Ich, die Marx Brothers & Freedonia ziehen in den Krieg

21.04.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Die Marx Brothers im KriegParamount Pictures
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Wer die Marx Brothers nicht kennt, hat eine der besten Comedy-Truppen des 20. Jahrhunderts verpasst und damit wohl auch deren Meisterwerk Die Marx Brothers im Krieg. Weshalb ihr diese Wissenslücke füllen solltet, erfahrt ihr im heutigen Herz für Klassiker.

Die Marx Brothers im Krieg oder auch Duck Soup, wie er im Original heißt, wird nicht umsonst als die Speerspitze des Schaffens der US-Comedy-Truppe bestehend aus den Brüdern Groucho Marx, Harpo Marx, Chico Marx und Zeppo Marx bezeichnet. Spitze, schnelle Dialoge, begleitet von einem Sammelsurium an einfallsreichen visuellen Gags, verpackt in einem Tempo, sodass kaum die 70-Minuten-Grenze erreicht wird. Eine Achterbahnfahrt durch die befreiende Welt der Anarchie und wieder zurück.

Warum ich Die Marx Brothers im Krieg mein Herz schenke

Blicken wir auf die erste filmische Hälfte des 20. Jahrhunderts und besonders auf das Fach der Komödien, so fallen hierzulande immer wieder die altbekannten Namen. Da wären der legendäre Charlie Chaplin, Buster Keaton oder das Duo Stan Laurel und Oliver Hardy. Die Marx Brothers werden dabei leider häufiger übersehen. Dabei nehmen sie mit ihrer absurden und anarchischen Art eine Sonderstellung ein. Besonders hervorzuheben ist hier ihr fünfter Film, Die Marx Brothers im Krieg. Der Film, welcher der letzte der Brüder für das Studio Paramount war, legt keinen Fokus auf eine Liebesgeschichte und übertreibt es nicht mit den sonst üblichen und ausschweifenden Musiknummern, sondern konzentriert sich auf das wesentliche, auf die Marx Brothers und auf ihren absurden Witz. Regie führte einer der begabtesten Komödien-Regisseure dieser Zeit in Hollywood, Leo McCarey, was wohl einen großen Beitrag zum 'perfekten Sturm', den dieser Film darstellt, beitrug.

Warum auch andere Die Marx Brothers im Krieg lieben werden

Die Geschichte des Films ist schnell erzählt. Das Land Freedonia befindet sich in einem finanziellen Notstand. Rufus T. Firefly (Groucho Marx) soll die Regierungsgeschäfte übernehmen, um das Land zu sanieren. Der Nachbarstaat Sylvania möchte indes in Freedonia einmarschieren und setzt zwei Spione (Chico und Harpo Marx) auf Firefly an. Nach einigem Hin und Her kommt es schließlich zum Krieg zwischen beiden Staaten, wobei es schlecht für das schwächere Freedonia aussieht, doch die Marx Brothers lassen sich davon nicht aufhalten. So weit, so unaufregend. Was den Film so besonders macht, ist sein Spaß am respektlosen Witz und an aufwendigen visuellen Späßen. Wer die alten Ausgaben des Mad Magazines aus den 70ern und 80ern kennt und liebt, sollte jetzt die Ohren spitzen. Die Grundfeste für diesen Humor liegen unter anderem in diesem Film. Wortspielereien, wie aus der Pistole geschossen und ohne Punkt und Komma. Vielleicht muss man so etwas mögen, aber hier ist es zur Perfektion getrieben worden. Respektlos, schnell und voller Anarchie.

"Where's your husband"? " Well, he's dead." "I'll bet he's just using that as an excuse." "I was with him til the very end." "No wonder he past away."

Zum gesprochenen Wort kommt der visuelle Faktor noch hinzu, der ersterem in nichts nachsteht. Da wäre natürlich die bereits erwähnte und schon oft besprochene Spiegelszene mit zwei Fireflys, die einander auf abstruse Weise imitieren. Heute noch ist diese Szene sowohl lustig als auch beeindruckend aus handwerklicher Sicht. Kleinere Feinheiten finden eher am Rande statt, sind deshalb jedoch nicht weniger komisch. So trägt Groucho Marx in den letzten Minuten des Films unter Belagerung in beinahe jeder Szene wechselnde Uniformen verschiedenster Herkunft, was unkommentiert von allen Beteiligten hingenommen wird. Es gibt außerdem die brillante Szene, in welcher die Brüder eingekesselt vom Feind ein letztes Aufgebot an Unterstützung anfordern, woraufhin ihnen versichert wird, Unterstützung sei auf dem Weg. Was danach folgte, hat mich und meinen Vater damals vor Lachen fast vom Stuhl gefegt und tut es heute noch. Etwas so Abgedrehtes hatten wir nicht erwartet. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.

Warum Die Marx Brothers im Krieg einzigartig ist

Die Marx Brothers haben einige Filme gemacht und nicht alle davon sind gleichwertig unterhaltsam. Ein Markenzeichen ihrer Filme sind die ausschweifenden Musiknummern und eine Liebesgeschichte, was sowohl dem Geist der Zeit als auch dem MGM-Tycoon Irving Thalberg geschuldet ist, für den die Brüder später arbeiteten. Mit beiden Faktoren hält sich Die Marx Brothers im Krieg zurück beziehungsweise bindet sie angemessen in die Geschichte ein. Die Musiknummern sind keine langen Solopassagen eines einzelnen der Brüder. Es gibt kein Harfensolo von Harpo Marx und auch kein Klaviersolo von Chico. Mit Nummern wie 'Freedonia's Going to War' wird die Geschichte eher vorangetrieben und mit zusätzlichem Witz versehen anstatt für heutige Sehgewohnheiten unnötig gestreckt zu werden. Damit bleibt der Film unter 70 Minuten und wirkt nicht aufgebläht. Vielen Filmen dieser Zeit geht durch unnötige Unterbrechungen das heutige Sehvergnügen ab. Diese Mittel werden hier lediglich dezent und dem Film dienlich eingesetzt.

"I think we should have a standing army." "Why should we have a standing army?" Because than we save money on chaires."

Warum Die Marx Brothers im Krieg die Jahrzehnte überdauern wird

Beobachtet man den Film mit wachen Augen und Blick auf das, was er nach sich zog, wird die Spur deutlich, die der Humor der Marx Brothers in der Popkultur des letzten Jahrhunderts hinterlassen hat. Sowohl das bereits angesprochene Mad Magazine oder auch die Looney Tunes mit Bugs Bunny tragen deutliche Spuren der Gebrüder Marx in sich. Man kann den Film als politisches Statement und clevere Politsatire sehen oder sich auch einfach nur vom Rausch des respektlosen Spaßes und dem Spaß am Respektlosen mitreißen lassen. Groucho Marx selbst soll auf die Frage nach der politischen Bedeutung des Films geantwortet haben: "Was für eine Bedeutung? Wir sind nur vier Juden, die Lacher ernten wollen." Benito Mussolini hingegen ließ den Film nach seinem Erscheinen im Jahr 1933 in Italien verbieten, wohl sehr zur Freude der Marx Brothers. Wie man den Film deuten will, liegt im Auge des Betrachters und sei hier fürs Erste einmal dahingestellt. Was man dem Film jedoch nicht absprechen kann, ist sein unglaubliches Gespür für Timing und zeitlose Szenen, die in der Filmgeschichte oft kopiert wurden.

Vielleicht ist der Humor nicht jedermanns Geschmack und aus eigener Erfahrung weiß ich um die Probleme mit Schwarz-Weiß-Filmen bei einigen Filmschauenden. Die Marx Brothers ziehen in den Krieg solltet ihr euch jedoch nicht entgehen lassen. Er ist kurz, knackig und die Wurzel für viele Zitate der nachfolgenden Generationen an Komödien. Wer Spaß an Anarchie und Humor ohne Grenzen und Respekt hat, kommt dabei noch zusätzlich auf seine Kosten.

Und jetzt alle: Hail, Hail, Freedonia, land of the brave and free...

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