Die Geschichte eines Schauspielers, der von Sat.1-Komödien mit Sophie Schütt zum zweifachen Oscar-Preisträger aufstieg, verdient im Grunde einen eigenen Film. Vor ein paar Jahren war Christoph Waltz allerhöchstens interessierten deutschen Zuschauern bekannt. Sein Casting durch Quentin Tarantino in Inglourious Basterds sowie der Darstellerpreis beim Filmfestival Cannes machten ihn auf einen Schlag berühmt. Doch die seitdem anhaltende Bromance zwischen dem Wiener Schauspiel-Veteran und dem Kultregisseur aus Tennessee verdient auch abseits solcher Geschichten, die das Leben und eine globalisierte Filmwirtschaft schreibt, Aufmerksamkeit. Tatsächlich bildet Christoph Waltz die logische Konstante in Quentin Tarantinos historischen Rachefantasien Inglourious Basterds und Django Unchained. Wer eben diese nicht gesehen hat, sollte nun wegen Spoilern Reißaus nehmen.
Bei der Pressekonferenz in Cannes 2009 offenbarte Quentin Tarantino mit gewohnter Zurückhaltung, dass Hans Landa eine der besten Figuren ist, die er je geschrieben hat bzw. jemals schreiben wird. Zwischen all den von Rachsucht und der puren Lust an Gewalt getriebenen Figuren in Inglourious Basterds bildet der SS-Offizier eine Ausnahmeerscheinung. Dank seiner unsentimentalen Haltung gegenüber Ideologien jeglicher Form, passt sich der ‘Judenjäger’ so gut wie jeder Situation an, selbst wenn dies bedeutet, dass er das Tausendjährige Reich zu Fall bringt. Mit diesem Marionettenspieler, der eine jüdische Familie zusammenschießen lässt und unter Hitlers Stuhl Dynamit versteckt, präsentierte Quentin Tarantino eine seiner verstörendsten Kreationen.
Humanistisch gebildet, sprachlich virtuos am Werk, ist Hans Landa das Sinnbild einer pervertierten Kultur, deren Insignien ausgehöhlt und allein dem Zwecke der Macht dienlich sind. Eines der verbindenden Elemente von Quentin Tarantinos Auseinandersetzung mit historischen Gräueln in Inglourious Basterds und Django Unchained ist diese Kultur des ‘Alten Europa’, die trotz aller Fortschrittlichkeit eine ungeheure Gewalt zu Tage gefördert hat. Standartenführer Hans Landa und Kopfgeldjäger Dr. King Schultz bilden in ihren jeweiligen Filmen die Katalysatoren dieses Diskurses und das Casting von Christoph Waltz ist untrennbar damit verbunden.
Bis er seinen Landa-Darsteller gefunden hatte, musste Quentin Tarantino nach eigener Aussage lange suchen. King Schultz hingegen schrieb er für Christoph Waltz. Insofern verwundert es nicht, dass mancherorts die Ähnlichkeit der beiden Figuren angeprangert wird, was teils auf eine verquere Vorstellung von Schauspiel zurückzuführen ist. Um eines vorweg zu erklären: Es gibt nicht das Schauspiel, es gibt allerhöchstens diverse Stile, Methoden sowie natürlich die Methode, die alle in bestimmten Kontexten ihre Berechtigung haben, in anderen fehl am Platze wirken. Ein Schauspieler ist nicht automatisch fähiger, weil er in einer Rolle nicht wieder zu erkennen ist oder großen Körpereinsatz mitbringt. Im besten Fall führt dieser Ansatz zwar zu spannenden Filmografien wie der von Gary Oldman. Viel öfter drängt sich das Spiel durch falsche Nasen, Akzente und die schwankende Körpermasse so stark in den Vordergrund, dass die Bemühung um Authentizität nur zu größerer Künstlichkeit führt. Bei den diesjährigen Oscars offenbarte sich diese Vielfalt. Daniel Day-Lewis, fraglos der Meister des Method Actings im Filmbereich, wurde ebenso ausgezeichnet wie Christoph Waltz, der sich in Interviews vehement von der Methode distanziert.