Ultra-Gewalt im Sommerlager: Brad Pitt & Margot Robbie im Interview

17.08.2019 - 08:50 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
Das Interview: Margot Robbie und Brad Pitt in Once Upon a Time ... in HollywoodSony
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Moviepilot hat zum Start des neuen Tarantino-Films Once Upon a Time ... in Hollywood die zwei Stars Brad Pitt und Margot Robbie getroffen und ausgefragt.

Noch vor dem Kinostart von Once Upon a Time ... in Hollywood hatten wir die Gelegenheit Brad Pitt und Margot Robbie für ein persönliches Interview zu treffen. Die beiden spielen in dem neusten Quentin Tarantino-Streich den Stuntman Cliff Booth und die Schauspielerin Sharon Tate und plauderten dazu so einiges aus.

Wer Once Upon a Time ... in Hollywood noch nicht gesehen hat, sei an dieser Stelle aber ausdrücklich gewarnt: Es folgen massive Spoiler zur Filmhandlung. Denn nur so ließ sich im Interview wirklich tief in die Materie und Geschichte von Tarantinos Film eintauchen.

Once Upon a Time ... in Hollywood: Das Moviepilot-Interview mit Brad Pitt und Margot Robbie

Margot Robbie & Brad Pitt in Once Upon a Time ... in Hollywood

Moviepilot: Ich hoffe ihr hattet was zu Essen? [Anm.: Die Frage entsteht, weil Margot Robbie beim Hereinkommen ins Interview-Zimmer den großen, wohl für Dinner-Partys ausgelegten Esstisch im Hotelraum kommentiert.]

Brad Pitt: Oh ja.

Margot Robbie: Nein.

Nein?!

Margot Robbie: Tut mir leid, was rede ich denn? Natürlich hatte ich was zu essen! Ich hatte Hühnchen und Kartoffeln mitten in einem anderen Interview. Als wir darüber geredet haben, welchem Charakter aus dem Film wir uns am meisten verbunden fühlen, da habe ich gesagt: Ich bin Brandy. [Anm.d.Red: der Hund aus OUATIH]. Ich hab' immer Hunger.

[Zu Brad Pitt] Dabei hast du doch die Tradition, in deinen Filmen ständig zu Essen!

Brad Pitt: Ich hab' das nicht beabsichtigt! Es ist alles wegen diesem verdammten Ocean's Eleven. [lacht]

Okay, dann fangen wir richtig mal an: Ihr zwei habt sehr parallele Geschichten in Once Upon a Time … in Hollywood und seid im Film eigentlich nur zwei Mal in Sichtweite voneinander. Habt ihr euch jemals am Set getroffen?

Margot Robbie: Es ist nur einmal passiert, dass wir physisch zusammen in derselben Szene waren. Aber unsere Charaktere haben nicht interagiert. Trotzdem sind wir uns am Set schon ab und zu über den Weg gelaufen. Wenn ich eine Szene gerade fertig hatte…

Brad Pitt [unterbricht]: Margot ist ein bisschen ein Groupie. Ein Set-Groupie.

Margot Robbie: Ja, ich sitze einfach an Brads Wohnwagen und warte. [beide lachen] Nein, Quatsch. Aber deshalb machen Filmsets so viel Spaß: Es ist wie ein Sommerlager. Alle sind zusammen. Es ist wie Campen mit ein paar Freunden. Und man trifft von Natur aus alle anderen.

Margot Robbie am Set von Once Upon a Time … in Hollywood

Brad Pitt: Du bist zur 100. Filmrolle gekommen. [Anm.: Tarantino dreht ausschließlich mit echtem Filmmaterial statt digital]

Margot Robbie: Das war die 1000.

Brad Pitt: Oh! Wirklich?

Margot Robbie: Ja, das war, als ihr die große gedreht habt: die Dosen-Wurf-Szene. - Ja, aber ich bin ständig ans Set gekommen, wenn ich gar nicht drehen musste.

Aber was war denn nun eure einzige gemeinsame Szene? Die, wo du, Margot, am Fenster stehst und Brad auf dem Dach arbeitet?

Margot Robbie: Nein, da waren wir nicht physisch am selben Ort. Es war da, wo Raf [Anm. Rafal Zawierucha ], der Roman Polanski spielt, und ich im Auto vorfahren und Brad und Leo in ihrem Wagen in der benachbarten Einfahrt sitzen. - Das war eine sehr lustige Szene für Raf und mich, weil der von Leonardo DiCaprio gespielte Rick Dalton sagt: Oh Scheiße, schau mal, wer da ist. Aber in Wahrheit saßen Raf und ich da und haben [beim Anblick von Brad Pitt und Leonardo DiCaprio] gesagt: Heilige Scheiße!

Brad Pitt und Leonardo DiCaprio in Once Upon a Time ... in Hollywood

Margot, du hast uns bei der Pressekonferenz erzählt, dass du 2017 an Quentin Tarantino herangetreten bist, um mit ihm zu drehen. Aber war der Part der Sharon Tate von Anfang an für dich gedacht oder hast du nur zu ihm gesagt: Ich würde jede noch so kleine Rolle spielen?

Margot Robbie: Ja, im Prinzip war es genau das. Ich hab ich zu ihm gesagt: Ich würde alles tun. Kann ich nur mal auf einen Set-Besuch vorbeikommen oder was Handwerkliches fürs Set machen oder im Hintergrund einer Szene eine Tür aufhalten.

Brad Pitt: Sehr intuitiv.

Was ist mit dir, Brad? Wurde die Rolle für dich geschrieben?

Brad Pitt: Ja, ich habe ihm einen Brief geschrieben. [lacht]

Margot Robbie: Wirklich?

Nein, aber mal im Ernst: Ich schätze, Quentin Tarantino ist auf dich zugekommen, oder?

Brad Pitt: Ja, aber wir hatten ja schon zusammengearbeitet. Wir hatten uns tatsächlich das erste Mal bei True Romance getroffen. Das war das erste Drehbuch, was er geschrieben hatte und Tony Scott hat Regie geführt. - Das war das erste Mal und danach haben sich unsere Wege immer wieder gekreuzt.

Margot Robbie: Wie war er [Tarantino] damals?

Brad Pitt: Nicht sehr viel anders ... [scheint selbst überrascht] Hmm. Nicht viel anders.

Margot Robbie: Wie cool.

Quentin Tarantino & Margot Robbie am Set von OUATIH

Habt ihr euch der Zeit des Jahres 1969 anders angenähert, weil ihr wusstet, dass es (schon wieder) eine alternative Geschichtsschreibung sein würde? Oder seid ihr einfach im Fluss der Zeit oder im Flow des Quentin Tarantino mitgeschwommen?

Margot Robbie: Also für mich würde es eine ausgedachte Welt sein. Aber die Annäherung war ähnlich. Aber weil du wusstest, dass du an einem Tarantino-Set bist, wusstest du, dass dir kreative Freiheiten zugestanden werden. Weil er seine eigenen Regeln schreibt. Und das ist sehr befreiend.

Brad Pitt: Stimmt, das tut er tatsächlich.

Aber hast du, Margot, trotzdem recherchiert, zum Beispiel indem du dir alte Sharon Tate-Filme angesehen hast?

Margot Robbie: Ja klar, weil ich einen annähernd realen Charakter spiele, habe ich so viel Recherche wie nur möglich betrieben. Aber das tue ich mit fiktionalen und realen Rollen gleichermaßen.

Du hast Königin Elizabeth und Tonya Harding gespielt, was aber vielleicht andere Ansätze waren, weil eine schon lange tot ist und die andere noch lebt? Sharon Tates Geschichte ist eine tragische in Hollywood, mit der man respektvoll umzugehen versuchte?

Margot Robbie: Ja. Wie Tonya erinnert man sich auch an Sharon auf eine bestimmte Weise. Aber anders als bei Tonya habe ich nicht versucht, die Wahrnehmung oder vorgefasste Meinung anderer zu untergraben. Es ging bei Sharon mehr darum, die Erinnerung, die andere von ihr hatten, zu ehren. Das war mein Ziel.

Brad Pitt: Du hast ein andermal etwas sehr Schönes gesagt: Wir denken als Sharon Tate nur als Tragödie und definieren ihr Leben durch die Tragödie und … Margot hat jedenfalls häufig gesagt, wir sollten die Person durch ihren Elan und ihre Lebendigkeit definieren… ach, du kannst das besser ausdrücken als ich.

Margot Robbie [lacht]: Ach, danke.

Sharon Tate in Die Schwarze 13 / Margot Robbie in OUATIH

Was ist mir dir, Brad, siehst du Stuntmänner mit anderen Augen, jetzt, wo du selbst einen gespielt hast?

Brad Pitt: Oh nein! Ich habe Stuntmänner schon immer geliebt! … Denn es bedeutet: Ich hab' frei. [lacht] Die machen das viel besser als ich.

Hast du mit [dem ebenfalls in Once Upon A Time in Hollywood auftretenden] Kurt Russell geredet, weil er schon zuvor für Tarantino in Death Proof einen Stuntman gespielt hat?

Brad Pitt: Kurt hat wirklich ein paar gute Geschichten. Und Kurt hat in der Zeit angefangen, in der Schauspieler häufig eigene Stuntmänner hatten und beide ganze Karrieren miteinander verbrachten. Und ich hab Bud Ekins getroffen, bevor er gestorben ist - er und Steve McQueen haben die berühmte Autoverfolgungsjagd in Bullitt zusammen gemacht und den Sprung in Gesprengte Ketten. Und ich konnte mit Burt Reynolds viel über ihn und Hal Needham reden, das war eine weitere berühmte Partnerschaft.

Brad Pitt als Stuntman Cliff Booth in OUATIH

Im Prinzip schon als eine Tradition in Tarantinos Geschichten ist ja der plötzliche Ausbruch von Gewalt. Das gehört einfach in seine Filme rein…

Brad Pitt [unterbricht begeistert]: Du vergisst das fast, oder? In diesem hier? Und dann überfällt es dich.

Ja, auf jeden Fall. Ich habe mich jedenfalls gefragt, ob ihr vorher darüber geredet habt, wie ihr mit der Inszenierung von Gewalt in Once Upon a Time ... in Hollywood umgehen würdet?

Brad Pitt: Nein … ich meine: Er kann Gewalt wirklich gut inszenieren, oder? Also erwartet man auch ein bisschen Tarantino-Ultra-Gewalt. - Tatsächlich war es erst als viel größere Kampfszene geschrieben, als große Choreografie. Und als wir dann so weit waren, es zu drehen, fast am Ende des Drehplans, hatte Quentin die Szene überarbeitet. Er meinte: ‘Ich denke nicht, dass wir zu viel Zeit [mit der Vorbereitung] verbringen sollen. Wir sollten direkt loslegen. - Und so hat er die Szene komplett umgeschrieben, als wir drehten.

Wie läuft das generell mit Spontaneität am Set? Halten sich alle exakt an die Texte, die Quentin Tarantino geschrieben hat, ohne auch nur von einer Zeile abzuweichen?

Brad Pitt: Nun, er gibt dir Raum, damit zu spielen und die beste Dialogzeile gewinnt immer. Und manchmal kommt ihm auch spontan beim Dreh noch ein sprachlicher Geistesblitz. Aber ich finde, seine Texte haben eine so besondere Musik, sodass es leichter ist, sie mit Veränderungen zu versauen, statt sie zu verbessern.

Margot Robbie: Ja, ich habe das Gefühl, bei manchen Dingen hat er eine sehr genaue Vorstellung davon, was er will. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass er bei bestimmten Sachen wollte, dass ich es auf eine ganz bestimmte Weise tue: so, wie er sich das vorgestellt hatte. Und bei anderen Dingen war er einfach offen demgegenüber, was passieren würde. Ich glaube, ich konnte diese zwei Momente ganz gut unterscheiden. Also erkennen, wann er froh war, sich auch mal mit einer Ergänzung überraschen zu lassen. Das ist echt eine tolle Art zu arbeiten.

Brad Pitt mit Mike Moh als Bruce Lee in Once Upon a Time ... in Hollywood

Wenn ihr euch Once Upon a Time … in Hollywood anseht - gibt es eine besondere Szene, bei der ihr sagen würdet, dass sie für euch besonders wahrhaftig anfühlt, wenn ihr sie mit euren eigenen Schauspielerfahrungen in Hollywood heute vergleicht?

Margot Robbie: Oh ja. Einmal bin ich mit Bruce Lee in einen Kampf geraten ... Und hab’ ihm so richtig in den Hintern getreten. [lacht]

Brad Pitt: Ich auch! Das ist so verrückt! [beide lachen] Ständig kämpft er mit jedem!

Margot Robbie: Ständig zettelt er was an.

Brad Pitt: Was für ein angriffslustiges Arschloch!

Margot Robbie: Der hat wohl was zu beweisen!

[Anmerkung: Den zwei Spaßvögeln war die Bruce Lee-Kontroverse von Once Upon a Time ... In Hollwood zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht bekannt.]

Margot Robbie: Nein, aber mal im Ernst: Ich hatte einen sehr ehrfürchtigen Moment in Cannes. Da hab' ich den Film zum ersten Mal gesehen und dann kamen wir zu der Stelle, wo ich Sharon spiele, die sich im Kino selbst in Rollkommando sieht. Und da ist mir zum ersten Mal klar geworden, dass ich selbst irgendwann in einem Kinosessel sitzen und das gleiche Gesicht machen würde wie sie.

Brad Pitt: Das ist ziemlich gut: Ein Film in einem Film in einem Film ... in einem Film.

Margot Robbie vorm OUATIH-Kino

Sehr schön meta. Dann wäre meine abschließende Frage an euch jetzt noch: Was ist jeweils euer liebster Tarantino-Film (wenn wir Once Upon a Time in Hollywood mal außen vor lassen)?

Brad Pitt: Oh scheiße!

Margot Robbie: Ich würde sagen … Reservoir Dogs. Das würde ich in 98% der Fälle sagen. Es wechselt zwischen Reservoir Dogs und Pulp Fiction.

Brad Pitt: Ja! Das ist richtig schwer!

Margot Robbie: Und Django manchmal. Manchmal denke ich: Jetzt ist Django Unchained mein Lieblingsfilm.

Brad Pitt: Es ist schwer, nicht zurück zu den Anfängen zu gehen, weil das Kino da von Tarantino auf den Kopf gestellt wurde.

Aber wenn du spontan nur einen Lieblings-Tarantino-Film nennen müsstest?

Brad Pitt: Nun, ich liebe die Struktur von The Hateful 8. Die Architektur dieses Films finde ich wirklich brillant. Hypnotisch.

Margot Robbie: Ich schätze, ich liebe sie alle so sehr, aber Reservoir Dogs, Pulp Fiction und Django Unchained sind die, die ich mir am häufigsten ansehe.

Dann Danke für diese Interview und noch eine schöne Zeit in Berlin euch.

Margot Robbie: Dankeschön.

Brad Pitt: Vielen Dank!

Quentin Tarantinos Once Upon a Time ... in Hollywood ist am 15.08.2019 in den deutschen Kinos angelaufen. Das Interview wurde zwei Wochen vor Kinostart am 01.08.2019 in Berlin geführt.

Haben euch Brad Pitt und Margot Robbie in Once Upon a Time ... in Hollywood gefallen?

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