Tatort - Der Hammer beschert uns einen Top-Tatort

13.04.2014 - 20:15 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Tatort - Der Hammer
WDR/ARD
Tatort - Der Hammer
12
4
Lars Kraume verschafft dem Münsteraner Team in Tatort – Der Hammer keine radikale Runderneuerung, doch sein Vigilantenkrimi samt KGB-Lügendetektor besinnt sich nach Jahren wieder auf die Stärken von Thiel und Boerne.

Die Superheldenwelle erreicht den Tatort. Nein, Thiel (Axel Prahl) wirft sich kein Cape in St. Pauli-Farben über, um dem Verbrechen in Münster den Kampf anzusagen. Der Hammer geht um und hat nur wenig mit den strahlenden Helden aus dem Kino zu tun. Anstatt den Kostümträger in Tatort: Der Hammer zum Anlass für die gewohnten Münsteraner Lächerlichkeiten zu nehmen, wählt Regisseur und Autor Lars Kraume (Tatort: Im Namen des Vaters) einen Mittelweg zwischen Slapstick, schwarzem Humor und Drama, dessen Gelingen wohl zu einem großen Teil der erdenden Präsenz des ins Zentrum gerückten Axel Prahl zu verdanken ist. Der Hammer ist kein Meilenstein der Tatort-Kunst und sicher nicht Kraumes bester TV-Krimi, aber ein erfrischend harter Beitrag der dauerwitzelnden Münsteraner.

Der Auftakt ist nicht zu toppen. Durch eine ruhige und etwas diesige Nacht fährt ein fast leerer Linienbus. Auf der Hinterbank döst ein Obdachloser mit seinem Hab und Gut im Schlepptau. Der Busfahrer wechselt auf den Country-Kanal. Plötzlich knallt ein Körper auf den Asphalt. Vollbremsung. Der Fahrgast wird nach vorne geschleudert. Als wäre der Sturz des Toten nicht genug, verteilt ein heranbrausendes Auto die Leiche samt Blutspur auf der Straße. Es wird kein zimperlicher Münsteraner Tatort werden, den Lars Kraume uns da vorsetzt. Doch während viele Folgen des Erfolgsduos Thiel und Boerne in den vergangenen Jahren gelangweilt auf Pathologen-Witzchen herumritten, um ihre schwarzhumorige Seite zu bedienen, ist Boerne (Jan Josef Liefers) in diesem Fall in erster Linie eines: nützlich.

Denn die Geschichte um einen Selbstjustiznormalo, der sich nachts ein Kostüm anzieht, korrupte Baufuzzis mit einem Säure-Soaker besprüht und dann per Hammer den Schädel einschlägt, liegt ganz in Thiels Revier. Der hat hier einen richtig schlechten Tag (oder zwei oder drei…). Beim souveränen Eintreten einer Tür bleibt er mit der Hose am Griff hängen, in den Kaffee schüttet er haufenweise verdorbene Milch und mitten in der Nacht bekommt er à la Jim Gordon Besuch vom Hammer, der ihn ans Bett fesselt. Besagte Bett-Aktion beschreibt Kraumes auch handwerklich beeindruckenden Krimi ganz gut. Anstatt mit einer einfachen Pointe zur nächsten Szene weiter zu schneiden, wird der ernste und vor allem brutale Krimiplot humoristisch gebrochen, wenn Thiel sein Doppelbett quer durch den Raum schleifen muss, um ans Telefon zu gehen. In einem Münster, in dem maskierte Rächer auf dem Motorrad gegen ein Flatrate-Puff vorgehen, wird ein Slapstick-Lacher möglichst ausführlich genossen.

Das ist skurril und nie so tiefgründig, dass das Münsteraner Erfolgsrezept über Bord geworfen wird. So richtig lernen wir weder den Vigilanten noch seine Opfer kennen und das ist zu verschmerzen in diesem kurzweiligen Tatort, der, wie viele gute Superheldenfilme, auf ein einfaches Konzept baut: Zwei gar nicht so unähnliche Männer, die, stünden sie nicht auf unterschiedlichen Seiten des Gesetzes, in einem anderen Leben vielleicht Freunde geworden wären.

Mord des Sonntags: Ein Zander in der Tiefgarage.
Zitat des Sonntags: “Ich liebe Superhelden.” – “Ah ja, richtig. Deswegen arbeiten sie ja mit mir.”

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News