Den Oscar zurückgeben?! Brendan Fraser verdient den Spott für Killers of the Flower Moon nicht, denn er zeigt das Böse in Person

27.10.2023 - 14:05 UhrVor 6 Monaten aktualisiert
Brendan Fraser in Killers of the Flower Moon
Paramount/Apple TV+
Brendan Fraser in Killers of the Flower Moon
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Brendan Frasers Auftritt in Killers of the Flower Moon stößt auf wenig Gegenliebe. Dabei trifft seine überzeichnete Darbietung direkt in den wunden Punkt der Geschichte.

In Killers of the Flower Moon erzählt Martin Scorsese von den Osage-Morden, die sich Anfang der 1920er Jahre in Oklahoma ereignet haben. Mehrere Mitglieder der Osage-Nation wurden von weißen Männern brutal ermordet, um an deren Land, Öl und Geld zu kommen. 206 Minuten nimmt sich Scorsese, um dieses schockierende Stück amerikanische Geschichte in allen Details und Abgründen aufzuschlüsseln.

Im Mittelpunkt der Handlung befindet sich Ernest Burkhart (Leonardo DiCaprio), der als Soldat aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrt und von seinem Onkel William Hale (Robert De Niro) mehr oder weniger direkt dazu angeleitet wird, die Osage-Frau Mollie (Lily Gladstone) zu heiraten, um an ihr Vermögen zu gelangen. Am Ende kommen Hales finstere Machenschaften jedoch ans Licht und er landet vor Gericht.

Auftritt: Brendan Fraser.

Nach seinem Oscar-Gewinn: Das Internet macht sich über Brendan Frasers in Killers of the Flower Moon lustig

In Killers of the Flower Moon verkörpert Fraser den Anwalt W.S. Hamilton, der Hale mit brennenden Worten und einem extremen Südstaaten-Akzent verteidigt. Seine Stimme schallt so mächtig durch den Raum, dass sie den Gerichtsaal in seinen Grundfesten erschüttert. Für einige Kinobesucher:innen war das zu viel. Die überzeichnete Darbietung passt überhaupt nicht zum Rest des Films, so der Vorwurf.

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Fraser erntet in den sozialen Netzwerken viel Spott für seinen Auftritt. Mitunter wird sogar gefordert, dass er seinen Oscar zurückgeben soll, den er gerade erst für seine Comeback-Performance in The Whale erhalten hat. Ich finde, das ist Quatsch, denn wenn wir einen Schritt zurücktreten, passt sein W.S. Hamilton sogar sehr gut in das Bild von Amerika, das Scorsese in Killers of the Flower Moon zeichnet.

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Scorsese erzählt nicht nur von einer grausamen Mordserie. Er beschäftigt sich vor allem mit den gesellschaftlichen, politischen und sozialen Strukturen, die diese ermöglicht haben. Präzise werden die Killer entlarvt – genauso wie jene, die diese ermächtigt und geschützt haben. Für Scorsese besteht kein Zweifel, wer in Killers of the Flower Moon die Opfer und wer die Täter sind. Messerscharf nimmt er die Figuren auseinander.

Brendan Fraser bringt Scorseses böse weiße Männer in Killers of the Flower Moon perfekt auf den Punkt

So viel Respekt Scorsese für die Osage und ihre Geschichte aufbringt, so schonungslos zieht er mit den weißen Männern ins Gericht, die sich einfach das nehmen, von dem sie denken, dass es ihnen zusteht. Wenn Frasers Hamilton mit einer wuchtig von der Kamera eingefangenen Bewegung im Gerichtssaal aufsteht und "I demand" (zu Deutsch: "Ich verlange") poltert, verwandelt er sich in die vulgärste Ausformulierung weißer Vorherrschaft.

Brendan Fraser in Killers of the Flower Moon

In Hamilton kulminieren der Pathos, die Dreistigkeit und ja, auch das Kaltblütige des Systems hinter den Morden, das zuvor eher beiläufig in den Film eingeflochten wurde. Jetzt kann man es nicht mehr ignorieren. Fraser schwadroniert so laut, als könne er Amerika mit seinen Worten formen. Doch diese Worte gehen auf keine Wahrheit zurück. Sie sind Behauptungen, die weder auf Vernunft noch auf Argumenten basieren. Sie sind nur eines: grotesk.

Besonders faszinierend ist die Selbstverständlichkeit, mit der Hamilton den Raum betritt. Er geht gar nicht davon aus, dass jemand sein hohles Gerede hinterfragen könnte. Immerhin stammt es aus seinem Mund. Er, Hale und die anderen Männer sind das wahre Amerika. Als ihm Ernest nicht gehorchen will, entgegnet er nur mit einem "Dumb boy" (zu Deutsch: "Dummer Junge") – also einer Beleidigung, einer Einschüchterung. Und eben nicht mit dem Versuch einer Überzeugung – und das als Anwalt.

Hamilton glaubt, Macht auszuüben. Scorseses Inszenierung lässt sein tobendes Reden aber mehr wie eine Verzweiflungstat, geradezu wie einen Hilfeschrei wirken. Hamilton wähnt sich in der Sicherheit von Gesetzen, die ihn seit Jahrzehnten bevorteilen, während andere systematisch ausgebeutet werden. Plötzlich gerät alles ins Wanken und er rudert vergeblich mit den Armen. Genau dieses Rudern bringt Fraser auf den Punkt.

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