Im Kommentar der Woche stellen wir euch jede Woche einen besonderen Kommentar vor, der uns von einer von euch nominiert wurde. Besonders, weil er persönlich ist; besonders, weil er euch etwas bedeutet; besonders, weil er euch zum Lachen gebracht hat - oder besonders, weil er so viel besser ist, als der Film, zu dem er geschrieben wurde. Wenn euch so ein Kommentar irgendwo auf moviepilot oder gamespilot auffällt, dann sagt unbedingt sciencefiction oder Kängufant Bescheid und nominiert ihn!
Der Kommentar der Woche
Manche Filme sollten besser von Leuten gemacht werden, die auch den Arsch in der Hose haben, das Thema angemessen umzusetzen - und nicht einfach nur auf den Oscar schielen, denn den hätte eher Jenny von T für ihren Kommentar zu The Danish Girl verdient, als der Film selbst...
(M)eine kleine Vorgeschichte zum Einstieg:
Ich bin zwar anatomisch eine Frau, doch innerlich fühle ich mich zu
etwa 80% als Mann. Schon als 5-Jährige habe ich geplärrt und wild um
mich getreten, wenn es hieß, ich solle zu bestimmten Anlässen ein Kleid
tragen. Immer allerdings bin ich gegen meine Eltern als Sieger
hervorgegangen und durfte schließlich doch eine Hose anziehen. Das
Geburtstagsgeschenk, über das ich mich in meinem Leben bislang am
meisten freute, war wahrscheinlich das Manchester United-Trikot mit der
Rückennummer 7 zu meinem 13.. Im Winter stülpte ich es eben einfach über
einen Pullover drüber, da kannte ich keine Grenzen.
17 Jahre später: Noch immer bin ich Fußball-begeistert und noch
immer hatte ich kein Kleid an mir. Ich besitze 4 Paar Schuhe (oder
waren's doch nur 3?), verabscheue (Designer-)Mode ebenso wie Make-up und
Handcremes. Ich habe nicht einmal eine Handtasche, in welche ich den
ganzen Schnodder hineintun könnte. Im Bad benötige ich 20 Minuten,
Duschen mit eingerechnet. In zu engen Klamotten komme ich mir
eingequetscht und tatsächlich irgendwie "impotent" vor. Und wer mich nur
deshalb mag, weil ich geschminkt bin und darüber hinaus nichts Nobles
an mir entdeckt, kann mir von Anfang an gestohlen bleiben. Ich mache
mich für niemanden schön – entweder *bin* ich es, oder eben nicht. Meine
Position mag radikal klingen, aber ich vermute, es hat mir schon so
manch oberflächliche (und somit ärgerliche) Begegnung erspart.
Natürlich habe ich auch eine feminine Seite. Da wäre zum Beispiel
meine gelegentliche Schwäche für kitschige Liebesfilme, 90er
Jahre-Powerballaden oder Robert Redford. "Entgegen" meiner androgynen
Erscheinung bin ich heterosexuell. Nimmt man es wirklich ganz genau und
wertet gemäß meinem inneren Befinden, wäre ich nach dem Gesagten
eigentlich (zu 80%) schwul, so absurd es zunächst vielleicht klingt.
Dabei fühle ich mich – um die Verwirrung zu komplettieren - nicht einmal
unbedingt unwohl in meinem Körper. Ich trage bloß ausgeprägte maskuline
Züge an mir, für die ich gerne akzeptiert werden würde.
Dies zeigt, wie komplex bzw. fließend sich Geschlecht und Sexualität
im Einzelfall verhalten können. Manchmal frage ich mich, warum wir
überhaupt in strikten (Klischee-)Kategorien wie "männlich" und
"weiblich" denken und urteilen müssen, denn wohl niemand (außer Chuck Norris) erfüllt "seine" eindeutig zu 100%. Es schafft unnötig Probleme.
Aus nicht zuletzt eigener Erfahrung schließe ich des Weiteren: Das
(soziale) Geschlecht ist nichts, das man sich, etwa aus einer Laune
heraus, aussucht - als Kind war ich ja auch noch gar nicht imstande,
über so etwas bewusst zu reflektieren. Ich mochte einfach keine
Barbie-Puppen. End of Story.
Auf THE DANISH GIRL hatte ich mich gefreut, birgt der Film doch
ungemeines Potenzial. Das fertige Ergebnis ist jedoch eine einzige, kaum
ernstzunehmende Enttäuschung, die – vor lauter Anbiederung - ihre guten
Absichten leichtfertig und fast schon dümmlich konterkariert.
Die künstliche Abruptheit, mit der die Hauptfigur beginnt, ihre
Identität zu hinterfragen, mag noch einer verunglückten dramaturgischen
Verdichtung geschuldet sein – problematisch wird es aber spätestens,
sobald der Film beginnt, Einar Wegener und Lili Elbe als zwei
verschiedene Persönlichkeiten darzustellen und für den Zuschauer somit
nicht weniger als eine Schizophrenie (also eine Geisteskrankheit!)
anzudeuten. Dass Transsexualität dies jedoch gerade nicht ist, sollte
jedem einigermaßen aufgeklärten Menschen klar sein. Zum Haare Raufen!
Die auf sämtlichen Ebenen kleinmütige Inszenierung sowie die
falschen, da spürbar aufgepfropften Emotionen stellen hier wahrlich noch
das geringste Problem dar und es stimmt mich traurig, wie der
stilsichere Tom Hooper so tief fallen konnte.
Und als ob das nicht genug wäre, strapazierte obendrein
Oscar-Preisträger Eddie Redmayne meine Nerven bis zum Anschlag. Seine
Gesichtszuckungen, seine bebende Unterlippe und sein "anmutiges" Lächeln
sind nach spätestens einer Stunde Laufzeit nicht mehr auszuhalten. Wer
so penetrant bettelt, erhält von mir rein gar nichts.
Überhaupt wurde jegliche Uneindeutigkeit und Spannung (die daneben
ja auch die Liebesgeschichte mit sich bringt!) mit dem Biederhammer
platt gewälzt, um dem Publikum eine Einfachheit vorzugaukeln, die - wie
oben ausgeführt - speziell im Rahmen dieser Thematik nicht existiert.
Damit ist Hooper auch nicht etwa "interessant gescheitert", denn das
würde immerhin bedeuten, dass er etwas riskiert hat – und THE DANISH
GIRL ist vermutlich sogar noch weitaus weniger als egal.