Vor 25 Jahren feierte Blue Velvet Premiere

19.09.2011 - 08:50 Uhr
Kyle MacLachlan und Isabella Rossellini in Blue Velvet
Paramount Pictures
Kyle MacLachlan und Isabella Rossellini in Blue Velvet
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Blue Velvet von David Lynch hat wie nur wenige Werke kommende Inhalte und Stile geprägt. Vor 25 Jahren feierte der surrealistische Thriller seine Premiere. Seitdem avancierte er schnell zum Kultfilm. Wir lassen das Meisterwerk heute Revue passieren.

She wore blue velvet
Bluer than velvet was the night
Softer than satin was the light
From the stars

…so sang Bobby Vinton in seinem berühmten Klassiker Blue Velvet, und inspirierte damit einen Film, der bis heute als Meilenstein gilt, als Kultfilm. Als Streifen, auf den sich auch Menschen mit ziemlich konträren Geschmäckern einigen können. Vor 25 Jahren feierte Blue Velvet von David Lynch Premiere.

In Blue Velvet sehen wir Kyle MacLachlan, der als Student Jeffrey Beaumont in die Abgründe hinter einer glänzend aufpolierten Kleinstadtfassade blickt. Der Fund eines menschlichen Ohres ist unerwarteterweise nur der Auftakt zu einem viel makabereren Spiel, das ihn in einen Untergrund voller (un)menschlicher Abhängigkeiten, sexueller Praktiken und brutaler Gewalttaten führt.

Noch heute, 25 Jahre nach Blue Velvet, ranken sich Interpretationsmythen und Legenden um die Geschichte. Manch einer deutet den Film als Tagtraum Jeffreys, andere meinen, darin eine reine Inszenierung durch die kleinstädtischen Polizei zu erkennen, die den unbescholtenen Studenten ausnutzt, weil sie selbst dem Bösen zu nahe ist, um es zu eliminieren. Wieder andere sehen in dem Film ein Konstrukt des Selbstschutzes vor Depressionen. Wie auch immer Blue Velvet zu analysieren ist – lassen wir für einen Moment ab von der dicken Interpretationskruste und konzentrieren uns auf das wirklich Wesentliche: die Oberfläche.

Bluer than velvet were her eyes
Schon in den ersten Einstellungen des Streifens werden wir vom anheimelnd harmlosen Kleinstadt-Idyll förmlich erdrückt, das sich im Örtchen Lumberton ganz besonders adrett zeigt: blitzend weiße Lattenzäune, Blumen in Reih und Glied, sogar der Himmel hält sich an seine Vorgaben, leuchtet ungetrübt und erstrahlt in tiefem Blau. Ein Strahlen zeigt zugleich der freundliche, im Vorbeifahren winkende Feuerwehrmann. Dieser Ort ist von einer solch perfiden Perfektion, es kann ihm nur jegliche Authentizität abgesprochen werden.

Aber was könnte David Lynch überhaupt mit Authentizität anfangen? Der Mann ist wahrlich kein Naturalist. Ganz im Gegenteil, er zelebriert geradezu das Artifizielle. Seine Filme strotzen nur so vor Farbgewalt, vor aufgeladener Symbolik. Wie der Titel schon vermuten lässt: Blau spielt in Blue Velvet eine bedeutende Rolle und beeinflusste in seiner Komplettierung durch rot und weiß viele folgende Werke wie Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber von Peter Greenaway. Nicht umsonst wählt der Regisseur die Farben der US-amerikanischen Flagge, sie ziehen sich durch seinen Film wie die biederen Vorstadtsiedlungen durch das ganze Land. Der tiefblaue, samtene Morgenmantel der Dorothy (Isabella Rossellini) konfrontiert den braven Jeffrey schließlich endgültig mit der dunklen Seite, der Nacht. Auch die immer wieder auftauchenden Insekten flattern in Blue Velvet nicht zufällig ins Bild. Sie bilden das symbolische Gegenstück zur klinischen Sauberkeit, zur unpersönlichen Perfektion, zur unbescheidenen Dekadenz der amerikanischen Vorstadt.

Feeling the rapture grow
Der psychopathische Entführer Frank Booth (Dennis Hopper) sorgt neben all der unterschwelligen Perversität für den entscheidenden Schuss direkter Gestörtheit, die Blue Velvet letztlich so eindrucksvoll macht. Das Motto ‘Sex Sells’ wird hier wirklich zur Gänze ausgeschöpft: Sadismus, Masochismus, Voyeurismus, Fetischismus, alles enthalten. Nach einem inoffiziellen Deal mit seinem Produzenten Dino De Laurentiis konnte David Lynch sich in künstlerischer Freiheit austoben, seinem exzentrischen Kopf eine Plattform geben und seinen Hang zum Unterbewussten, zu Metaphorik und Surrealismus ausleben. Ein dreifaches Hoch auf David Lynchs Kopf!

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