Wir schauen Sherlock - Staffel 1, Folge 3

17.05.2012 - 07:00 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Sherlock Holmes in Spiellaune
BBC
Sherlock Holmes in Spiellaune
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Nach dem schwachen blinden Banker fährt das Finale der ersten Staffel von Sherlock volle Geschütze auf. Das große Spiel wird seinem Titel gerecht und arbeitet in kurzweiligen 90 Minuten auf die Begegnung von Sherlock Holmes und Jim Moriarty hin.

Nach einem qualitativen Auf und Ab in den vorangegangenen Folgen von Sherlock liefert die Serie im Abschluss von Staffel 1 all das, was sie zuvor versprochen hatte. Das große Spiel (The Great Game) beschert uns die erste Konfrontation von Sherlock Holmes (Benedict Cumberbatch) und seiner Nemesis Moriarty. Damit greift sie einen der Prüfsteine aller Sherlock Holmes-Adaptionen im Frontalangriff auf. Das große Spiel meistert diese Herausforderung mit Leichtigkeit. Der alles umspannende Fall verliert vor lauter Komlexität nicht an Spannung und versteckt in seinem frisch geöffneten Überraschungsei am Ende gleich die Süßigkeiten für die nächste Staffel.

Der Fall: Tiefe Langeweile liegt über der Baker Street, bis eine Explosion die Einwohner wachrüttelt. Das scheint nur nebensächlich, denn Mycroft Holmes benötigt die Hilfe seines Bruders. Ein toter Agent und verschwundene Raketenpläne machen ihm das Leben schwer. Da es Sherlock an Interesse fehlt, muss Watson dem Fall auf die Spur gehen. Der berühmteste Detektiv aller Zeiten beschäftigt sich lieber mit einem perfiden Spiel. Nacheinander muss er mehrere Fälle lösen, die von der Polizei nicht aufgeklärt wurden. Jedes Mal steht das Leben eines Unschuldigen auf dem Spiel. Sherlock jedoch ist so fasziniert von seinem unsichtbaren Gegenüber, dass er vom Adrenalin geradezu geblendet wird. Als er Strippenzieher Moriarty a.k.a. Jim from IT (Andrew Scott) dann im Schwimmbad gegenübersteht, sieht er sich mit einem würdigen Gegner konfrontiert.

221b Baker Street: So wichtig Dr. Watson (Martin Freeman) für das Verständnis der Handlung ist, so bedeutend kann die Figur des Moriarty für die Charakterisierung und psychologische Dynamik von Sherlock Holmes ausfallen. Moriarty ist der Erzfeind unseres Lieblingsdetektivs und durch Erzeinde im Besonderen und Gegensätze im Allgemeinen lassen sich Figuren unterm Mikroskop genauer beobachten (zumindest, solang nicht irgendein Jim from IT hereinstürzt und stört). Andrew Scotts Jim Moriarty stellt sich in Das große Spiel als verjüngter, infernalischer und aufbrausender Gegenentwurtf zu Sherlock Holmes vor. Das gern gesehene Doppelgänger-Motiv aufnehmend, gibt er sich als düsteres Kehrbild. Er ist die personifizierte Aussicht darauf, was passiert, wenn Sherlocks Eigenschaften, seine Genialität, Sucht nach Abwechslung und Rücksichtslosigkeit, mit desaströsen Zutaten kombiniert werden.

Genau wie Sherlock hangelt sich der Consulting Criminal von Abwechslung zu Abwechslung, ständig darauf versessen, cleverer zu sein als der Rest der Welt. Das ganze große Spiel, das er in der gleichnamigen Folge anleiert, ist, anders als er behauptet, allerdings keine Abschreckungsmaßnahme, sondern eine Einladung. Es ist nur der erste Akt eines Wettstreits, der in der nächsten Staffel fortgeführt wird.

Zwar wirkt das launische, teils manische Spiel von Andrew Scott zunächst etwas ungewöhnlich, das ein oder andere Mal auch unangebracht in seiner Übertreibung. Es ist aber auch notwendig, um ihn von Sherlock deutlich abzuheben. Moriarty, der Sherlock zunächst durch seine Sexualität auf die falsche Fährte führt, wirkt durch seine extrovertierte Sinnlichkeit, das Schnauben, Schreien und Flirten wie eine aufdringliche Irritation in Sherlocks wohlgeordneter Welt. Wird in anderen Adaptionen ein unterkühltes Genie einem bösen unterkühlten Genie ausgesetzt, haben wir es hier mit einem echten Gegensatzpaar zu tun. Die Auflösung des Cliffhangers in Staffel 2 wird offenbaren, ob die beiden Pole von ihrer Anziehung lassen können.

Elementary, my dear Watson: Die von Mark Gatiss in einem starffen Erzählton geschriebene Episode ist der bisherige Höhepunkt von Sherlock. Bedauerlich für Fans mag die Cliffhanger-Struktur sein, die bei einer nur drei Folgen umfassenden Staffel vielleicht etwas übertrieben wurde. Trotzdem sorgt Das große Spiel für mehr als nur ein halbes Vergnügen und ganz viel Vorfreude. Nach dem verwurschtelten, aber nicht kryptischen Fall der Folge und dem lang erwarteten Aufeinandertreffen der beiden Erzfeinde etwas Ruhe. Moriarty bleibt eine reizvolle Figur, aber eine Überdosis würde zu diesem Zeitpunkt nur schaden. Wichtig ist: Sherlock Holmes hat eine Andeutung davon bekommen, dass seine größte Herausforderung erst noch bevorsteht. Moriarty nämlich, das deutet das Zitat der Folge an, kennt seine größte Schwäche.

Sherlockgism der Folge: “Don’t make people into heroes, John. Heroes don’t exist, and if they did, I wouldn’t be one of them.”

Zitat der Folge: “If you don’t stop prying, I’ll burn you. I’ll burn the heart out of you.”“I have been reliably informed that I don’t have one.”“But we both know that’s not quite true.”

Weitere Recaps zu Sherlock Staffel 1:
Sherlock Folge 1 – Ein Fall von Pink
Sherlock Folge 2 – Der blinde Banker

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