Dominik Graf zum 60. Geburtstag

06.09.2012 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
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Der Regisseur Dominik Graf feiert heute seinen 60. Geburtstag. Dem Thrillerliebhaber mit einer Abneigung gegen thematische Überfrachtung möchten wir deshalb herzlich gratulieren.

Dominik Graf, der heute seinen 60. Geburtstag feiert, ist tatsächlich einer jener vielbeschworenen Wanderer zwischen den Welten und das gleich auf mehrfache Weise: Seine Karriere spielt sich sowohl auf der großen Leinwand als auch auf der heimischen Mattscheibe ab und seine Filme erzählen häufig von zwei gegensetzlichen Parteien: Polizisten und Verbrechern. Eine unbeabsichtigte Zweiteilung in seinem Schaffen ist zudem der Gegensatz zwischen Kritikerlob und kommerziellem Misserfolg, der etliche seiner Werke begleitet.

Schon früh in seiner Laufbahn arbeitete Dominik Graf fürs Fernsehen, unternahm jedoch immer wieder Ausflüge ins Kino. Für den Heimkonsum drehte er einige Episoden renommierter Krimi-Serien wie Tatort, Polizeiruf 110 oder Der Fahnder, aber auch eigenständige Filme. Er selbst findet die Bezeichnung Krimi laut einem Interview in der Neuen Osnabrücker Zeitung jedoch schrecklich und spricht lieber von Thrillern, was schon auf seine Orientierung am amerikanischen Kino hindeutet. Gewissermaßen die Krönung seines Fernsehschaffens ist die zehnteilige Serie Im Angesicht des Verbrechens aus dem Jahre 2010, die sich mit den Umtrieben der Russenmafia in Berlin beschäftigt. Hier wie in seinen anderen Thrillern beschäftigt er sich sowohl den Verbrechern als auch den Gesetzeshütern; das eine ohne das andere interessiert ihn, ebenfalls laut NOZ-Interview, nicht.

Im Kino widmete er sich mit Die Katze oder Die Sieger durchaus konkurrenzfähig mit dem Hollywoodkino dem in Deutschland vernachlässigten bis nicht existenten Genre des Action-Thrillers, das mit dem kommerziellen Misserfolg von Die Sieger allerdings auch gleich wieder beerdigt wurde. Abgesehen von seiner Vorliebe für Räuber und Gendarme wagte Graf jedoch auch den einen oder anderen Abstecher ins Historien- oder Komödienfach, so mit dem Fernsehdrama Das Gelübde über die Beziehung von Clemens von Brentano und der Nonne Anna Katharina von Emmerick oder der Kinokomödie Drei gegen drei mit der Neue Deutsche Welle-Band Trio, die sich jedoch aufgrund des finanziellen Misserfolgs des Films auflöste.

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Dominik Graf unternimmt es oft, amerikanisches Genrekino auf deutsche Verhältnisse zu übertragen. So ist Die Katze die Geschichte eines Bankraubs mit Geiselnahme, geplant von einem kriminellen Strippenzieher (Götz George), der den Coup von Handlangern durchführen lässt und selbst zunächst nur eine Beobachterposition einnimmt. Hierbei zeigt Die Katze als einer der ersten deutschen Filme die Technisierung sowohl der Polizei- als auch der Verbrecherarbeit gegen Ende der 80er-Jahre. Beide Parteien belauschen und belauern sich und jeder versucht, dem anderen eins auszuwischen. Die entscheidende Eingebung kann jedoch auch die beste Technik nicht ersetzen. In der Schilderung der Polizeiarbeit setzt Die Katze gewissermaßen sogar das fort, was einst mit M – Eine Stadt sucht einen Mörder von Fritz Lang begann, wenngleich in einem viel kleineren Rahmen (hier die stadtweite Menschenjagd, da die klaustrophobische Geiselnahme); und das, obwohl Graf laut einem Interview in torrent gerade keine Kunstkrimis à la Lang machen möchte, sondern sich dem unbedingten Realismus verschrieben hat. Auch ein weiteres Markenzeichen Dominik Grafs findet sich in Die Katze, nämlich die leicht überkandidelten Sexszenen.

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Dominik Grafs Neigung zu TV-Arbeiten hat, abermals laut NOZ-Interview, den Grund, dass es dort neben ihm als Regisseur nur drei bis vier Leute gebe, die etwas zu sagen hätten, was es ihm erlaube, mehr Risiken einzugehen. So mutet Polizeiruf 110: Cassandras Warnung dem Zuschauer wüste kameratechnische Kapriolen zu, und ein Projekt wie Im Angesicht des Verbrechens, Grafs zehnteiliges Großwerk, besticht durch eine hohe erzählerische Komplexität; doch auch hier gab es Querelen mit den Geldgebern um die inhaltliche Gestaltung, und die Produktionsfirma ging letztendlich pleite. Künstlerisch bot die Serie Graf jedoch eine Entfaltungsmöglichkeit, die er im Kino nie gehabt hätte, wären doch einige Spielfilme nötig gewesen, um die Geschichte in ihrer ganzen Vielschichtigkeit zu erzählen. Einen besonderen Dreh bekommt die Geschichte dadurch, dass Polizist Marek Gorsky (Max Riemelt) der Schwager von Großverbrecher Mischa (Misel Maticevic) ist, die Handlungsstränge beider Seiten also noch enger miteinander verbunden sind und sich gegenseitig noch vielfältiger beeinflussen.

Im Dreierfilm-Projekt Dreileben übernahm Graf neben den Berliner Schule -Regisseuren Christian Petzold und Christoph Hochhäusler die Regie eines Teils (Dreileben – Komm mir nicht nach) und bewies damit, dass sich seine seit den 80er-Jahren gepflegte Genrefilm-Begeisterung durchaus mit derjenigen einer jüngeren Generation von Filmemachern versteht, auch ohne dass diese direkt von ihm beeinflusst wurden. Seine eigene Vorliebe für Genrekost begründet Graf im torrent-Interview damit, dass er als Regisseur dort nicht das ganze “Kunstgewerbe und Themengewese” des deutschen Films mitmachen müsse. Auch sollten Thriller kein zu großes Thema haben, sonst würden sie zusammenbrechen, wie er bemerkt. Dass sich trotzdem die Balance zwischen inhaltlicher Relevanz und spannender Unterhaltung halten lässt, hat Dominik Graf jedoch nicht zuletzt mit Im Angesicht des Verbrechens bewiesen.

Was wünscht ihr Dominik Graf zum Geburtstag?

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