Community

Unterstützt deutsches Genrekino: FIGAROS WÖLFE

25.07.2015 - 08:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Mondo Strano
Dominik Galizia
Mondo Strano
4
7
Während zu Füßen eines opulenten Gebäudes das gesittete Bürgertum flaniert, lebt ein sonderbares Mädchen namens Colette auf dessen Dach. Ihr Körper ist ein begehrtes Objekt dreier Männer, ihre Freiheit reicht in den Himmel und doch nicht weiter als zur Dachkante: Ein Rape-and-Revenge-Selbstfindungs-Liebesfilm mit Saralisa Volm und Franz Rogowski in 35mm.


Colette ist ein Kind ihrer Zeit, voller Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung und Sehnsucht, auf der unermüdlichen Suche nach einem konkreten Ziel. Den Ganoven ist sie schamlos ausgesetzt. Mächte, auf die sie keinen Einfluss hat, die sie Tag für Tag penetrieren. Doch es gibt Hoffnung, oder zumindest Abwechslung und einen Austausch der bedrückenden Gefühlslage. Die einzige Waffe gegen diesen mentalen Druck ist die Liebe, als plötzlich der junge Gefühlslegastheniker Gilbert auftaucht, der ebenfalls sein Dasein auf dem Dach verbringt. Der kleine Voyeur hat über unbestimmte Zeit die Schandtaten der Ganoven an Colette beobachtet, ohne einzugreifen, bis er eines Tages beschließt, mit ihr zu sprechen. Zwischen den beiden unterschiedlichen Personen baut sich im weiteren Verlauf eine eigenartige, doch sehr persönliche Beziehung auf und sie merken, dass beide fundamentale Eigenschaften des jeweils anderen besitzen. Die Realität des Films hat ein viel geringeres Verständnis von Moral und Gerechtigkeit - eine unverzichtbare Notwendigkeit, um der Bedeutung von wahrer Nähe und Zärtlichkeit auf den Grund zu gehen.

Humoristische Einlagen, tiefgründige Dialoge über Belanglosigkeiten, überzeichnete Darstellung an Gewalt, ohne diese explizit zu zeigen, eingepackt in einer Beatnik / Greasers-Ästhetik bestimmen die Atmosphäre dieses Rape-and-Revenge-Selbstfindungs-Liebesfilms mit Saralisa Volm und Franz Rogowski.


Entstehungsgeschichte & Einfluss

Exploitationfilme bieten ein umfangreiches Spektrum an unzähligen Subgenres wie Nazisplotation, Blaxploitation, Sexploitation, Nunsploitation, Drugsploitation, Ozploitation, Teensploitation und auch Rape-and-Revenge-Filme. Ich war schon immer ein großer Fan dieses Genres, die ihren Ursprung in den 30er-40er Jahren haben, ihren Höhepunkt in den 80ern feierten und noch heute immer wieder im Kino auftauchen. Das Zusammenspiel von Sex, Gewalt und Musik, eingebettet in einer simplen Handlung mit einem Protagonisten, oder einer Gruppe von Helden, die alles verlieren und sich dann im Verlauf des Films den Weg der Gerechtigkeit wieder freischießen, lassen den Zuschauer von Anfang bis Ende alle 10 Minuten in unterschiedlichsten Gefühlslagen den Film verfolgen.

Daneben sind es die Filme der 50er Jahre, die mit ihren hilflosen, konservativen, naiven Charakteren einen steinernen Leidensweg voller emotionaler Aufopferung auf der Leinwand durchstehen müssen. Neben der Kleidung, der Haare und dem gesamten Style, ist es die rebellische und kleinkriminelle Magie, die sie ausstrahlen und im amerikanischen Kino einen ungeheuren Einfluss auf die Jugend, Popkultur und letztendlich auch mich hatten.

Die großen europäischen Autorenfilmer, die Mitte des 20. Jahrhunderts das Kino mit poetischer und kraftvoller Bildsprache beherrscht haben, gaben mir die nötige Ambition, Leidenschaft und den Ton, die ich für meinen Film ebenfalls benötige. Ingmar Bergman hat seit seinem Debütfilm Kris bis Fanny und Alexander ein Gesamtwerk von unschätzbarer Brillanz, Feinfühligkeit und existenzieller Macht geschaffen - er war es auch, der mit Die Jungfrauenquelle 1960 den ersten Rape-and-Revenge-Film drehte.

Mit Figaros Wölfe wollte ich alle Filme und Genres, die auf mich einen großen Einfluss hatten, zu einem Ganzen fusionieren, in dem ich ein Genre aus den 80ern in die Zeit der 50er packe, es aber mit einem Konflikt aus unserer heutigen Zeit versehe.

Die Pforten der Wahrnehmung

Der Ursprung, warum Colette auf ihrem Dachexil vor sich hin existiert und was die Hintergründe von Gilbert und den drei Ganoven sind, erfahren wir im Verlauf des Films durch die unergründliche Kraft des Peyote Kaktus, der uns die Pforten der Wahrnehmung und die Tiefen der menschlichen Seelen öffnet. Die Bewusstseinserweiterung, die Colette und Gilbert erfahren, ist stärker, als die einsame Realität, in der sie leben. Die Ruhe, die sie im Verlauf des Films ausgestrahlt haben, stellt sich als innerliche und geistige Unruhe heraus. Die Montage gliedert sich in drei Kapitel: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. In erster Linie befasst sich die Reise mit Colette. Die Probleme die sie in der Vergangenheit durchlebt und erfahren hat, sind der ausschlaggebende Punkt für ihre Desillusion auf dem Dach. Vor allem die Angst vor der Einsamkeit und das Lechzen nach körperlicher Nähe und Aufmerksamkeit sind ausschlaggebend für ihr mentales Delirium. Sie sättigt ihren Hunger nach Liebe mit fleischgewordenen Drogen. Doch diese unersättliche Verschwendung hat Konsequenzen. Der Trip mit Hilfe des Peyote ist nicht direkt die Geschichte ihres Ursprungs, sondern sie reflektiert symbolisch den Leidensweg von Colettes Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Er prophezeit das Unheil der Menschheit und das Unheil der Ewigkeit.

Visualisierung & Umsetzung

Figaros Wölfe wird ausschließlich in Schwarzweiß gedreht. Neben der monochromen Schönheit und Tiefe des Stadtpanoramas als durchgehende Kulisse und Wolkenbrücke am Himmel, unterstreicht das Schwarzweiß vor allem die Zeitlosigkeit der Charaktere und der Problematik. Eines der wichtigsten Aspekte von Figaros Wölfe ist, dass das Projekt weniger Plot orientiert sondern vielmehr auf die Emotionen der Figuren und Atmosphäre fokussiert ist. Eben diese zeitlose, raue und ehrliche Ästhetik kann man, vor allem in Schwarzweiß, in 35mm am authentischsten darstellen, um am Ende nicht nur unterhalten zu werden, sondern etwas Greifbares, Echtes zu durchleben. Ökonomisch gesehen ist es definitiv unkomplizierter und schneller auf digitalem Format zu drehen.
Die Arbeitsweise des gesamten Teams ist allerdings eine völlig andere, dreht man auf Zelluloid. Jeder weiß, dass jede Sekunde Geld kostet und man nicht unzählige Male die Takes wiederholen kann. Eben diese Haltung gegenüber der Kunst, die man gerade kreiert, wirkt sich auf den gesamten Film aus und schafft dadurch eine komplett in sich geschlossene Atmosphäre der Charaktere, die später der Zuschauer auf der Leinwand sieht und vor allem spürt. Um Film in seiner reinen und unverfälschten Form zu erhalten, ist die Unabhängigkeit einer der wichtigsten Aspekte. Eine Unabhängigkeit, die man in Deutschland nicht über den konventionellen/kommerziellen Weg der Filmverleiher oder Förderer erhält, vor allem nicht als Spielfilm-Debütant.

Sollte euer Interesse beim Lesen dieses Artikels geweckt worden sein, freue ich mich über jede Form von Unterstützung. Ihr könnt weitere Informationen auf der Startnext-Seite oder via Facebook erhalten:

Figaros Wölfe auf Startnext 

Figaros Wölfe auf Facebook 


Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News