Ich, Die oberen Zehntausend & die Macht der Musik

09.09.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Frank Sinatra und Bing Crosby im Duett
MGM
Frank Sinatra und Bing Crosby im Duett
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Manche Filme sind einfach nicht so populär, wie sie es verdient hätten. Diese unerhörte Ungerechtigkeit versuche ich mit diesem Text zu bekämpfen. Mein Herz für Klassiker geht deshalb an Die oberen Zehntausend.

Als ich zum ersten Mal damit betraut wurde, einen Artikel für diese Kategorie zu schreiben, erfüllte es mich mit ganz besonderer Freude. Genügend Klassiker, die ich mag, gibt es ja, dachte ich. Und genau das war zunächst auch mein Problem. Ich konnte mich nicht wirklich entscheiden, welchem Film ich einen ehrenvollen Platz in dieser Sparte schenke. Nachdem ich mich durch die Archive von moviepilot klickte, fiel mir schließlich auf, dass ein Genre kaum Erwähnung fand, ein Genre, das mir schon immer am Herzen lag: das Musical. Und nein, ich rede hier nicht von der Art Musical, in denen Teenies mit Schüttelfrisur und Sportjacken durch die Gegend hopsen. Ich rede von der Art Musical, in denen wohl dosierte und stilvoll interpretierte Musikstücke dem Film einen eigenen individuellen Charme verleihen. Zu diesen gehört für mich ganz klar Die oberen Zehntausend von Charles Walters aus dem Jahr 1956. Die hochkarätige Besetzung mit Bing CrosbyFrank Sinatra und Grace Kelly tut hierbei ein Übriges.

Was in den 1930ern mit Fred Astaire seinen Anfang nahm und durch Gene Kelly fortgeführt wurde, findet Mitte der 1950er mit Die oberen Zehntausend seinen Höhepunkt. Auch wenn sich der Film weniger auf Tanzeinlagen konzentriert, wie bei den Werken der beiden vorher Genannten, so ist es doch vor allem die Musik, die bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Zu Beginn des Films musiziert Louis Armstrong, der sich selbst spielt, mit seiner Band und verkündet anschließend, dass die Handlung nun beginnen möge. Dies lässt sich gewissermaßen als ironischer Kommentar betrachten, denn eine Handlung ist ehrlicherweise nur in oblatendünner Form vorhanden. Die reiche Daisy Cord (Grace Kelly) will auf ihrem Anwesen den ebenso reichen George heiraten. Aufgrund eines Jazz-Festivals in der Stadt, taucht ihr Ex-Mann, der Komponist Dexter (Bing Crosby), auf. Zufälligerweise wohnt dieser auch noch im Haus gegenüber, wodurch sich beide zwangsläufig über den Weg laufen. Zudem erscheint auch noch das Reporter-Duo Marc und Liz, verkörpert von Frank Sinatra und Celeste Holm, die über die anstehende Hochzeit berichten wollen. 

Warum ich Die oberen Zehntausend mein Herz schenke
Wie gesagt, ist es weniger die Handlung, sondern eher die Musik, verbunden mit dem entwaffnenden Charme der Darstellerriege, weshalb ich diesen Film so liebe. Die Charaktere gehören allesamt zur High Society, so auch der Originaltitel des Films, und legen eine derart amüsante Gleichgültigkeit an den Tag, dass ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen kann. Angefangen bei Dexter, dessen Lässigkeit dem Wort Coolness ein völlig anderes Bild verleiht. Oder Marc, der bereits am frühen Morgen im maßgeschneiderten Anzug auftaucht und sich gleich mal den ersten Champagner genehmigt, anstatt für seine Zeitung zu berichten. Genau diese lockere Stimmung ist es, die der Film zu transportieren weiß und mit gnadenloser Konsequenz bis zum Ende durchzieht. Die Figuren leben in ihrem eigenen Kosmos, in dem alles möglich zu sein scheint. Und mal ganz ehrlich: Wer möchte nicht in einer Welt leben, in der man angesäuselt jeden Konflikt einfach wegsingen kann? So muss schließlich auch nicht wirklich hinterfragt werden, warum Dexter und Daisy am Ende erneut heiraten oder Liz und Marc zueinander finden, was sich während des Films nicht annähernd andeutet. 

Obwohl dies alles auf den ersten Blick naiv und oberflächlich wirkt, steckt hinter Die oberen Zehntausend durchaus ein sarkastischer Seitenhieb auf die neureiche Gesellschaft, die sich auch heute noch oft an der Grenze zur Lächerlichkeit bewegt. Die von Cole Porter komponierten Songs fügen sich perfekt in die Geschichte des Films ein und sind amüsant und wirkungsvoll inszeniert. Den Höhepunkt der musikalischen Darbietungen stellt für mich das Lied Well, Did You Evah? dar, das von Bing Crosby und Frank Sinatra unglaublich unterhaltsam präsentiert wird. Hier zeigt sich, was entstehen kann, wenn zwei großartige Sänger und Entertainer am Werk sind. Die Stimmen der beiden sind für mich bis heute unverwechselbar und machen Die oberen Zehntausend zu etwas Einzigartigem.

Warum ihr Die oberen Zehntausend lieben werdet
In erster Linie ist es natürlich, wie bei so vielen Dingen, eine Geschmacksfrage, ob ihr Die oberen Zehntausend mögt oder nicht. Mir ist durchaus bewusst, dass sich nicht jeder mit diesem Genre anfreunden kann. Doch wer sich für 110 Minuten einfach mal von der guten Musik und der beschwingten Atmosphäre des Films treiben lassen will, ist hier genau richtig. Der Humor ist natürlich nicht mit dem heutigen vergleichbar. Aber genau darin liegt auch ein Reiz des Films. Zudem erinnert er uns daran, dass es mal eine Zeit gab, in der man das Wort "Geschmeide" verwendete oder ein Handschuh in einem Sandwich ein Riesenbrüller war. 

Ich persönlich finde diese kleinen, unschuldigen Momente des Films unglaublich erfrischend. Besonders wenn man sich den Komödien-Einheitsbrei heutzutage betrachtet. Eine weitere Komik in sich, wenn auch ungewollt, offenbart der Film durch seine, sagen wir "eigenwillige", Synchronisation. Aus welchen Gründen auch immer wurden hier die Namen einiger Protagonisten verändert. So wurde aus Grace Kellys Figur Tracy eine Daisy oder aus Sinatras Mike ein Marc gemacht. Dem Verständnis des Films tut dies jedoch keinen Abbruch. Eine weitere Besonderheit bei der Übersetzung ist die Figur von Louis Armstrong. Dessen Sprecher ist oft so schlecht zu verstehen, dass man diesen selbst schon wieder hätte synchronisieren müssen. Allein für dieses Erlebnis, kann ich Die oberen Zehntausend aber nur jedem ans Herz legen.

Warum Die oberen Zehntausend die Jahrzehnte überdauern wird
Eigentlich ist die Antwort darauf ganz einfach. Der für zwei Oscars nominierte Film ist mit einer Reihe von Legenden aus Musik und Film besetzt. Die Stimmen von Frank Sinatra und Bing Crosby retten jedes Weihnachtsfest vor dem musikalischen Desaster und dürften jedermann bekannt sein. Solange dies der Fall ist, kann auch Die oberen Zehntausend nicht in Vergessenheit geraten. Hinzu kommt, dass die bezaubernde Grace Kelly nach der Musical-Komödie ihre Schauspielkarriere beendete und anschließend zur Fürstin von Monaco wurde. Dieser Tatsache geschuldet wird Die oberen Zehntausend für immer als der letzte Grace-Kelly-Film bezeichnet werden. Wenn ihr mich fragt, ein würdiger Abschluss.

Have you heard? It's in the stars, next July we collide with Mars.

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