Der Traum von einer stolzen Seriennation

28.06.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Der Traum von einer stolzen Seriennation
SVT/ARD/SKY/BBC/DR/moviepilot
Der Traum von einer stolzen Seriennation
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“Germany is coming a bit late to the boom in high-end TV drama, which has swept its European counterparts in Denmark, France and the U.K..”, so der Hollywood Reporter. Die jüngste, 10 Millionen Euro teure Eigenproduktion des ZDF wird die Sache leider auch nicht wirklich beschleunigen…

Selbst das Ausland hat mittlerweile begriffen, dass das einstige Volk der Dichter und Denker es nicht schafft, am internationalen Serienwettbewerb teilzunehmen, geschweige mitzuhalten. Keine neue Erkenntnis. Doch wir machen zumindest Fortschritte. Neben eher abstrusen Versuchen, international erfolgreiche Formate zu kopieren hat das ZDF ein heißes Eisen im Feuer, wie der Spiegel vor einigen Tagen berichtete. Das Team, eine 10 Millionen Euro teure, koproduzierte Thrillerserie mit internationalem Flair, internationaler Besetzung und internationalen Schauplätzen wie Antwerpen, Berlin, Salzburg, Vilnius oder Den Haag, die vor wenigen Tagen abgedreht wurde und im Frühjahr 2015 ausgestrahlt werden soll. Eine der teuersten- und aufwendigsten ZDF-Serienproduktion seit Jahren. Das ganze hat nur einen Haken: Das ZDF war so bedacht, die Serie auf “international” zu trimmen, dass sie vergaßen bei ihrer Eigenproduktion einige der Millionen auch dort zu investieren, wo sie herkommen. Mit anderen Worten: Dem Zweiten scheinen deutsche Film- und Serienmacher gerade gut genug zu sein, wenn es um Krimis, Historienschinken oder Scripted Firlefanz geht. Aber alles darüber hinaus trauen sie der deutschen Branche wohl eben so wenig zu wie wir den Öffentlich-Rechtlichen einen sorgfältigen Umgang mit unserem Geld.

Aufholjagd im Rückwärtsgang
Dabei hätten wir ausnahmsweise allen Grund zufrieden auf die Ver(sch)wendung der Rundfunkgebühren zu sein, scheinen die 10 Millionen Euro schließlich gut angelegt um Deutschland endlich mit den anderen Seriennationen aufschließen zu lassen. Mit guten Ideen, zeitgemäßem Knowhow eine Serie in die Welt hinaus zu schießen, die beweist: Mit den Krauts ist wieder zu rechnen! Die Motivation des ZDF war hingegen eine gänzlich andere, nämlich skandinavischen Erfolgsserien nachzueifern. Nicht bloß in der Machart, sondern sie sicherten sich gleich die Dienste einiger der erfolgreichsten nordischen Serienschöpfer. Es lässt sich aber nicht verdenken, schließlich sind ZDF-Serienproduktionen nicht unbedingt für ihr internationales Renommée bekannt. Der Alte, Der Bergdoktor, Ein starkes Team, die Rosa Roth-Reihe, von den unzähligen Soko-Serien ganz zu schweigen. Die Dänen dagegen haben in den letzten Jahren mit Serien wie Kommissarin Lund – Das Verbrechen, Borgen – Gefährliche Seilschaften oder Die Brücke – Transit in den Tod einen beeindruckenden Output hingelegt. Das hat das ZDF wohl überzeugt und die komplette Kerncrew entsprechend besetzt. Die Drehbücher stammen von dem Emmy-geadelten Ehepaar Mai Brostrøm und Peter Thorsboe (Protectors – Auf Leben und Tod, Der Adler – Die Spur des Verbrechens, die Regie übernahm Kathrine Windfeld (Kommissarin Lund – Das Verbrechen). Auch Kamera, Schnitt, Art Direction und Szenenbild wurden dänisch besetzt, während Maske, Musik, Ton, Licht und Kostüm belgisch und schwedisch sprechen. Entsprechend vergrätzt und polternd zeigen sich die deutschen Berufsverbände, die ohnehin mit seit Jahren sinkenden Budgets und Honoraren zu kämpfen haben, einige sprechen gar von “Skandal” und “Schweinerei” – räumen aber gleichzeitig kleinlaut ein, dass die Dänen eben doch in puncto Serienfernsehen den Deutschen voraus sind. Nur wird sich daran nichts ändern, solange andere die Arbeit erledigen.

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