Hollywood-Sex - Die hauchdünne Linie zwischen Passion & Gewalt

08.12.2015 - 09:15 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Sie liebt es. Nicht.
Disney
Sie liebt es. Nicht.
86
21
Leidenschaft oder sexuelle Nötigung? Zwar werden entsprechende Szenen in Hollywood-Filmen gern als romantisch präsentiert, oft handelt es sich nüchtern betrachtet aber um Übergriffe - egal, ob im Mainstream- oder Pornofilm.

Wenn man von "Hollywood" spricht, sollte man eigentlich immer sagen, welches man meint. Denn gibt es zwei: das der großen Filmstudios und Mainstream-Filme und das andere, mit den kleineren Studios und der weltweit größten Produktion von Mainstream-Pornos. Beide Hollywoods haben ihre großen Stars. Und beide haben ihre Skandale. Dieses Jahr quasi sogar ein und denselben, denn Porno-Hollywood, so scheint es seit letzter Woche, hat auch einen Bill Cosby unter sich. Dieser heißt James Deen, hat in Paul Schraders The Canyons - Sex - Desire - Passion mal eine Hauptrolle gespielt und ist der wohl berühmteste Pornodarsteller der USA (und darüber hinaus). Bisher galt er als großes Vorbild in Sachen Feminismus, jetzt ist er vor allem in den Schlagzeilen, weil er mehrere seiner Filmpartnerinnen vergewaltigt haben soll.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt von Twitter, der den Artikel ergänzt. Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

Twitter Inhalte zulassenMehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Die Beweislage scheint hier besonders klar: Einige Frauen wurden vor einer ganzen Film-Crew und vor laufender Kamera angegriffen. Eingeschritten ist allerdings niemand. Aber warum?

Verschwommene Grenzen, überall

Alle Frauen, die sich zu Wort gemeldet haben, sind Pornodarstellerinnen. Sie verdienen ihr Geld mit expliziten Sexszenen - BDSM und harter Sex inklusive. Im Mainstream-Porno geht es sehr gern hart zu, Frauen werden objektiviert, leidenschaftlicher Sex geht teils fließend über in Handlungen, die faktisch sexuelle Nötigung sind. Innerhalb solch verschwommener Grenzen ist es umso einfacher, sie zu überschreiten. Nicht, dass Deen hier "versehentlich" gehandelt hat. Die Crew und DarstellerInnen wissen eigentlich genau, was geht und was nicht. Sie füllen vorher Listen aus, was sie nicht wollen, treffen Abmachungen und haben Safe-Wörter, die sie benutzen. Diese Praxis nennt sich Consent (Zustimmung). Consent-Kultur ist das aktive Praktizieren von eindeutiger Zustimmung zu sexuellen Handlungen. Es ist das Gegenteil von Annehmen, dass das Gegenüber schon was sagen wird, wenn ihm/ihr das nicht gefällt. Consent fragt proaktiv, ob es in Ordnung ist, etwas mit dem Körper einer anderen Person zu tun. Bevor es getan wird. Zu dieser Kultur gehören auch der absolute Respekt und das Wissen, dass man nur selbst über seinen eigenen Körper bestimmen kann und niemand anders. Diese Grenze muss immer akzeptiert werden. Das heißt also: Nimmt das Gegenüber seine Zustimmung zurück, muss man das sofort und ohne Widerrede akzeptieren.

Deens Übergriffe fanden in beiden Stufen dieser Zustimmungskultur statt: Zum Teil hatte er gar nicht nachgefragt, bei anderen, wie bei Stoya, ignorierte er wissentlich, dass sie ihre Zustimmung zurücknahm.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt von Twitter, der den Artikel ergänzt. Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

Twitter Inhalte zulassenMehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Für ZuschauerInnen sind die Grenzen sehr schwer bis fast gar nicht erkennbar. Denn wie soll man erkennen, dass eine DarstellerIn nicht mehr einverstanden ist mit dem Geschehen - und dass man sich nicht auf den beim Dreh Beteiligten verlassen kann. Und mit diesem Phänomen ist Porno-Hollywood nicht allein. Der große Hollywood-Bruder mit den Mainstream-Filmen agiert genauso, wenn nicht sogar noch schlimmer. Was hier als Leidenschaft deklariert wird, ist in Wirklichkeit übergriffig und nötigend, ja, zum Teil faktisch strafrechtlich relevant. Dabei könnte man im narrativen Film so einfach Zustimmung mit nur einem Satz einbauen.

Wer jetzt behaupten mag, dass wir ja alle erwachsen und klar bei Verstand sind und schon wissen, was geht und was nicht, dem darf ich widersprechen. Sowohl im Film als auch im Alltag ist es schwierig, ohne klare Kommunikation herauszufinden, was erwünscht ist und was nicht. Aber machen wir es einfach anders ... machen wir ein kurzes Quiz, das ich mal "Leidenschaft oder sexuelle Nötigung?" nenne.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News