Auf dem Weg nach Hollywood hat Steve McQueen aber anscheinend einen Großteil seines Könnens und vor allem seines Mutes über Bord geworfen und präsentiert uns nun 130 Minuten Konsens in Form einer braven Nacherzählung einer wahren Begebenheit. Mit neun Oscar-Nominierungen, die meisten davon völlig unberechtigt, wird das Konventionelle belohnt und gleichzeitig offenbart sich so die Heuchelei einer Filmindustrie, die sonst Schwarze auf vielerlei Art und Weise (Rollenverteilung, stereotype Darstellungen, “Quoten-Schwarzer”) immer noch diskriminiert.
An 12 Years a Slave können die Filmindustrie und ihre frommen Zuschauer nun ein wenig Buße tun – auch weil der Film lediglich betroffen macht. Er irritiert nicht, er ist ästhetisch wie intellektuell völlig uninteressant, er ist höchstens ein Lehrfilm, wie gemacht für den Schulunterricht. Während Quentin Tarantino sich in Django Unchained für historische Fakten nicht interessiert hat und damit der Realität näher kam als je ein Film über diese Thematik zuvor, vertraut McQueen auf das Siegel „nach einer wahren Begebenheit“ und tappt dabei in die weiße Repräsentationsfalle. Die tradierte rassistische Bildsprache Hollywoods – siehe Vom Winde verweht – wird hier meistenteils unreflektiert wiederholt. Und wie es die alte Tradition will, erhält auch nur eine schwarze Figur einen tieferen Charakter (Chiwetel Ejiofor), dafür aber sind die weißen Nebenrollen hochkarätig besetzt und differenziert ausgestaltet.
Übertroffen wird die problematische Schlichtheit und Eindeutigkeit der Bildsprache nur noch musikalisch durch Hans Zimmer, der entweder mit seinen Streicher-Armeen die Szenen in Grund und Boden fiedelt oder tatsächlich in grausamen Folterszenen seine wummernden Bässe einsetzt, als ginge es nicht um einen versklavten Menschen, sondern um Actionszenen mit einem beliebten Comic-Helden. So viel Geschmacklosigkeit gab es selten.