Netflix kann einpacken: Eine der besten Serien des Jahres versteckt sich ganz woanders

16.06.2021 - 14:00 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
Mare of EasttownHBO
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Netflix überschüttet uns mit einer Masse an neuen Serien, doch selten ist ein großer Wurf dabei. Eine der bisher besten Serien 2021 versteckt sich bei Sky und wartet mit einer fabelhaften Kate Winslet auf.

Eine der besten Serien des Jahres beginnt mit einem Mord. Das ist keine besonders außergewöhnliche Prämisse – an Krimis mangelt es in der TV-Landschaft wahrlich nicht. Dennoch fesselt Mare of Easttown ab der ersten Minute. Die neue Krimiserie mit Oscar-Preisträgerin Kate Winslet in der Hauptrolle ist hierzulande bei Sky zu sehen und entwickelt mit ihren kühlen Bildern einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann.

Mare of Easttown könnt ihr bei Sky Ticket streamen

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Zu Sky

Keine der aufwendigen Blockbuster-Serien von Netflix konnte in den vergangenen Wochen mit dieser Sogkraft mithalten. Der US-Sender HBO (Game of Thrones, Watchmen) hat sich auf seine größte Stärke besonnen und ein Drama geschaffen, das durch spannende Figuren und eine aufwühlende Geschichte fesselt. Im Gegensatz zu den überhasteten Streaming-Produktionen ist es ein Genuss, zu erleben, wie sich die Handlung von Mare of Easttown entfaltet.

In Mare of Easttown versteckt jeder ein Geheimnis

Im Mittelpunkt der Ereignisse befindet sich die Ermittlerin Mare Sheehan (Kate Winslet). Sie führt uns durch die Straßen der titelgebenden Kleinstadt, die auf den ersten Blick sehr ruhig, geradezu verlassen wirkt. Auch wenn kein Schnee liegt, ist der Winter in jeder Einstellung spürbar. Die Menschen ziehen sich in ihre Häuser zurück, doch nicht nur aufgrund der Wärme. Jeder versteckt hier Geheimnisse. Und dann wird die Leiche einer jungen Frau gefunden.

Hier könnt ihr den Trailer zu Mare of Easttown schauen:

Mare of Easttown - S01 Trailer (Deutsch) HD
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Mitunter wirkt Mare of Easttown, als würden wir in eine Twin Peaks-Variation eintauchen, aus der all die übernatürlichen Elemente verschwunden sind. Ein großer Unterschied existiert allerdings: Im Gegensatz zu Dale Cooper, der als Außenseiter in das geheimnisvolle Twin Peaks kommt, um einen Mord aufzuklären, ist Mare tief im gesellschaftlichen Leben von Easttown verankert.

Eine Trennung zwischen Berufs- und Privatleben ist unmöglich. Der junge Ermittler Colin Zabel (Evan Peters) merkt an einer Stelle zu Recht mit irritiertem Ton an, ob es in dieser Stadt überhaupt eine Person gibt, die Mare nicht kennt. Entsprechend knifflig wird ihr Arbeitsalltag, wenn sich ihr halber Freundeskreis im Verhörzimmer wiederfindet.

Sorgfältiger erzählt als jede Netflix-Serie dieses Jahr

Es ist einer der größten Reize dieser Serie, die im Lauf ihrer sieben Episoden immer komplexer wird. Wir schauen Mare dabei zu, wie sie sich durch die verschiedenen Schichten ihres Lebens manövriert und keine klaren Trennlinien einführen kann. Früher oder später läuft alles zusammen, sei es im Wohnzimmer oder auf dem Polizeirevier. Dramaturgisch ist das extrem spannend: Wann zerbricht diese Frau?

Unermüdlich hageln Herausforderungen auf sie ein: Mare hat bereits das Vertrauen der Bevölkerung verloren, weil sie das Verschwinden eines Mädchens vor einem Jahr nicht aufklären konnte. Sie ist geschieden und lebt gemeinsam mit ihrer Mutter (Jean Smart), ihrer Tochter (Angourie Rice) – und ihrem Enkel (Izzy King). Denn ihr Sohn (Cody Kostro) hat sich das Leben genommen, seine Frau (Sosie Bacon) ist drogenabhängig.

Mare of Easttown

Das ist viel Stoff für eine traumatisierte Figur. Vielleicht sogar zu viel: Kate Winslet kann gar nicht oft genug an ihrer E-Zigarette ziehen, um den Schmerz zu unterdrücken, der sie beschäftigt. Serienschöpfer Brad Ingelsby beutet Mares Trauma jedoch nicht aus. Stattdessen versucht er, durch eine wendungsreiche Geschichte herauszufinden, was die Ermittlerin sowie die anderen Menschen in Easttown bewegt.

Enthüllungen und Twists sind somit kein Selbstzweck, sondern stehen im Zeichen des Erzählten. Zugegeben: Diese Offenbarungen sind oft ein Schock. Mindestens genauso oft treten sie aber als entscheidendes Zahnrad auf, das klick macht, um das wahre Ausmaß des verzwickten Kriminalfalls zu zeigen. Mare of Easttown ist voll von diesen großartigen Augenblicken, die das Drama gleichzeitig vergrößern und verdichten.

Die Serie ist deutlich sorgfältiger erzählt als viele der gegenwärtigen Netflix-Produktionen. Diese wirken unausgereift und in ihrem Binge-Modus gefangen, anstelle sich geduldig zu entwickeln. Mare of Easttown hingegen vermittelt den Eindruck, Ingelsby wäre wieder und wieder über seine Drehbücher gegangen, um selbst den unscheinbarsten Szenen etwas abzugewinnen, das uns ein tieferes Verständnis für die Einwohner:innen der Kleinstadt ermöglicht.

In Mare of Easttown könnt ihr Kate Winslet neu entdecken

Der größte Argument für die Serie ist jedoch ganz klar Kate Winslet und ihre gebeutelte Heldin. Mare wird als Polizistin in Situationen gebracht, in denen sie Menschen befragen muss, die sie ihr Leben lang kennt und mit denen sie auch privat zu tun hat. Ein Balanceakt, der selbst nach sieben Episoden nicht langweilig wird und Winslet zahlreiche Möglichkeiten bietet, ihr Können unter Beweis zu stellen.

Mare of Easttown

Man kann die Erschöpfung in Winslets richtig Gesicht sehen, aber auch das Pflichtgefühl und den Ehrgeiz, der aufblitzt, wenn Mare erkennt, dass kein Weg an einer unangenehmen Konfrontation vorbeiführt. Nicht weniger beeindruckend sind die Momente, in denen sie sichtlich keine Nerven hat, sich auf das nächste Streitgespräch einzulassen – und das auch nicht versteckt.

Winslet feilt an einer vielschichtigen Frau, die Grenzen überschreitet und Widersprüche in sich vereint. Ohne die zweiten Chancen, die ihr andere gewähren, wäre Mare aufgeschmissen. Und dennoch besitzt sie etwas absolut Verblüffendes: In einer Gemeinschaft, in der sich keiner traut, die Wahrheit zu sagen, um nicht noch mehr Staub aufzuwirbeln, traut es sich Mare genau das, auch wenn es wehtut.

HBO hat uns in den vergangenen Jahren einige Prestigedramen gebracht, die mit Hollywoods A-Riege aufgepeppt wurden. Big Little Lies ist das beste Beispiel dafür. Selten aber ist ein bekannte Schauspielerin dermaßen mit dem Setting verschmolzen wie Kate Winslet. In Mare of Easttown ist sie als Star quasi unsichtbar. Es ist eine großartige Möglichkeit, sie als Schauspielerin neu zu entdecken.

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Habt ihr schon einen Blick in Mare of Easttown gewagt?

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