Was sagen die Kritiker zu... Schoßgebete?

18.09.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Was sagen die Kritiker zu... Schoßgebete?
Constantin Film
Was sagen die Kritiker zu... Schoßgebete?
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Die Verfilmung des deutschen Skandal-Romans Feuchtgebiete blieb in Kritikeraugen bestenfalls ein netter Versuch. Sönke Wortmann probierte sich an der Adaption des zweiten Romans Schoßgebete. Pünktlich zum heutigen Kinostart lest ihr hier die Kritiken.

Dass nach Feuchtgebiete auch das zweite Buch der Autorin und früheren MTV-Moderatorin Charlotte Roche verfilmt werden würde, war so klar wie Kloßbrühe. Dessen angenommen hat sich der deutsche Regisseur Sönke Wortmann (Das Wunder von BernDie Päpstin). Herausgekommen ist dabei der gleichnamige Film Schoßgebete, der heute in den Kinos startet. Aus diesem Grund haben wir euch die wichtigsten Kritiken aufgeführt, damit ihr nicht mit zu hohen Erwartungen hinein und zu schlechten Erfahrungen heraus aus dem Kino geht.

Elizabeth Kiel (Lavinia Wilson) ist Anfang 30 und kompensiert die Auswirkungen eines psychischen Traumas nach einem schlimmen Unfall mit folgender Selbsttherapie: hemmungslosem Sex. Beschäftigt sie sich nicht rechtzeitig mit dem Liebesakt, leidet sie unter Angstzuständen und Neurosen. Sie lebt derweil in ihrer zweiten Ehe mit Georg (Jürgen Vogel), in die sie eine Tochter aus erster Ehe mitgebracht hat. Ihre zweisamen Momente im Leben verbringen die beiden Liebenden unter anderem mit gemeinsamen Besuchen in Sex-Shops und Bordellen und natürlich mit jeder Menge Sex. In Zweisamkeit ist Elizabeth auch in den Therapiesitzungen bei Dr. Drescher (Juliane Köhler), die sie regelmäßig besuchen muss. Schoßgebete verfolgt Elizabeths Anstrengungen, eine gute Ehefrau, Mutter und eine entspannte Persönlichkeit zu sein.

Hier die harten Fakten zu Schoßgebete:
22 Community-Bewertungen mit einem Durchschnittswert von 6,2
4 Kritiker-Bewertungen mit einem Durchschnittswert von 4,6
14 Kommentare und 4 Kritiken 
101 haben den Film vorgemerkt und 50 sind uninteressiert

Was sagen die Kritiker zu Schoßgebete? 

für Bettina Steiner von Die Presse  ist die Verfilmung von Schoßgebete zu klischeehaft, vorsichtig und langweilig:

Dazu gehört, dass in guter alter Horrortradition ausführlich jenes Idyll präsentiert wird, das später zerbrechen wird: Im Garten trifft sich die glückliche Familie für letzte Hochzeitsvorbereitungen, man überreicht Geborgtes und Altes und sieht ganz allgemein ganz entzückend aus (...) Von wegen aufmüpfige junge Frau! Von wegen provokant! Da spricht eine arme, verletzte Seele, der geholfen werden muss! Und ihr wird! Das sind dann die schlimmsten Passagen, in denen Elizabeth auf der Couch bzw. auf dem Teppich ihrer Therapeutin (Juliane Köhler) liegt und dabei jene geplauderten Weisheiten von sich gibt, die schon im Buch nerven – und keineswegs immer durch eine Pointe abgemildert werden.

Stefan Geisler vom Blog CinemaForever  kann Schoßgebete kaum etwas Positives abgewinnen:

Unter der Regie von Sönke Wortmann („Das Wunder von Bern“) sollten nun Jürgen Vogel und Lavinia Wilson im Schafzimmer das Dildo-Karussell bedienen und beim Ü-50-Publikum für Herzrasen sorgen. Doch Pustekuchen: „Schoßgebete“ ist generische deutsche Kinoware in massentauglicher Schweiger-Optik, bei der selbst die sexuellen Ausschweifungen und kleinen Widerlichkeiten zumeist nichts weiter als reiner Selbstzweck bleiben. 

Dorin Waller aus der Redaktion von Der Standard  sieht das ähnlich:

Das Hauptproblem des zu sauber gemachten Films liegt jedoch auf der Ebene der Geschichte. Diese lässt die im Roman ansatzweise gegebene Struktur vermissen und kulminiert so in einer Art Happy End, das mit der vorangegangenen Nichtentwicklung kaum in Einklang zu bringen ist und daher leider wenig befriedigt.

Rajko Burchardt schreibt in seiner Kritik für Gamona , dass in Schoßgebete längst überholte filmische Erzählmittel und Geschlechterbilder vorherrschen:

Schälte sich aus der hemmungslosen Rebellenattitüde von "Feuchtgebiete" erst zögerlich ein bewegendes Familienmelodram, liegen Paarungswitz üblicher Deutschkomödien und psychologischer Realismus in "Schoßgebete" eng beieinander. Von einigen Momenten abgesehen, die sich gegen die Pervertierung der Tagesmedien richten (und natürlich auf Charlottes Roches Auseinandersetzung mit der Bild-Zeitung anspielen), wirkt vieles flach und unausgearbeitet. Da bleiben Produzent Berben und seinem Erfüllungsgehilfen Wortmann letztlich nur noch dicke Pinselstriche: Farblich ausgewaschene Rückblenden zu Popmusik-Montage bringen eine Gestrigkeit in Form, die überraschenderweise auch das Geschlechterbild des Films betrifft.

Sascha Schaschek von Die Zeit  misst dem Film keine sexuell-unterhaltende Wirkung à la Feuchtgebiete, sondern höchstens eine aufgrund der Auseinandersetzung mit dem Thema Tod verstörende Wirkung bei:

Nur beim Sex vergesse ich alle Probleme", ist einer der ersten Sätze von Elizabeth. Gezeigt wird wenig, zwischen Kamera und Körper steht mal eine Fensterscheibe, mal dichter Zigarettenrauch. Auf den Zuschauer wirken diese Szenen dadurch allerdings wenig befreiend. Zu tragisch ist der Kontext, in dem Elizabeth ihren Mann bittet: "Fick mich ins Leben zurück." (...) So sehr sich Film und Vorlage also unterscheiden: Wortmann ist ein nachdenklicher, in Ansätzen verstörender Film gelungen.

Eine ganz frische Kritik vom gestrigen Nachmittag bietet uns Christian Buß vom Spiegel , in der er mit Schoßgebete hart ins Gericht geht:

Damit liefert die Verfilmung von "Schoßgebete" das genaue Gegenteil von dem, was die Qualität von Charlotte Roches Buchvorlage ausmacht. (...) Wo sich das Buch um Ratio und Fellatio dreht, da wird in der Kinoadaption erkenntnistechnisch Trübsal geblasen. Die Räume sind groß, hell und von allen Spurenresten menschlichen Zusammenlebens bereinigt; möglicherweise sollen sie die innere Leere der Protagonisten widerspiegeln. (...)  Man hat den Eindruck, das man zwei Menschen zuguckt, die Klassenbeste im Fach Sex sein wollen.

Fazit über die Kritiken zu Schoßgebete: 
Die Kritiken sprechen eine eindeutige Sprache. Wirklich viel Interesse erregte der Film auch schon im Voraus nicht, merkten sich auf unserer Seite lediglich knapp 100 moviepiloten Schoßgebete vor und markierten ihn 50 als uninteressant. Fünf von sechs Kritiken sind negativ, eine von ihnen ansatzweise positiv. Aus ihnen ist herauszulesen, dass niemand mit der Erwartung in den Kinosaal schreiten sollte, Sex-Tabus auf der Leinwand brechen zu sehen. Die Roman-Adaption Schoßgebete ist mit dem Vorgänger Feuchtgebiete höchstens insofern zu vergleichen, dass beide nicht die Wirkung ihrer literarischen Vorlagen erzielen können. Roches Skandal-Romane gingen durch die Decke, die Verfilmungen bleiben unterirdisch oder bestenfalls auf dem Boden. Da hilft auch eine gute Besetzung durch Jürgen Vogel und Lavinia Wilson nichts. Die dürfen nämlich, wie Spiegel-Kritiker Buß in seiner Kritik spöttisch schreibt, "nicht wirklich spielen, sondern müssen eine Art Stellungs-Best-Of aus der Roche-Vorlage abspulen".

Werdet ihr euch Schoßgebete dennoch im Kino anschauen?

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