dick aus dem 1956 ist, ist er perfekt. Und er wird aufgrund seines in sich idealen Aufbaus auch für sämtliche noch kommenden Generation perfekt bleiben, schon wegen der innewohnenden Themen, die weit über ein Walfangabenteuer hinausgehen.