Seit Anfang der Woche bestätigt wurde, dass Twin Peaks 2016 nach 25 Jahren Abwesenheit von den Fernsehschirmen mit neuen Folgen zurückkehren wird (wir berichteten), sind die Fans ebenso begeistert wie neugierig. Schließlich passiert es nicht alle Tage, dass eine Lieblingsserie nach so langer Zeit weitergeführt wird, und gerade Twin Peaks bietet zahllose Anknüpfungspunkte für eine Fortsetzung. Andererseits hat sich in einem Vierteljahrhundert viel in der (Fernseh-)Welt verändert, und was einstmals bahnbrechend war, wirkt heute vielleicht ganz normal. Als langjähriger Twin Peaks-Bewunderer habe auch ich mir Gedanken gemacht, was ich denn eigentlich von den zunächst neun neuen Folgen erwarte und bin auf sieben Dinge gekommen, auf die ich mich schon jetzt freue:
1. Ein Wiedersehen mit möglichst vielen alten Charakteren nach einen Vierteljahrhundert
25 Jahre sind eine lange Zeit, in der nicht nur die Schauspieler älter geworden sind, sondern sich auch die Charaktere verändert haben dürften. Somit fiebere ich nicht nur auf ein Wiedersehen mit möglichst vielen Figuren wie Agent Cooper, Sheriff Truman, Audrey Horne, Shelly Johnson und Leland Palmer (wie auch immer das möglich sein sollte) entgegen, sondern hoffe auch darauf, ganz neue Facetten an ihnen entdecken zu können. Wie ist es ihnen ergangen, wer ist jetzt vielleicht in einer ganz anderen Situation als damals, welche neuen Herausforderungen stehen ihnen bevor? Schließlich haben sich schon in den zwei bisherigen Staffeln nicht wenige Figuren deutlich verändert, was mag da erst in 25 Jahren passiert sein?
2. Neue Charaktere, die alles durcheinanderwirbeln
Nicht nur das Wiedersehen mit bekannten Gestalten, auch das Kennenlernen neuer Figuren dürfte faszinierend werden. So könnten wir nicht nur dem Nachwuchs der einstmals jungen Charaktere begegnen, sondern auch Menschen, die ihr Privat- oder Berufsleben in der Zwischenzeit nach Twin Peaks geführt hat. Wie werden sie sich in die bestehenden Beziehungen einfügen? Sind sie Freund oder Feind? Bekommt Agent Cooper neue Kollegen, sofern er denn überhaupt noch für das FBI tätig ist? Welche unverwechselbaren Exzentrizitäten werden die neuen Charaktere mitbringen? Und von wem werden sie gespielt? Kehren vielleicht auch Figuren zurück, die nur im Prequel-Film Fire Walk With Me zu sehen waren?
3. Eine Weiterführung der Mysterien von vor 25 Jahren
Nicht nur der finale Cliffhanger um Agent Cooper blieb durch die Absetzung von Twin Peaks nach zwei Staffeln unaufgelöst, auch zahlreiche andere direkte und indirekte Fragen blieben seitdem unbeantwortet. Wer ist denn nun Donna Haywards wahrer Vater? Hat Audrey Horne die Explosion in der Bank überlebt? Was hat es mit dem Red Room, der White und der Black Lodge auf sich? Doch statt einer schnellen und direkten Antwort auf diese Fragen würde ich mir wünschen, dass sie noch weitergeführt und vertieft werden, neue Fragen nach sich ziehen. Auch die 25-jährige Lücke bietet sich ideal dazu an, quasi als Black Box zu fungieren, deren Ereignisse eine neue Vorgeschichte bilden, die lange Zeit im Dunkeln bleibt, anstatt sofort aufgedeckt zu werden. So könnte Agent Cooper zwar wieder er selbst sein, über das Wie und Warum aber Unklarheit bestehen.
4. Eine Fortführung des einzigartigen
Aussehens und Klangs der Serie
Nicht nur inhaltlich, auch optisch und akustisch kam Twin Peaks einst daher wie keine Fernsehserie zuvor. Doch heutzutage sind edles Aussehen und Klingen auch bei Serien zur Norm geworden, weswegen es besonders interessant sein wird, wie Twin Peaks sich in dieser veränderten Ausgangssituation schlägt. David Lynch plant ja, alle neuen Episoden persönlich zu inszenieren, was auf jeden Fall für einen einheitlichen Stil sorgen wird. Zudem gab er zu Protokoll, nach seiner Video-Begeisterung der letzten Jahre nun wieder ganz von Film angetan zu sein. Doch die Frage stellt sich, ob die über zehnjährige Pause seit seinem letzten Film-Film neue kreative Kräfte freisetzt, oder Lynch eher eingerostet ist?
5. Lynch und Frost machen genau das, was sie wollen
Im Gegensatz zu den ersten beiden Staffeln sind für die neuen Folgen Mark Frost und David Lynch allein verantwortlich: Beide schreiben alle Episoden, die sämtlich von Lynch inszeniert werden. Somit werden wir diesmal die pure, ungefilterte Vision der beiden zu sehen bekommen, da niemand anderes seine Ideen einbringen wird. Zugleich dürften die beiden durch den Wechsel zu einem Kabelsender alle gestalterischen Freiheiten haben, während sie beim Network ABC noch Kompromisse eingehen mussten. Doch ob sich das unbedingt positiv auswirkt? Einschränkungen führen ja häufig zu kreativen Umwegen, die dem Ganzen einen interessanten Dreh geben. Gerade das, was sich der Zuschauer mehr vorstellen musste, als dass es gezeigt wurde, gab auch Twin Peaks seinen besonderen Charme, während der Prequel-Film teils schon sehr viel unangenehmer war.
6. Humor
Was Twin Peaks schon vor 25 Jahren ausgezeichnet hat, war der stets präsente, teils schon absurde Humor, der den oft schrecklichen Ereignissen und Gestalten einen Gegenpol lieferte. Gerade dadurch wurden auch furchtbare Dinge möglich und erträglich, da der Zuschauer sich ja immer sicher sein konnte, ein Weilchen später ein wenig Entspannung zu finden. Das wird hoffentlich wieder zu einem Merkmal werden, das Twin Peaks von den zahlreichen heutigen Serien unterscheidet, die ihre Tod-und-Verderben-Geschichten doch meist sehr bierernst erzählen.
7. Überraschungen
Als Twin Peaks 1990 debütierte, hatten die Zuschauer eine solche Mischung aus Krimi, Komödie, Groteske, Surrealismus und Seifenoper noch nie gesehen. Zwar gibt es bis heute keine einzelne Serie, die all das in dieser Art und Weise vermischt hat, doch wäre Twin Peaks heute wohl nicht mehr so originell wie damals, vor allen Dingen, da es eben am Beginn einer tiefgreifenden Veränderung des Fernsehens stand. Somit erwarte ich zum Schluss auch das Unerwartete vom neuen Twin Peaks, mutige, ausgefallene Ideen, auf die bisher noch niemand gekommen ist, und die vielleicht die nächsten 25 Jahre prägen.
Was erwartet ihr von der Rückkehr von Twin Peaks, positiv wie negativ?