Lost in Translation - Leise Flucht in das, was uns ausmacht

25.07.2011 - 08:50 Uhr
Aktion Lieblingsfilm: Lost in Translation
Constantin Film/moviepilot
Aktion Lieblingsfilm: Lost in Translation
27
37
Lost in Translation hat es einem moviepilot-User wahrlich angetan. In den höchsten Tönen schwärmt er in seinem Lieblingsfilm-Text von Sofia Coppola und ihrem Meisterwerk.

Der Alltag kann einem manchmal schon den letzten Nerv rauben, gerade in den heutigen von
Stress und Hektik dominierten Zeiten. Wer nicht aufpasst, verliert sich da ganz schnell selbst, nur um sich ebenso plötzlich im traurigen Niemandsland wiederzufinden, in dem Eintönigkeit und Tristesse den Takt angeben.

Wie schön ist es doch, dass uns das Kino einen Ort schenkt, der uns täglich die Möglichkeit bietet, in fremde Welten zu entfliehen und so den Alltag für wenige Stunden einmal komplett auszusperren. Noch schöner wird die Chose, wenn uns gewahr wird, dass wir mit unseren Problemen nicht alleine dastehen und auch in der Welt der bewegten Bilder zuweilen ganz alltägliche Hürden das Leben der Protagonisten zu bestimmen drohen, fernab von Alieninvasionen und dem üblichen Hollywoodbombast.

Der Film, der mich im Kino bisher am meisten hinsichtlich dieser Thematik beeindruckt hat,
ist Sofia Coppolas filmische Reise in ungewohntes Terrain, Lost in Translation.
Ein Film der leisen und manchmal auch gar keinen Töne, der trotzdem in jeder einzelnen
Sekunde den richtigen Ton anschlägt, während er zwei Menschen auf dem kurzzeitigen
Ausbruch aus ihrem bisherigen Leben begleitet. Eine zeitlich begrenzte Flucht in ein neues, ungewohntes Dasein, das neue Erfahrungen, Eindrücke und auch eine tiefe Freundschaft zutage fördert, bevor am Ende zu Hause wieder der bekannte Alltag vor der Haustür wartet.

Das hat mich damals ehrlich gesagt zunächst verwundert. Wollten wir nicht gerade noch
dem Alltag entfliehen und uns entführen lassen? Stattdessen werden wir nun schon vor
Erklingen des Abspanns nonchalant wieder auf den harten Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Doch die anfängliche Verwunderung wich recht schnell der allzu deutlichen Erkenntnis,
dass Lost in Translation gar nicht besser hätte inszeniert werden können. Warum?
Weil Coppolas Rundreise durch die fremde Metropole, so schön sie durch die gewählte Art
der Präsentation auch sein mag, sich wahrlich keiner rosaroten Illusion hergibt. Mit bitterer Konsequenz gelangen die Protagonisten am Ende nämlich an den alles entscheidenden Punkt, der nicht nur ihnen, sondern auch uns eindringlich bewusst macht, dass das Leben nicht immer einfach ist und manchmal schlicht und ergreifend zwischen zwei Menschen steht. Aber es gibt ihn dennoch, den zumindest kurzzeitigen Ausweg hieraus. Und man sollte einfach bereit sein, ihn zu gehen, ohne an das unvermeidliche Morgen zu denken, wonach alles auch schon wieder der Vergangenheit angehört.

Spätestens hier wusste ich, dass Kino nicht immer nur ein Ort sein muss, der einem eine heile Welt vorgaukelt. Im Gegenteil, führte mir ein kleiner bezaubernder Film plötzlich vor Augen, dass Kino auch das wahre, ungeschönte Leben zeigen und gleichzeitig eine gesunde Portion Lebensfreude nebst Optimismus transportieren kann. Wie das geht? Mit grundehrlicher, gleichzeitig zutiefst menschlicher Herangehensweise, die sich nicht etwa dadurch auszeichnet, dass sie auf ihre opulenten Schauwerte und ein Multimillionen-Dollar-Budget baut, sondern sich im Kern vielmehr auf das wirklich Wesentlichste beschränkt. Und was, wenn wir ehrlich sind, kann für uns alle wohl wesentlicher sein als das Leben als solches?

Ich war wirklich überrascht. Denn mit einem Mal wirkte das so minimalistisch erscheinende
Drehbuch viel tiefschürfender, als ich mir zunächst eingestehen wollte. Der Grund dafür war nun einfach auszumachen: Die von Bill Murray und der blutjungen Scarlett Johansson verkörperten „Ausbrecher“ lebten einfach und erfuhren durch die Schauspieler so ein ganz und gar einzigartiges Gesicht, das in beeindruckender Form einem nicht einmal explizit geäußerten Wunsch umso deutlicher Ausdruck verlieh: dem Wunsch, das Leben zu genießen. Ohne viel des gesprochenen Wortes, meist nur durch die unumstößliche Kraft der Bilder. Eine derartige Meisterleistung ist meiner Meinung nach in jüngster Vergangenheit nur noch dem kleinen Roboter namens Wall-E gelungen.

So verließ ich damals einerseits sichtlich berührt, andererseits aber rundum zufrieden den
Kinosaal, und wurde wieder Teil meines eigenen Lebens, in dem seither auch Sofia Coppolas
oscarprämiertes Meisterwerk einen festen Platz gefunden hat. Es gibt nicht gerade wenige, die es anders sehen, aber für mich ist Lost in Translation als Summe seiner einzelnen Teile bis heute immer noch genau das, was Kino auszeichnet. Danke für diese Erfahrung und Filmkunst in ihrer schönsten Form.


Sollte der Text euer Gefallen finden und ihr möchtet ihn gern in der weiteren Auswahl für die Jury sehen, dann drückt bitte auf den Button “News gefällt mir” unter diesem Text. Wir zählen am Ende der Aktion Lieblingsfilm alle moviepilot-Likes zusammen.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News