DC-Star Jared Leto ist spätestens seit der Joker-Rolle außer Kontrolle und House of Gucci beweist es

04.12.2021 - 11:00 UhrVor 2 Jahren aktualisiert
Links: Jared Leto in Suicide Squad. Rechts: Lady Gaga in House of GucciWarner Bros. Pictures Germany (Suicide Squad)/Universal Pictures International Germany GmbH (House of Gucci)
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Spätestens seit Joker gilt: Jared Letos Schauspiel kennt keine Grenzen mehr. Das macht seinen Auftritt in House of Gucci zum Klamauk und gipfelt in einer peinlichen Szene.

Um das gleich vorweg zu nehmen: Jared Leto ist ein Ausnahmeschauspieler mit großem Talent. Sein Oscar für Dallas Buyers Club ist völlig verdient und seine Leistung in Requiem for a Dream so schmerzhaft intensiv, dass ich mir den Film nur alle paar Jahre anschauen kann. Aber er neigt zum Exzess, am meisten wohl in seiner DC-Rolle als Joker in Suicide Squad. Völlig entgrenztes Schauspiel passt vielleicht auf seinen möglichen Horror-Einsatz im Spider-Man-Universum, rollt mir im diese Woche angelaufenen Kinofilm House of Gucci aber die Fußnägel auf. Besonders in einer Szene.

DC-Star macht House of Gucci-Auftritt zum Klamauk

Im Drama um die brutalen Machtkämpfe innerhalb des Gucci-Modeimperiums spielt Jared Leto den exzentrischen Paolo Gucci: Wegen seines fehlenden Talents und seiner weinerlichen Art ist er für den geschäftstüchtigen Vater Aldo (Al Pacino) eine Enttäuschung, für dessen Bruder Rodolfo (Jeremy Irons), seinen Sohn Maurizio (Adam Driver) und Schwiegertochter Patrizia (Lady Gaga) vor allem eine Peinlichkeit.

Jared Leto in House of Gucci

Letos Rolle ist also die eines Außenseiters, für deren Verkörperung Exzentrik kein unpassendes Mittel darstellt: Die schrillen Farbtöne und Stilmixturen seiner Kleidung oder die nach traditionellen Perspektiven feminine Art der Figur sind begründbare Entscheidungen. Mich stört vielmehr, dass diese Form der Selbstdarstellung keine Grenzen kennt und damit den Rahmen von Ridley Scotts Films sprengt.

Wenn Leto minutenlang mit haarsträubender Fistelstimme über den antrainierten italienischen Akzent stolpert oder ohne erkennbaren Grund mitten im Satz zu singen und zu tanzen beginnt, scheint er in einem anderen Film zu spielen als seine Co-Stars. Es ist, als schalte man von einem bisweilen satirischen Drama um auf die Leto-Show.

Das hat mich vor allem in einer Szene völlig aus dem Film geworfen: Als Aldo seinen Sohn wegen seiner vorlauten Art und seinen uninspirierten Entwürfen maßregelt, wirkt es fast so, als würde stattdessen Al Pacino seinen Kollegen Jared Leto zur Schule schicken.

Al Pacino als Aldo Gucci

Denn während der eine mit ruhigen Gesten und makellosem Timing auf den Zuschauer Kontrolle und Charisma ausstrahlt, scheint der andere das Publikum vergessen zu haben: Ziellos wirkt sein Ausdruck und unfreiwillig kleinlaut seine Sätze, als gingen ihm im Angesicht des Lehrers Mut und Worte verloren.

Pacino trägt dick auf, aber es passt zum humorvollen Ton des Films. Letos Auftritt wirkt dagegen weder witzig noch ergreifend oder interessant, sondern einfach unpassend wie ein Pickel. Und ich glaube, Rollen wie der Joker sind daran schuld.

Jared Letos DC-Rolle ist für House of Gucci-Debakel mitverantwortlich

Patrizia (Lady Gaga) und Paolo (Leto) in House of Gucci

Denn bei seinem Auftritt in Suicide Squad konnte Jared Leto meiner Ansicht nach zum ersten Mal richtig freidrehen: Die psychopathischen Züge der Figur eröffnen dem Darsteller große Freiheiten in Sachen Mimik, Gestik oder Tonfall. Äußerliche Merkmale wie grüne Haare oder falsche Zähne mussten natürlich zur Vision von Regisseur David Ayer passen, aber auch hier lässt das Konzept der Rolle gigantischen Spielraum zu.

Wenn jede Szene in Suicide Squad zur Jared-Leto-Show wird, ist das nicht tragisch. Die Figur ist ein Selbstdarsteller, die spätestens seit Heath Ledger einen Präzedenzfall für stark individuelle Verkörperungen besitzt. Eine Comic-Umsetzung dieser Art ist außerdem viel weniger an eine Form von Realismus gebunden als ein Drama wie House of Gucci.

Leto spielte zwar schon zuvor viele Rollen stark individueller Prägung (etwa in Chapter 27), aber nie eine mit so minimalen Begrenzungen wie seinen DC-Bösewicht. Ich habe den Verdacht, dass er sich in dieses Konzept verliebt hat. Nur passt es überhaupt nicht zu House of Gucci.

House Of Gucci - Trailer (Deutsch) HD
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Denn einem Ensemble-Film wie House of Gucci will ich die Beziehungen der Figuren trotz unterschiedlichen Stilen der Darsteller abkaufen können. Adam Driver nehme ich den Sohn Jeremy Irons' ab, und diesem den grummeligen Bruder des offenherzigen Al Pacino.

Aber Jared Leto spielt so entgrenzt, dass er nicht Außenseiter der Familie, sondern eher Außenseiter des Films ist. Ich sehe quasi den Joker, nur mit Halbglatze und debattierbar italienischem Akzent. Sein Schauspiel übertaktet die gewollte Satire zur Farce.

Jeder seiner Auftritte schmeißt mich aus dem Film, das ist das Problem. Und das sage ich, obwohl ich Jared Leto ansonsten sehr gerne mag. Womöglich nagt er noch immer an seiner undankbaren DC-Rolle. Der Joker verfolgt nicht nur Batman, wie es scheint.

House Of Gucci im Leinwandliebe-Podcast: Ein wilder Kino-Spaß mit Lady Gaga

Unsere Kollegen von FILMSTARTS diskutieren in der neuen Folge ihres Podcasts Leinwandliebe über Ridley Scotts Kino-Soap-Opera „House Of Gucci“. Dabei diskutieren Sebastian, Christoph und Björn nicht nur darüber, warum es besonders viel Spaß bereitet, dass alle Stars in ihrem ganz eigenen Film spielen.

Leinwandliebe  ist der wöchentliche Kino- und Film-Podcast unserer Kollegen und Kolleginnen von FILMSTARTS.

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