Pedro Almodóvar zeigt sich ungewohnt kühl

20.05.2011 - 09:30 Uhr
Antonio Banderas in Die Haut, in der ich wohne
Pathé Films
Antonio Banderas in Die Haut, in der ich wohne
2
3
Pedro Almodóvar hat sich mit seinem neuesten Werk in ungewohntes Terrain vorgewagt und einen Horrorfilm gedreht. Der Chirurgie-Thriller Die Haut, in der ich wohne, erntet bei den Kritikern nach seiner Premiere in Cannes dennoch eher lauwarme Resonanz.

Pedro Almodóvar ist ein alter Bekannter beim Festival Cannes. Zuletzt hat er dort 2006 mit Volver – Zurückkehren großen Erfolg gefeiert. Wir kennen den spanischen Filmemacher bisher nicht gerade für düstere Thriller. Denn seine verschachtelten Erzählungen sind trotz melancholischer Anklänge meist ziemlich farbenfroh. Mit dem diesjährigen Festivalbeitrag Die Haut, in der ich wohne scheint Pedro Almodóvar das ändern zu wollen.

Für Daniel Kothenschulte ist die Geschichte über einen skrupellosen Schönheitschirurgen, der Menschenexperimente durchführt, “der kühlste seiner Filme.” Kothenschulte erläutert seine kritische Haltung weiterhin: “Natürlich ist dieser Eindruck bereits angelegt im stilisierten Design und der hellen Ausleuchtung, die sich den visuellen Klischees des schattig-dunklen Horrorkinos entgegenstellt. Das Ergebnis jedoch ist eine beklemmende Ferne von den Figuren, wie man sie gerade bei diesem so lebensverbundenen Regisseur bedauern muss.”

Auch Sennhauser stört sich an der Sterilität von Die Haut, in der ich wohne: “Die Ausstattung ist prächtig, die Schauspieler präsent, aber die ganze Pulp-Geschichte mit ihren eben so unwahrscheinlichen wie mittlerweile vorhersehbaren Wendungen hat mich kalt gelassen. Was einst ironisch wirkte, Trash als Kunst, perfekt inszeniert und ausgeleuchtet, wirkt heute erschreckend humorlos und verbissen.” Er sieht den Film als vergeblichen Versuch von Pedro Almodóvar, “zu seinen wilden, schockierenden Anfängen zurückzukehren.”

Susan Vahabzadeh sieht Die Haut, in der ich wohne nicht als typischen Pedro Almodóvar, lobt jedoch den Einfallsreichtum und die zahlreichen Denkanstöße, die die Story auch mittels Filmzitaten liefert. Die Arbeit überzeugte sie vor allem durch die Charakterzeichnung: “Es geht um einen traurigen Frankenstein und sein wunderschönes Monster. Ein Horrorthriller, sagt Almodóvar – spannend wie ein Thriller ist Die Haut, in der ich wohne allemal, der Schrecken aber ist subtil. Wenn Almodóvar Bösewichter zeichnet, haben sie immer noch ein menschliches Antlitz.”

Wie viele Kritiker stellt auch Catherine Shoard den Bezug von Pedro Almodóvars neuestem Werk zu Les Yeux Sans Visage von Georges Franju her. Sie betont darüber hinaus die wissenschaftskritische Seite des Thrillers mit Antonio Banderas in der Hauptrolle. In ihren Augen ist der Film “ein klassisches Almodóvar-Melodrama, das schwarzen Humor, klebrigen Sex, stark farbige Einrichtungen und Überlegungen zum männlichen Verlangen vermischt.” Mit dieser Auffassung steht Shoard allerdings eher allein da.

Insgesamt sind die englischsprachigen Kritiker Pedro Almodóvars Arbeit gegenüber eher wohlgesonnen. Zwar attestiert auch David Gritten der Erzählung, sie “ist keineswegs so schrill, wie sie einmal war.” Aber er hat das Werk eines gereiften Künstlers gesehen. Pedro Almodóvar “hat seine Fähigkeiten bis zu einem Punkt verfeinert, an dem die Seifenopern-Elemente sich elegant in ein komplexes Ganzes fügen.”

Einen täglichen Pressespiegel zu Filmfestival Cannes findest du auf film-zeit.de.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News