Deutsche Geschichte mit Space Nazis & Nina Hoss

12.02.2012 - 07:20 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Heute traf ich auf der Berlinale Nazis aus dem All
Berlinale/moviepilot
Heute traf ich auf der Berlinale Nazis aus dem All
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Wie unterschiedlich das Medium Film mit der deutschen Geschichte umgehen kann, führte mir mein dritter Berlinale-Tag vor Augen. Außerdem verschwammen Träume und Realität nicht nur auf der Leinwand.

Die Berlinale steigt mir zu Kopf. Vorgestern Nacht habe ich von Jake Gyllenhaal geträumt. Er trat in der Rolle eines italienischen Austauschstudenten auf, den ich mit einer Freundin verkuppelt hatte. Während des gesamten Traumes ärgerte ich mich tierisch darüber, dass er mir somit entgangen war. Als ich gestern Morgen dann noch ziemlich schlaftrunken die Treppen des Berlinale-Palastes hinauf schlurfte, lief ein schlecht rasierter Kerl mit Base-Cap neben mir: Jake Gyllenhaal. Mein erster Impuls war, ihn beim Kragen zu packen und zu informieren, dass er die Sache mit meiner Freundin jetzt durchaus sein lassen könne. Zum Glück fand ich schnell genug in die Realität zurück, um eine Katastrophe zu vermeiden. Außerdem nahm ich mir vor, in der kommenden Nacht ein paar Stunden mehr zu schlafen.

Wenn ich nicht durchsteige, nenn ich’s einfach „meta“
Auf unterschiedliche Weise sorgten gestern zwei Filme für noch mehr Verwirrung als mein morgendliches Aufeinandertreffen mit Jake Gyllenhaal. Zunächst irritierte mich Cäsar muss sterben mit der Darstellung einer William Shakespeare Inszenierung im Gefängnis. Die im Grunde wunderschönen schwarz-weiß Bilder dieses Films von den Regisseuren Paolo Taviani und Vittorio Taviani konnte ich leider nicht richtig genießen, weil mir bis zum Ende nicht klar war, ob es sich hier um einen Dokumentar oder Spielfilm handelte. Wie ich dank der Pressemappe herausfand, wurde hier Julius Cäsar mit realen Sträflingen auf mehreren Ebenen inszeniert: zum einen als Theaterstück, zum anderen im Medium Film. Voll meta!

Enttäuschend gestaltete sich später das Spiel mit Psychose und Geisterpräsenz in The Little Girl – Das Böse hat einen Namen. Der Protagonist Daniel (Juan Diego Botto) ist sich nicht sicher, ob das Mädchen, das er bei sich aufgenommen hat, wirklich ein Geist der Vergangenheit ist. In jedem Fall legt es ein verdrängt geglaubtes Kindheitstrauma frei und schürt mit seinen Andeutungen schließlich gar die Aggressionen seines Ziehvaters. Leider kann die Dramaturgie von Regisseur Antonio Chavarrías weder die Spannung aufrecht erhalten, noch die charakterlichen Veränderungen seiner Figuren glaubwürdig vermitteln. Auch gelingt es der Story nicht, dem Thema „dämonische Kinder“ etwas wirklich Neues hinzuzufügen. Ebenfalls unbefriedigend war die Auflösung des Rätsels: Gar nicht meta!

Geschichtsunterricht einmal anders
Der gestrige Berlinale-Tag hatte aber auch Highlights zu bieten. Barbara von Christian Petzold verleitete mich gar zu Applaus. In diesem Film wird eine Ärztin (Nina Hoss) strafversetzt, weil sie durch einen Ausreiseantrag aus der DDR das Misstrauen der Staatssicherheit auf sich gezogen hat. Im Gegensatz zu The Little Girl – Das Böse hat einen Namen schafft es Barbara, den inneren Konflikt seiner Figuren für den Zuschauer erlebbar zu machen. Die authentische DDR-Ausstattung überzeugte mich ebenso wie die Komplexität der Charaktere. Sogar der böse Stasi-Spitzel darf hier ein Mensch mit Gefühlen sein. Besonders gepackt aber hat mich das Dilemma der Hauptfigur, die sich entscheiden muss, ob sie aus dem Staat, der sie erniedrigt, fliehen oder lieber bleiben und anderen Opfern helfen will.

Auf ganz andere Weise nahm sich dann später Iron Sky einem weiteren Teil der deutschen Geschichte an. Bei genauerem Hinsehen stellte sich jedoch heraus, dass es in diesem Film von Timo Vuorensola weniger um das dritte Reich als vielmehr um Politik der Gegenwart geht. Bitterböse und unverschämt wird in dieser Trash-Satire die Bush-Ära durch den Kakao gezogen. Es braucht sicher eine Vorliebe für politisch unkorrekte Witze, um sich bei Iron Sky so richtig zu amüsieren und ich bin mir noch nicht sicher, ob ich mich vielleicht nicht lieber schämen sollte, so viel gelacht zu haben. Da die Geschichte mindestens so trashig ist wie die Effekte, ergibt der Film ein rundes Ganzes mit Kultpotential.

Sophies Geheimtipp: Don 2 – The King is back
Ich hatte ja schon einmal angedeutet, dass ich Shah Rukh Khan eher skeptisch gegenüber stehe. Dennoch hat mich sein neuer Film Don 2 – The King is back großartig unterhalten. Ich bin noch unsicher, ob es auf diese Weise beabsichtig war, dass sich der indische Bollywood-Star hier permanent selbst aufs Korn nimmt. Als Meister-Ganove Don plant Shah Rukh Khan einen Einbruch in die Deutsche Zentralbank in Berlin. Regisseur Farhan Akhtar klaut kräftig bei Mission: Impossible und Matrix, verbindet seine szenischen Dauerleihgaben aber mit genügend Selbstironie um eventuelle Aggressionen zu besänftigen. So wird Don 2 – The King is back zu einem durchaus gelungen Actionfilm, der – ob nun freiwillig oder nicht – zu unterhalten weiß. Ich persönlich hätte mir ja ein paar mehr Tanzeinlagen gewünscht, aber ich fürchte, mit dieser Meinung stehe ich ziemlich alleine da!

Leider hat mein Tagebuch nicht genug Kapazität, um auf alle meine Sichtungen einzugehen. Ausführlichere Beobachtungen und eine zusätzliche Kritik zu dem Panorama-Streifen Death for Sale findet ihr daher auf meinem Blog. Pressestimmen gibt es wie gewohnt bei film-zeit.de zu lesen.

Freut ihr euch schon auf Iron Sky oder sind euch die Nazis aus dem All zu trashig?

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