Der Streit zwischen den Veranstaltern der Filmfestspiele von Cannes und den Verantwortlichen des Streaming-Dienstes Netflix ähnelt allmählich einer Kabbelei zwischen bockigen Kleinkindern. Im April 2018 wurde bekannt gegeben, dass Produktionen des VoD-Anbieters künftig nicht mehr im Wettbewerb des prestigeträchtigen Festivals gezeigt werden. Aber weder theoretisch noch praktisch hält dieses Verbot Netflix davon ab, die Rechte an Cannes-Filmen zu einem späteren Zeitpunkt zu erwerben.
Wie nun Variety berichtet, denken die Führungskräfte des US-Unternehmens darüber nach, die Rechte an Asghar Farhadis neuem Drama Everybody Knows zu erwerben, was eigentlich nicht allzu ungewöhnlich wäre, würde es sich bei dem Werk nicht "zufällig" um den Eröffnungsfilm der diesjährigen Filmfestspiele von Cannes handeln.
Das steckt hinter dem Cannes-Netflix-Streit
Netflix ist bekannt dafür, die meisten seiner Produktionen nicht ins Kino zu bringen - den vielversprechendsten Filmen ist allenfalls ein limitierter Release in den USA und/oder China vergönnt. Jene Politik stößt den Cannes-Chefs sauer auf. Eine Rolle bei der Verbannung von Netflix-Filmen aus Cannes spielte insbesondere das
französische Gesetz der Kulturellen Ausnahme, wonach ein
Prozentsatz von allen Einkünften aus Kino, Heimkino, Streaming etc. der
Unterstützung des französischen Filmbetriebs dient. Besagtes System wird von Netflix umgangen. Hinzu kommt, dass in Frankreich
zwischen dem Kinostart und der Auswertung eines Werks auf einem Abo-Streaming-Dienst 36 Monate
liegen müssen.
Noch 2017 waren Netflix-Produktionen im Wettbewerb von Cannes
zugelassen. The Meyerowitz Stories und Okja etwa feierten damals ihre
Kinopremiere.
Außer Konkurrenz dürfen Netflix-Filme in Cannes weiterhin gezeigt
werden, doch daraufhin haben wiederum die Netflix-Verantwortlichen keine Lust.
Netflix hat in Cannes weiter die Finger im Spiel
Netflixs Inhalte-Chef Ted Sarandos wies gegenüber Varitey darauf hin, dass viele Filme, die in Cannes Premiere feiern, noch keinen internationalen Verleih vorweisen können und der VoD-Gigant daher an der Croisette durchaus die Fühler ausstrecken will. Einen Film nach dem Start des Festivals zu erwerben, verstößt schließlich nicht gegen die Auflage aus Cannes. Angeblich hat Netflix neben Asghar Farhadis Eröffnungsfilm sogar Interesse an weiteren Werken aus dem diesjährigen Wettbewerb. Offizielle Angebote wurden bis hierhin aber noch nicht unterbreitet. Gleichzeitig sei erwähnt, dass Netflix im Fall von Everybody Knows voraussichtlich nur die US-amerikanischen Vertriebsrechte kaufen kann, da der Film in vielen anderen Ländern bereits einen Verleih gefunden und einen Kinostart erhalten hat. In Deutschland kommt der Film etwa am 27.09.2018 in die Kinos, vertrieben von Prokino (FOX).
Die Hauptrollen in Everybody Knows spielen Penélope Cruz und Javier Bardem. Cruz verkörpert im Film die Spanierin Carolina, die es nach einem Aufenthalt in Argentinien wieder in ihre Heimat zieht. Dort begegnet sie mit Paco (Bardem) einem alten Bekannten wieder, mit dem sie einst ein enges Verhältnis verband.
Hier lest ihr, wie es in Cannes (fast) ohne Netflix-Beteiligung läuft.
Netflix bleibt an Cannes dran - was haltet ihr davon?