Endlose Gefühlswelten mit Chan-wook Park

27.05.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Endlose Gefühlswelten mit Chan-wook Park - Von Lady Vengeance und Stoker
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Endlose Gefühlswelten mit Chan-wook Park - Von Lady Vengeance und Stoker
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Hat euch schon mal ein Film so richtig umgehauen? Das Gesamtwerk eines Regisseurs so geflasht, dass ihr um Worte ringen musstet? Dann ging es euch so wie JohnnyvsSherlock, der diese Woche seiner Verehrung für Chan-wook Park freien Lauf lässt!

Es gibt nur wenige Filme wie die von Chan-wook Park, die einen am Ende wirklich sprach- und fassungslos zurücklassen. Ich könnte von mir gesehene Streifen dieser seltenen Spezies an einer, höchstens zwei Händen abzählen. Wenn mir aber zwei solcher Herzrythmusstörer der angenehmen Art ernsthaft direkt hintereinander und vom selben Regiegott präsentiert werden, dann ist Begeisterung wohl die Untertreibung des Jahrhunderts.

Angefangen hat das alles mit …Trommelwirbel… Oldboy! Tja, ist ein Kultfilm, ist gehyped (und zu allem Übel auch remaked) worden, ist das meistgeschätzte und berühmteste Werk von Park. Das alles ist er meiner Meinung nach auch zurecht (außer Dritterem;)) Es hat mir beim ersten Mal schlicht den Boden unter den Füßen weggezogen. Bei der Zweitsichtung wurden mir, mangels wegzuziehenden Bodens, halt die Socken ausgezogen. Okay, klingt ein kleines Bisschen bescheuert. Sagen wir’s mal so. Ich habe den Film mittlerweile und innerhalb kürzester Zeit dreimal gesehen und er wurde nie schlechter, höchstens noch besser.

Schon am Anfang, wenn der Protagonist während dieser langen Einstellung verschwindet, die Kamera sich über die Straße erhebt, die Tasche mit den Engelsflügeln zurückbleibt und schließlich dieser totale Gänsehautscore einsetzt und den Titel einläutet…Ich weiß auch nicht, besser kann man einen Film wohl kaum beginnen. Spätestens ab diesem Moment war ich völlig gefesselt. Das kann man ruhig wörtlich verstehen, denn bewegt habe ich mich während diesen unglaublichen zwei Stunden praktisch nie. Alles um mich herum wurde nebensächlich. Ich bin von so einer Intensität ergriffen worden, wie noch nie. Hier ist die Grenze zwischen Film und Realität kaum noch vorhanden. (Diesen Effekt wollen zwar auch einige Menschen 3D-Brillen zusprechen, aber ich bin da anderer Meinung.)

In Oldboy ist Gewalt unerträglich, Liebe wunderschön, man kann alles spüren, als würde es gerade passieren. Emotionen werden als pures Konzentrat an die Zuschauer ausgeschenkt. Öde Saftschorlen wie Man of Steel könnten sich davon gerne eine Scheibe abschneiden. Das zum Greifen nahe 3D hat dem Spektakel da leider auch nicht zu mehr Qualität verholfen.

In Chan-wook Parks Magnum Opus wird einfach an keiner Zutat gespart. Gefühlsmäßig ist der Film ja (wie schon tausend Mal erwähnt) sowieso völlig zerschmetternd. Aber die Story ist auch ein Ding für sich. Dieses Rätsel, dieses eine verdammte Rätsel! Warum wird jemand einfach so 15 Jahre eingesperrt und festgehalten??? Genau das hat mich beinahe die ganze Laufzeit lang beschäftigt. Nicht nur beschäftigt, es hat mich, wie den Hauptcharakter auch, völlig wahnsinnig werden lassen. Mein Gott, diese eine Frage ist wirklich so mysteriös, dass sie ein ganzes Werk auf ihren schwachen Textschultern tragen kann? Ja, definitiv! Und die Auflösung hat mich dann auch zerhackstückt. Obwohl ich sagen muss, dass das erst der Gipfel des Eisbergs ist. Denn wir werden wirklich schockiert. Da ist diese eine Enthüllung, dieser eine Moment, der alles verändert. Ich habe an der Stelle wohl nur nicht geweint, weil ich einfach zu schockgefroren für so eine logische Reaktion war. Das Ende hat mich von seiner Wirkung her sehr an Sieben erinnert. Absolut gnadenlos und unerwartet.

Und dann kommen die letzten Minuten. Die letzten Minuten, die man eigentlich nicht mehr sehen will, nicht mehr fähig ist zu sehen. Und doch, es ist so wirkungsvoll erzählt, dass wir uns wieder darauf einlassen. Und tatsächlich finden wir unser Glück, unseren Frieden. Der ist zwar nicht völlig ungetrübt, aber was ist das schon!? Begleitet von wunderschöner Musik und fließenden Tränen versucht man während des Abspanns noch sein Gefühlschaos zu ordnen. Aber das wird einem in der kurzen Zeit kaum gelingen. Ich habe bestimmt noch eine Stunde da gesessen und nachgedacht.

All das, diese unvergleichliche Atmosphäre, die Emotionen, das haben wir zwar der Inszenierung, dem großartigem Soundtrack und einer genialen Geschichte zu verdanken. Aber eben auch den Schauspielern. Nicht auch, besonders den Schauspielern! Der Hauptdarsteller Min-sik Choi weiß seine Mimik alleine schon so unglaublich gut zu kontrollieren und einzusetzen, dass wir uns gar nicht erst auf seine körperlichen Bewegungen konzentrieren können. Besonders in der letzten Einstellung werden seitenweise Emotionen in einen Gesichtsausdruck gepackt. Mindestens genauso überzeugend war aber auch Hye-jeong Kang als Mi-do. So unbeschreiblich berührend und verständlich, so zerbrechlich und kindlich. Das ist Schauspielkunst!

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