Cannes 2018 - Meine am meisten erwarteten Filme des Festivals

08.05.2018 - 09:35 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
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Das Festival Cannes stand im Vorfeld selten so stark im Spannungsfeld diverser Kontroversen wie 2018. Vor der Eröffnung stelle ich meine am meisten erwarteten Filme im Programm und den Nebenreihen vor.

Netflix zog seine Filme zurück, andere heiß gehandelte Werke wurden gar nicht erst eingereicht, um sich besser in der Oscar-Saison zu positionieren. Das Programm des Festival Cannes 2018 fällt zunächst einmal eher durch das auf, was fehlt, als durch die Filme auf den Startblöcken im Rennen um die Goldene Palme. Dabei ist es den Namen nach einer der spannendsten Jahrgänge der jüngeren Vergangenheit, gerade weil sich die Veteranen mit den Unbekannten, den Zweitlingen und Wettbewerbs-Debütanten abwechseln. Cannes ist berühmt für seine Loyalität zu den großen Autorenfilmern, eben diese Loyalität läuft allerdings immer Gefahr, der kreativen Gicht Einfall zu bieten. Bevor das Festival heute mit Everybody Knows von Asghar Farhadi (Nader und Simin) eröffnet wird, möchte ich meine persönliche Wunschliste für die kommenden Tage an der Croisette auflisten. Dabei zählt das offizielle Programm ebenso wie die unabhängigen Nebenreihen.

BlacKkKlansman von Spike Lee

Auf dem Papier klingt BlacKkKlansman, der neue Film von Spike Lee, zunächst wie Dave Chappelles Sketch über das blinde, schwarze Ku Klux Klan-Mitglied Clayton Bixby. Die Wahrheit ist viel absurder als jeder Sketch. John David Washington spielt den Cop Ron Stallworth, der 1979 eine Niederlassung des rassistischen Klans in Colorado infiltrierte und an ihre Spitze aufstieg - obwohl er schwarz war. Zum ersten Mal seit Jungle Fever von 1991 ist Spike Lee im Wettbewerb von Cannes vertreten und im Gepäck hat er einen Film, der von Jordan Peele und Jason Blum produziert wird, und im Cast neben Washington Adam Driver, Topher Grave (als KKK-Grand Wizard David Duke!) und Spider-Man: Homecoming-Star Laura Harrier mitbringt, die auch im Cannes-Beitrag Fahrenheit 451 mitspielt.

BlacKkKlansman mit Adam Driver und John David Washington

Long Days Journey into Night von Bi Gan

Entdeckt wurde der Dichter und Regisseur Bi Gan beim Festival in Locarno, wo sein Debüt Kaili Blues für Aufsehen sorgte. Nun vollzieht der Chinese den Sprung nach Cannes. In der Reihe Un Certain Regard feiert sein Zweitling Long Day's Journey Into Night Premiere, in dem ein Mann nach 12 Jahren in seine Heimat Kaili zurückkehrt, um zwischen Erinnerungen und Realität nach einer Frau aus seiner Vergangenheit zu suchen. Kaili Blues zählt nicht nur wegen seiner 45-minütigen Plansequenz gegen Ende zu einem der aufregendsten Debüts der letzten Jahre. Ich bin gespannt, wie sich die Selbstsicherheit, mit der Bi Gan in seinem ersten Film Zeitebenen und Vorstellungswelten verwob, auf einer größeren Leinwand äußert. Diesmal arbeitet er immerhin mit chinesischsprachigen Stars wie Sylvia Chang und Tang Wei.

Long Days Journey into Night von Bi Gan

Under The Silver Lake von David Robert Mitchell

Nach dem Horrorfilm It Follows begibt sich David Robert Mitchell in die Gefilde des L.A. Noir, wobei Under the Silver Lake primär an Inherent Vice und Kiss Kiss Bang Bang erinnert und Chinatown dann doch weiter entfernt liegt. Andrew Garfield spielt einen Slacker, dessen Leben durch die Begegnung mit seiner Nachbarin Sarah (Riley Keough) ungeahnten Drall erhält. Sie verschwindet, er begibt sich auf eine Suche, die ihn ins Herz wilder Verschwörungen führen wird und Topher Grace erhält seinen zweiten Film im Programm von Cannes 2018. Steht uns die große Tophernaissance bevor? Ausgerechnet im Jahr des Venom-Films? Das riecht nach einer noch viel größeren Verschwörung ...

Riley Keough in Under the Silver Lake

Burning von Lee Chang-dong

Seit zwei Jahrzehnten ist der Südkoreaner Lee Chang-dong mit seinen Filmen in Cannes präsent, mit seinem letzten, Poetry, gewann er 2010 den Preis für das beste Drehbuch. Nun kehrt er mit der Adaption einer Kurzgeschichte von Haruki Murakami zurück. In Burning macht eine Frau (Jeon Jong-seo) Bekanntschaft mit zwei sehr unterschiedlichen Männern. Yoo Ah-in (Veteran) spielt einen jungen Autor, wohingegen Steven Yeun einen mysteriösen reichen Mann spielt. Der Mysterythriller ist nach Okja und Mayhem das nächste große Projekt, mit dem der The Walking Dead-Star Yeun sich nach seinem Ausstieg profiliert. Vom Regisseur von Secret Sunshine können wir indes Großes erwarten und angesichts seiner bisherigen Erfolge in Cannes sind Auszeichnungen für Burning gar nicht mal unwahrscheinlich.

Yooo Ah-in und Steven Yeun in Burning

Mandy von Panos Cosmatos

Für seinen Nachfolger von Beyond The Black Rainbow konnte Panos Cosmatos keinen Geringeren als Nicolas Cage gewinnen. Glauben wir den ersten Kritiken aus Sundance, dann bietet Mandy eine perfekte Spielwiese für den Cage'schen Wahnsinn. Diesmal verschlingt er die Rolle Red Miller, der in den Bergen der Mojave Wüste anno 1983 der jungen Mandy Bloom (Andrea Riseborough) verfallen ist. Die Idylle wird allerdings von einem wahnsinnigen religiösen Kult gestört, was Red auf den Pfad der vermutlich noch wahnsinnigeren Rache bringt. Mandy läuft in der unabhängigen Nebenreihe Directors' Fortnight.

Mandy

Asako I & II von Ryûsuke Hamaguchi

Einer der überraschenderen Namen im Wettbewerb von Cannes 2018 ist Ryûsuke Hamaguchi. Sein Vorgänger Happy Hour, ein auf Basis improvisatorischer Schauspielübungen entstandenes Beziehungsdrama, gehörte zu den Entdeckungen in Locarno 2015. Richard Brody vom New Yorker  beschrieb den Regisseur damals als "Genie im Aufbau von Szenen", der das kraftvolle Drama durch eine "anscheinend spontane, jedoch analytisch präzise visuelle Architektur" erschaffe. Sein neuer Film Asako I & II kommt nicht ganz auf die fünfstündige Laufzeit des Vorgängers, erzählt dafür aber von der jungen Asako, die sich in Baku verliebt. Er verschwindet wenig später. Zwei Jahre später trifft sie einen jungen Mann, der ihrem Geliebten ähnlich sieht.

Asako I & II

The Image Book von Jean-Luc Godard

Zwei der drei veröffentlichten Standbilder für The Image Book auf der Homepage von Wild Bunch zeigen nichts weiter als Jean-Luc Godard mit einer Zigarre im Mund. Zugegeben, das eine zeigt auch noch eine pralle Sonnenblume im Hintergrund. Damit ist der Kenntnisstand über seinen neuen Film noch nicht zusammengefasst, aber im Prinzip müssen wir nicht mehr wissen. Seit 2015 soll er daran arbeiten, mutmaßlich hat er in der arabischsprachigen Welt gedreht, ohne Schauspieler. Einen Erzähler gäbe es aber. Anders als Adieu au langage von 2014 ist der Neue wohl leider nicht in 3D zu sehen. Dafür wären die dicken Zigarren doch wie gemacht.

The Image Book



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