7 Gründe, mit Javier Bardem zu leiden

18.03.2011 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Maricel Alvarez und Javier Bardem in einem faszinierenden Film
Prokino
Maricel Alvarez und Javier Bardem in einem faszinierenden Film
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Vergangene Woche startete endlich Alejandro González Iñárritus episches Drama Biutiful im Kino. Das emotionale Schwergewicht besticht durch viele Aspekte. Wir nennen euch 7 Gründe, Javier Bardem in ein düsteres Barcelona zu begleiten.

Barcelona ist eine der touristenbevölkertsten Städte der Welt. Die Metropole an der Costa Brava ist einzigartig, schön und spannend. Alejandro González Iñárritu macht sie zum Schauplatz einer unbekannten Untergrundszene, eines tragischen Familiendramas, einer Stadt der illegalen Einwanderer. Er macht Biutiful zu einem Film voller Schmerz und Schönheit, voller Trostlosigkeit und Poesie. Hier findet ihr sieben Gründe, eure Aufmerksamkeit 150 Minuten lang Biutiful zu widmen.

1. Grund: Javier Bardem ist grandios
Der aus einer Schauspielerdynastie stammende Gran Canarier braucht den Vergleich mit keinem Darsteller weltweit zu fürchten. Schon mehrmals begeisterte er in Filmen, gewann für die beängstigende Darbietung in No Country for Old Men gar den Oscar. Den widersprüchlichen und unvergleichlich menschlichen Uxbal spielt Javier Bardem mit größter Intensität. Zu jeder Zeit ist er authentisch und überträgt sein Leiden an den Zuschauer. Vor dieser makellosen Leistung verbeugten sich Kritiker und die Academy gleichermaßen, die den Spanier für den “Oscar” nominierte. Den nahm bekanntlich am Ende Colin Firth mit nach Hause, doch – wenn diese absolut unterschiedlichen Rollen überhaupt verglichen werden können – kommt an die Leistung des Hauptdarstellers von Biutiful auch der wunderbare, stotternde König nicht ganz heran.

2. Grund: Der gesamte Cast
Obwohl Javier Bardem alleine den Film tragen könnte, steht ein Top-Cast hinter ihm. Seine an einer bipolaren Störung leidende, von Uxbal getrennte Ehefrau Maramba wird von Maricel Álvarez genau so authentisch und absolut überzeugend dargestellt und macht einen verstörenden Eindruck, bei dem man nie weiß, ob man sie verachten oder bemitleiden soll. Für den Niedlichkeitsfaktor in Biutiful sorgt Guillermo Estrella, der Uxbals kleinen Sohn Mateo mimt und einem tatsächlich das Herz erweicht. Er kann am Wenigsten für die Probleme in seinem Umfeld, leidet aber zutiefst an der familiären Situation.

3. Grund: Barcelonas dreckige Seite
Barcelona ist ein Mekka für Touristen und Fußballfans. Wer sich nie mit dieser Stadt beschäftigt und nur Biutiful gesehen hat, dürfte wenig Sympathie für sie empfinden, denn Biutiful entführt uns an Orte, die keiner in der Realität sehen möchte – und dennoch oder gerade deswegen fasziniert das manchmal gar surreal wirkende Szenario. Zwischen all dieser Trostlosigkeit und Unbarmherzigkeit hält den kriminellen Uxbal die Liebe zu seinen Kindern jeden Tag wieder auf den Beinen – dramatisch und doch so schön.

4. Grund: Ein wunderschöner Albtraum
Nicht nur aufgrund des beeindruckenden Szenarios und des verwendeten Blaufilters ist Biutiful ein visuelles Schmuckstück. Kameramann Rodrigo Prieto, der auch bei allen anderen Filmen des mexikanischen Regisseurs zum Auge des Zuschauers wurde, leistet mit seiner Kameraführung und der Bildkomposition ganze Arbeit. Das Unterschichten-Barcelona wird mit beeindruckenden Licht- und Schatteneffekten eingefangen.

5. Grund: Intensität für die Ohren
Ein Film kann noch so gut sein: Wenn der Ton die Erzählung nicht unterstützt, schwächt das jedes Kinoerlebnis. Auch Komponist und Musikproduzent Gustavo Santaolalla folgte Alejandro González Iñárritu in sein aktuelles Werk. Nachdem er es schon schaffte, Amores Perros, 21 Gramm und Babel musikalisch zu bereichern, gelingt ihm das bei Biutiful mit gezielter, nicht immer angenehmer, aber stets atmosphärischer Musik. Ideenreich intensiviert die Musik die ohnehin umhauende, krasse Handlung. Dabei scheuen sich die Macher nicht vor abstrakten, schrägen Klängen. Selbst wenn zu Anfang das Mikrofon beim Flüstern der Protagonisten nahezu übersteuert, scheint das genau richtig zu sein.

6. Grund: Gänsehaut-Regie
Alejandro González Iñárritu schafft mit seiner Inszenierung einen Film voller Gegensätze, der bei aller Tragik und Härte unglaublich feinfühlig und liebevoll wirkt. Zum ersten Mal weicht der Regisseur von seiner vertrackten Erzählungsform ab. Das ungewohnt gradlinig erzählte Biutiful bietet nicht nur inhaltlich unfassbar viel, sondern regt auch eine breite Palette an Emotionen beim Zuschauer an. Dieser konventionellste und dennoch so andere, experimentelle Film des Regisseurs nimmt euch mit auf eine Reise aus Mitleiden, Mitzittern, Mitfühlen und an wenigen Stellen sogar Mitlachen.

7. Grund: Düster, atmosphärisch, poetisch
Dank leidenschaftlichen, zartfühligen Filmemachens besitzt Biutiful eine ganz eigene Stimmung und enorm dichte Atmosphäre. Die etlichen, einzelnen Komponenten wurden zu einem erinnerungswürdigen und faszinierenden Gesamtkunstwerk zusammengefügt. Harter Stoff wird durch Charaktere, die man ins Herz schließen muss und einer poetischen Vision des komplexen Themas um Kriminalität, Elternliebe und Menschlichkeit zu einer ungewöhnlichen, zart bitteren Todesoper.

Biutiful ist düstere Poesie mit einem lyrischen, schwermütigen Grundton. Die albtraumhafte Odyssee, auf der wir Javier Bardem begleiten, berührt, fasziniert und lässt auch nach dem Gang aus dem Kino nicht so schnell los. Alejandro González Iñárritu ist ein Meisterwerk gelungen.

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