Im Zuge unseres Streaming-Themen-Specials wollen wir auch die Fans von Horrorfilmen nicht vernachlässigen. Wo finden sich die Klassiker des Genres? Wo findet man neue Indieperlen? Und wie zum Teufel weiß ich, ob der spannend klingende FSK-18-Titel ungeschnitten ist oder nicht? Das sind die dringlichen Fragen, die wir uns als Horrorfans stellen, wenn mal wieder der nächste Filmabend mit Freunden anrückt, draußen das herbstliche Mistwetter zum Gruseln einlädt oder Halloween vor der Tür steht. Der grundsätzliche Frage, ob Horror lieber in wuchtiger Kinoatmosphäre genossen werden sollte, werden wir im Zuge dieses Artikels einmal aus dem Weg gehen und konzentrieren uns voll und ganz auf den heimischen Film-Grusel.

Die harten Fakten
Doch wo kann ich überhaupt Horrorfilme streamen? Die drei größten Streaming-Anbieter in Deutschland sind Netflix, Amazon und Sky. Von diesen Dreien hat wahrscheinlich Amazon Prime Video die größte Auswahl an Horrorfilmen, die ihr über die Prime-Mitgliedschaft umsonst anschauen könnt. Eine Auswahl von über 1000 Titel überfordert zunächst den Horror-suchenden Filmfan. Doch wenn wir uns die Titel einmal genauer anschauen, stutzt sich die übergroße Auswahl direkt von selbst. Zahlreiche No-Budget-Produktionen und C-Movies nahm Amazon in letzter Zeit in sein Programm auf. Sortieren wir alle Produktionen aus, die nicht über eine deutsche Sprachfassung verfügen, bleiben wir bei einer überschaubaren Auslese von derzeit 160 Filmen, die von Amazon dem Horrorgenre zugeordnet wurden. Bei Netflix gestaltet sich die Suche nach dem Horrorgenre schon einfacher. Aktuell befinden sich knapp über 100 Horrorfilme im Programm von Netflix. Bei Sky Ticket lassen sich derzeit gerade einmal 69 Filme in der Kategorie Horror finden.

Doch nicht die Größe der Auswahl ist entscheidend. So fällt bei Amazon Prime Video stark ins Gewicht, dass sich sehr viele Trashfilme in der Kategorie Horror befinden und nur wenige aktuelle Titel vertreten sind. Trotzdem bietet Amazon eine große Auswahl an vielversprechenden und bekannten Horrortiteln der 2000er Jahre, die jedoch ein großes Problem mit sich bringen, auf das wir weiter unten noch eingehen. Zwar bietet Sky Ticket seinen Kunden die kleinste Auswahl der drei Streaming-Riesen, doch lassen sich hier auch aktuellere Titel und ein paar Klassiker des Genres finden. Im Vergleich mit Amazon Prime Video lassen sich wesentlich weniger bis gar keine Trash-Produktionen im Sortiment von Sky Ticket finden.

Die zwei Seiten der Netflix-Medaille
Netflix ist im Vergleich zu den beiden anderen Anbietern ein Sonderfall, wenn es um das Horrorgenre geht. Zahlreiche B-Movies und kaum aktuelle Horror-Blockbuster lassen sich bei Netflix aktuell finden. Trotzdem hat Netflix ein Alleinstellungsmerkmal, das sowohl Fluch als auch Segen ist. Als exklusiver Vertrieb und auch als Produzent enthält das Horror-Portfolio einige spannende Indieperlen, die sich bei anderen Anbietern nicht finden lassen. Der Nachteil ist jedoch, dass viele dieser Genre-Highlights nicht beworben werden und in der Masse des Gesamtsortiments für die meisten Fans gnadenlos unentdeckt bleiben. Lediglich die größeren Netflix-Eigenproduktionen werden prominenter herausgestellt und machen den größten Reiz des Streaming-Anbieters aus. Alleine im kommenden Herbst können sich Horrofans auf Netflix-Exklusivtitel wie die Stephen-King-Verfilmungen Gerald's Game und 1922 sowie auf McGs Horrorkomödie The Babysitter freuen.

Das Netflix des Horrors
Die bescheidene Auswahl der drei großen Streaming-Anbieter im Bereich des Horrorgenres kann jedoch durch kleinere Anbieter ausgeglichen werden, die sich speziell auf dieses Genre festgelegt haben. Im Frühjahr 2017 startete Amazon ein bereits in den USA etabliertes Konzept der Amazon Channels. Diese sind quasi einzelne Pay-TV-Kanäle, die jeder Nutzer einzeln buchen kann und anschließend Zugriff auf das komplette Filmprogramm des jeweiligen Anbieters hat. In Deutschland haben Nutzer über Channels die Möglichkeit, mittlerweile vier speziell auf Horror ausgerichtete Kanäle zu buchen. Diese sind Home of Horror, SyFy Horror, Full Moon Features und seit Sommer 2017 auch Shudder. Der Streaming-Anbieter Shudder könnte einigen Horrorfans bereits aus den USA und Großbritannien bekannt sein. Denn Shudder, das sich selbst als Netflix des Horrors bezeichnet, hat sein komplettes Streaming-Programm auf Horror, Thriller und weitere Genrefilme ausgelegt und vertreibt ähnlich wie Netflix exklusive Inhalte.

Das Besondere an Shudder sind die zahlreichen kuratierten Listen von verschiedenen bekannten Persönlichkeiten des Genres und die Einteilung in spezielle Unterkategorien der Subgenres des Horrors. In Großbritannien hielt Shudder zum Start über 200 Genrefilme bereit, von denen 80 % bei keinem anderen großen Streaming-Anbieter zur Verfügung standen, wie Screen Daily berichtete. Ein ähnlicher Umfang der Horrorauswahl könnte also auch für deutsche Hardcore-Grusel-Fans die herbeigesehnte Lösung im Streaming-Bereich sein. Derzeit kann eine Vorversion von Shudder über Amazon Channels gebucht werden, bevor Shudder als eigenständiger Streaming-Dienst in den nächsten Monaten in Deutschland starten wird. Viel ist über den Deutschlandstart von Shudder noch nicht bekannt. So konnten sich interessierte Genrefans bisher nur zu einer demnächst startenden Beta-Testphase anmelden.

Hat hier jemand die Schere angesetzt?
Doch bei den zahlreichen Anbietern und Massen von Titeln beschäftigt die Horrorfans immer wieder die Frage, ob die verfügbaren Filme auch alle ungeschnitten sind. Denn eine entsprechende Kennzeichnung, ob ein Horrorfilm gekürzt oder nicht ist, lässt sich bei keinem der genannten Anbieter finden. Besonders bei Amazon Prime Video fällt die Auswahl an gekürzten Titeln sehr groß aus. So stehen beispielsweise alle sieben Teile der Saw-Reihe auf Amazon Prime Video zur Verfügung, jedoch sind 5 von diesen nur geschnitten zu sehen. Auch bei Sky Ticket kann nicht darauf vertraut werden, dass ein angebotener Horrorfilm unzensiert ist. Beispielsweise ist der Hardcore-Horror Hostel: Part II im Programm von Sky Ticket Cinema erhältlich, jedoch nur in einer um mehrere Minuten gekürzten Fassung. Auch hier findet sich keinerlei Kennzeichnung.

Alte Probleme neu verlagert
Wie findet man also heraus, ob ein Film geschnitten ist oder nicht, um den nächsten Horror-Schocker ohne schlechtes Gewissen genießen zu können? In fast allen Fällen sind geschnittene Filme mit einer Altersfreigabe von 18 Jahren versehen. So sind Horrorfilme ab 12 oder 16 Jahren fast nie von Zensuren betroffen. Um sich trotzdem 100-prozentig sicher sein zu können, bleibt ein Vergleich zwischen der angegebenen und der originalen Laufzeit des jeweiligen Filmes nicht aus. Während es bei DVDs aufgrund der PAL-Geschwindigkeit noch etwas umständlicher war, hat sich im Bereich Streaming die allgemeine Bildfrequenz von 24 Bildern pro Sekunde als Standard erwiesen. Ob ein Film überhaupt zensiert wurde, kann man auf Webseiten wie Schnittberichte oder OFDB herausfinden. Auf der letzteren Seite sind meistens auch die Laufzeiten der verschiedenen veröffentlichten Fassungen eines Filmes einzusehen. Beispielsweise auf Amazon geben auch meist schon die Kommentare unter einem (geschnittenen) Horrorfilm Aufschluss darüber, ob es sich hier um gekürzte Filmware handelt.

Mit dem immer größer werdenden Streaming-Markt wird sich das Problem der geschnittenen Filme, welches Horrorfans bereits seit langem plagt, nur noch verschärfen. Denn eine wirkliche Alternative, legal an die ungeschnittene Fassung eines Films zu kommen, gibt es im Streaming-Bereich nicht. So war die bisherige Lösung für Fans des harten Horrors, ungekürzte Filme über das deutschsprachige Ausland zu erwerben. So entfaltete sich dort ein echter Nischenmarkt, den viele Verleiher und Vertriebe nutzen, um ihre Filme zwar ungeschnitten, aber meist auch zu höheren Preisen zu verkaufen. Fans, die auf eine deutsche Sprachfassung verzichten können, haben die Möglichkeit, einen geschnittenen oder indizierten Film beispielsweise über den Online-Handel aus Großbritannien zu beziehen. Nach dem Brexit könnte sich jedoch auch diese Alternative durch stärkere Grenzkontrollen als schwieriger erweisen.

Die Zukunft des Horrors
Streaming ist die Zukunft und bietet zu jeder Zeit eine riesige Auswahl an Filmen und Serien. Mit Anbietern wie beispielsweise Shudder können Fans aus einer riesigen Palette an Horror- und Genrefilmen auswählen. Doch gerade für deutsche Fans des Horrorgenres ist der Genuss der Film-Freiheit von einer grauen Wolke überzogen, die sich Jugendschutz nennt. Viele indizierte Filme stehen nur in geschnittenen Fassungen über die jeweiligen Anbieter zur Verfügung, ohne dass der Zuschauer darauf hingewiesen wird. Da dies jedoch nur einen kleinen Anteil des breiten Spektrums dieses Genres ausmacht, überwiegen die Vorteile der Vielfalt.

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