Sind Luxuskinos die Zukunft des Filmeschauens?

15.09.2018 - 08:00 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Steht auf Luxus und Sekt: Der große Gatsby
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Steht auf Luxus und Sekt: Der große Gatsby
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Es gibt in Deutschland immer mehr Luxuskinos. Könnten sie den Multiplexen den Rang ablaufen? Warum wirken sie so anziehend selbst auf Menschen, die sonst nicht ins Kino gehen?

Bei der Aktion Deutschlands Lieblingskino 2018 feiern wir Kinos als heilige Orte, die unter intimsten Bedingungen die Berührung zwischen Zuschauer und Film herstellen. In der Realität wird von Kinos und Kinobetreibern inzwischen viel mehr erwartet. Die Rahmenbedingungen, das Geschehen um einen Film herum ist ein wichtiges Glied in der Wertschöpfungskette eines Kinofilms. Luxuskinos gestalten den Kinobesuch zum Wohlfühl-Event um und grenzen sich dabei bewusst ab von Multiplexen, die viel (eimerweise Popcorn, literweise Cola, Blockbuster mit Überlänge) für viel Geld anbieten. Manche Luxuskinos bieten ausdrücklich - als Distinktionsgeste - gar kein Popcorn mehr an. Stattdessen gibt es Begrüßungssekt, Weißwein, Käseplatten, vielleicht noch Studentenfutter, wenn das Geld knapp ist. Weiter unten könnt ihr über euer #Lieblingskino2018 abstimmen.

Luxuskinos als Gegenbewegung zum Multiplex - und zum Heimkino

Großkinos mit vielen Sälen - Multiplexe - entstanden in den späten 70er-Jahren in Nordamerika, nachdem Hollywood die ersten Blockbuster produzierte und sich der Filmgeschmack des Publikums verfeinerte. Multiplexe bündelten die auseinanderfließenden Vorlieben in breiten Programmen. Luxuskinos sind eine distinguierte Variation dieses Modells und reagieren auf die Eigenheiten der Multiplexe mit einem exakten Gegenentwurf. Wo im typischen Multiplex-Saal die Zuschauer eng gedrängt auf schmäleren Sitzen platz nehmen, will das Luxuskino mehr Komfort bieten. Das heißt: mehr Platz zum schnaufenden, hochschreckenden, kichernden, schwitzenden, kauenden, nun ja, lebenden Sitznachbarn und mehr Raum im Beinbereich für die so dringend nötige Blutzirkulation zwischen Hüfte und Zehen. Der Zuschauer muss nicht fürchten, beim Rückenkratzen den Popcorn-Trog des Sitznachbarn umzustoßen. Jeder hat eine private Knautschzone um sich herum.

Avatar - Einer der größten Kinoerfolge der letzten Jahre

Kurzum, das Luxuskino bemüht sich darum, seinen Besuchern so weit wie nur irgend möglich Heimkinobedingungen zu bereiten - bei allen technischen Vorzügen eines hochentwickelten Kinosaals und noch mehr. In grelle Begriffe gekleidete Neuentwicklungen wie Dolby Atmos, der breitschultrige Zwilling von Dolby Surround, und Maximum 3D gehören zur Grundausstattung eines Luxuskinos, ebenso der verstellbare Sessel.

Luxuskinos vs. Heimkino vs. Multiplex

Der Gedanke soll beim potentiellen Besucher gar nicht erst aufkommen, sein popeliges Heimkino könne der Ausstattung des Luxuskinos auch nur annähernd das Wasser reichen. Auf der selben Genießer-Welle surft die häufig im Luxuskino angebotene Am-Platz-Bedienung, die es so, hoffentlich jedenfalls, zu Hause nicht gibt. Man gönnt sich im Luxuskino, lässt es sich mal so richtig gut gehen und sich das auch was kosten.

Der "besondere" Kinobesuch

Angesprochen werden von Luxuskinos vor allem (natürlich nicht nur) Besucher, die selten häufiger als einmal im Jahr ins Kino gehen, also der Großteil der immer kleineren ausschöpfbaren Zielgruppe in Deutschland. Der Erfolg der Luxuskinos ist damit auch eng verzahnt mit einer Entwicklung im Blockbusterkino, die etwa so lange dauert, wie es Luxuskinos gibt: Das Blockbusterkino produziert teure Tentpoles, die ein Vielfaches mehr kosten und ein Vielfaches mehr einspielen (sollten) als andere Filme eines Studios. Die aufwendige Fertigung eines Blockbuster muss sich für das Studio lohnen. Die Logik hinter einem Luxuskino-Besuch ist dieselbe: Ein (Luxus)Kinobesuch mit allem drum und dran ist teuer. Er muss sich für den Konsumenten lohnen, die Anfahrt gerechtfertigt sein, der Film muss abliefern - und das Kino eben auch. So sprechen Luxuskinos auch die wertvollste Zielgruppe überhaupt an, die nämlich, die sonst gar nicht (mehr) ins Kino geht.

Luxuskinos argumentieren gegen das Heimkino und dulden es gleichzeitig als natürliche Ergänzung in der Konsumlebenslinie von Filmen. Wenn in diesem Kampf einer verdrängt wird, dann wohl noch das Multiplex. Gerade in ländlichen Räumen entstehen immer häufiger Luxuskinos , in deutschen Großstädten wie Köln, Hannover und Berlin gibt es sie schon länger. Die Kinos als Freizeit-Einrichtungen innerhalb der kulturellen Infrastruktur einer Region stehen vor einer wichtigen Selbstbefragung. Was wollen sie sein: Massenabfertigung? Kulturtempel? Begegnungsorte? Die Frage beginnt und endet mit dem Konsumenten: Was erwartet der Kinobesucher vom Kino? Was erwartet ihr vom Kino?

Denk daran, für dein Lieblingskino abzustimmen!

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