Noch bevor die düsteren Anti-Avengers und die Fantastic Four in diesem Jahr das MCU erobern, können Marvel-Fans seit dieser Woche mit Captain America im Kino mitfiebern. Captain America: Brave New World ist Sam Wilsons (Anthony Mackie) Leinwanddebüt als neuer Träger des Vibraniumschilds und konfrontiert ihn direkt mit brutalen Auftragskillern, politischen Verschwörungen und einem roten Hulk.
Die ersten Reaktionen fielen überraschend durchwachsen aus und tatsächlich ist Captain America 4 nicht das große Highlight, das das MCU gerade braucht. Ihr überlegt noch, ob sich ein Kinobesuch lohnt? Dann findet ihr hier eine spoilerfreie Einschätzung, warum Brave New World nicht die befürchtete Vollkatastrophe ist.
Captain America 4: Der Marvel-Film funktioniert auch ohne Vorwissen
Obwohl wir uns mitten in der Multiverse-Saga des MCU befinden, spielen alternative Realitäten für Captain America: Brave New World keine Rolle. Der Film erzählt eine geerdete Polit-Thriller-Geschichte ohne Aliens und Zauberer, die auch gut für sich allein stehen kann. Drei MCU-Projekte sind für die Story allerdings wichtig: The Falcon and the Winter Soldier, Eternals und Der unglaubliche Hulk.
Schaut hier den Trailer zu Captain America 4:
Obwohl Brave New World im Grunde eine direkte thematische Fortsetzung zum ersten Hulk-Abenteuer aus dem Jahr 2008 (!) und Sam Wilsons Disney+ Debüt als neuer Captain America ist, könnt ihr den Film auch ohne Vorwissen schauen. Das Wichtigste über vergangene Ereignisse sowie zurückkehrende Figuren bekommt ihr im Film mit reichlich Exposition erklärt.
Action, Spannung und ein roter Hulk: Lohnt sich Captain America 4?
Fangen wir mit dem Positiven an: Der neue Captain America schlägt sich überraschend gut – ohne durch Superheldenserum verstärkte Kräfte, aber dafür mit Willensstärke und Optimismus. Besonders spannend ist dabei, dass Sam ständig mit seiner Heldenrolle hadert und fürchtet, nicht den hohen Erwartungen an einen Helden namens Captain America gerecht werden zu können. Das Erbe von Steve Rogers lastet schwer auf seinen Schultern, während er herausfinden muss, wofür er eigentlich steht.
Auch wenn der Titelheld ein anderer ist, finden Fans der bisherigen Captain America-Filme viele vertraute Elemente. Wie schon The Winter Soldier und Civil War setzt Brave New World den Fokus auf raue Nahkampf-Action und politische Themen mit weitreichenden Konsequenzen. Mit hohem Tempo rauscht der Film durch seine Verschwörungs-Geschichte, sodass die fast zwei Stunden Laufzeit wie im Flug vergeht.
Vor allem die von Paranoia getriebene Spionage-Thriller-Atmosphäre weiß zu gefallen. Nach einem Anschlag auf den neuen US-Präsidenten Thaddeus Ross (Harrison Ford) scheint ein unbekannter Bösewicht Menschen per Gedankenkontrolle in jedem beliebigen Moment plötzlich in Tötungsmaschinen verwandeln zu können, wodurch der Film reichlich Spannung erzeugt.
Dass sich der Präsident schlussendlich in einen roten Hulk verwandelt und im Wutmodus halb Washington, D.C. in Schutt und Asche legt, haben die Poster und Trailer zum Film natürlich schon verraten. Diese Szenen versprechen reichlich zerstörerischen Action-Spaß, doch das wahre Highlight ist seine menschliche Form: Harrison Ford verleiht dem MCU-Charakter des verstorbenen Schauspielers William Hurt überraschend emotionale Facetten und begeistert mit seiner Spielfreude als unerwarteter Star des Films.
Captain America: Brave New World ist erschreckend durchschnittlich
Captain America 4 ist gewiss kein Reinfall. Der Film ist weder besonders gut, noch besonders schlecht. Marvel-Fans wird jedoch enttäuschen, dass Brave New World letzten Endes die emotionale Wucht und den Bombast früherer MCU-Filme vermissen lässt. Die Story ist teilweise unnötig kompliziert, trotzdem vorhersehbar und als Remix bekannter Elemente recht schablonenhaft, wenn mal wieder ein Strippenzieher im Hintergrund politisches Chaos orchestriert.
Ebenso ernüchternd ist auch die Inszenierung. Bis auf zwei aufregende Action-Sequenzen in luftigen Höhen über einem toten Celestial und im zerstörten Washington wirkt der Film oft mehr wie eine Disney+ Serie als ein neuer Leinwand-Blockbuster. Auch wenn das CGI größtenteils überzeugt, ist ausgerechnet das Finale von teils mangelhaften Greenscreen-Effekten geplagt.
Captain America 4 verschenkt zu viel Potenzial: Die stark gespielten Charaktere Sam Wilson, Thaddeus Ross und der "vergessene Captain America" Isaiah Bradley (Carl Lumbly) bilden ein starkes Fundament, das von belanglosen Nebenfiguren, wie Giancarlo Espositos 0815-Auftragskiller Sidewinder, und einem schwachen wie sprunghaften Drehbuch direkt wieder zersetzt wird. Und 5 Minuten Red-Hulk-Raserei vor hübschem Kirschblüten-Hintergrund sind einfach zu wenig, um die zuvor aufgebauten Erwartungen zufriedenzustellen.
Die Rückbesinnung auf ein ernsteres und geerdetes Marvel-Abenteuer sowie der Verzicht auf Cameo-Paraden sind erstmal zu begrüßen. Wer hingegen wichtige Vorarbeit für den schon 2026 startenden Avengers 5: Doomsday erwartet, wird enttäuscht sein, dass Captain America 4 dem größeren MCU-Narrativ wenig Neues hinzufügt.
Nachdem das Marvel-Universum zuletzt mit Deadpool & Wolverine und Agatha All Along zwei fantastische Beiträge hervorgebracht hatte, ist die Durchschnittlichkeit von Brave New World ein bedauerlicher Rückschritt. Aber wer Captain America schon immer mal auf einer Rakete surfen sehen wollte, wird trotzdem Spaß haben.
Captain America: Brave New World läuft seit dem 13. Februar 2025 in den deutschen Kinos. Es ist der erste von insgesamt drei MCU-Filmen, die dieses Jahr zu sehen sind.