Legion Staffel 2 - Der Shadow King zeigt endlich sein wahres Gesicht

12.04.2018 - 10:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Legion: Die vielen Gesichter des Shadow Kings
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Legion: Die vielen Gesichter des Shadow Kings
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In Kapitel 10 von Legion ergreift Amahl Farouk das Wort, der Shadow King höchstpersönlich. Dabei kündigt die 2. Staffel der Marvel-Serie einen viel schlimmeren Bösewicht an.

Der Shadow King macht Spaß. Seine Opfer und David Haller würden vermutlich widersprechen, doch der "Arschloch-Parasit" (Wortlaut Syd) gehört zu den unterhaltsameren Schurken im aktuellen Superheldengeschäft. Mal erscheint er als grauenerrgendes gelbäugiges Monster, mal als verführerisch tanzende Aubrey Plaza, mal als charmanter Astraleiswürfelbewohner. In Kapitel 10 von Legion sorgt er für einen Angriff auf Division 3. Es ist prinzipiell klassisches Superhelden-Futter, nur hier aufbereitet wie ein geistesgestörtes Musical, in dem Menschen unbedarft pulverisiert oder verschweinert werden. In dieser 2. Folge der 2. Staffel können wir und David ihm nun erstmals Gesicht und Stimme zuordnen. Amahl Farouk, so sein echter Name, sitzt seiner früheren Behausung David Haller gegenüber. Sie liefern sich einen gedanklichen Rüstungswettlauf, inklusive Ringkampf und Panzerangriff. Navid Negahban spielt diesen Bösewicht dabei dermaßen lustvoll infernalisch, dass wir ihm und Farouk die Freude am Schurkenleben sofort abkaufen. Nun haben wir den Big Bad getroffen, doch die Folge setzt gleich nach und deutet einen Gegner an, der katastrophale Taten vollbringen könnte.

Mutanten, Kätzchen und der Shadow King in Kapitel 10 von Legion

Wie schon in der letzten Staffel wirkt Folge 2 etwas klarer und geradliniger als der Vorgänger. Letztes Jahr schien das Gefälle zwischen dem bizarr-surrealen Einstieg und der Konsolidierung jedoch wesentlich größer. Vielleicht verzeihe ich Kapitel 10 deswegen ein paar Problemchen. Die Autoren um Serienschöpfer Noah Hawley tendieren dazu, die Wege zu ihren spektakulären audiovisuellen Einfällen mit Wagenladungen Exposition zu pflastern. Auffälligstes Beispiel dieses Vorgehens war der Video-Chat nach dem Angriff auf das Division 3-Hauptquartier in Staffel 1. Im schlimmsten Fall kommt die Serie in solchen Moment quietschend zum Stillstand. In der neusten Folge von Legion wird das eleganter gelöst.
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Auffällig (und teils redundant) ist es aber schon, wenn Ptonomy (Jeremie Harris) im Auto erklären muss, was es mit den schnurrbärtigen Vermillions auf sich hat, gerade weil es eine ähnliche Situation schon zweifach im Staffelstart gab. Für eine Serie wie Legion ist es eine echte Herausforderung, die kleinen Momente zu meistern, die weder durch surreale noch durch sonstige Ausbrüche aufgepeppt werden können. Bei einem Gespräch wie jenem zwischen David (Dan Stevens) und Clark (Hamish Linklater) herrscht eine paranoide Grundstimmung. Ptonomy, der ebenso zu Zweifeln an Davids Geschichte neigt, wird hingegen als Expositionslaster genutzt. Es ist eine Kleinigkeit im Kontext einer insgesamt starken Folge, aber die Art und Weise wie die Legion-Autoren ihr Spektakel zusammenhalten - oder eben nicht - finde ich mindestens ebenso interessant, wie die Reisen durch den Geist von Mutanten, Parasiten und Kätzchen.

Die Autoren von Legion besitzen dank den betörenden visuellen Exzessen eine Art Schutzschild, nämlich die träumerische Atmosphäre der Serie. Aktionen können abrupt abgebrochen und durch ein bereitstehendes Set-Piece ersetzt werden. Der Zuschauer findet sich in der nächsten Szene wieder und kann sich an den letzten Traum nur noch flüchtig erinnern. Der Angriff auf Division 3 beispielsweise hört ebenso schnell auf, wie er begonnen hat, und wird sogleich durch einen weiteren surrealen Schock ersetzt: Carys Arm ragt aus Kerrys Brust. Überlegungen darüber, warum der Shadow King so oberflächlich sucht, sein Angriff viel Effekt und wenig Wirkung zeigt, verflüchtigen sich. Das hat weniger etwas mit dem alten Style-over-Substance-Vorwurf zu tun, sondern ist vielmehr Ergebnis der ambitionierten Kreuzung einer recht klassischen Serien-Erzählung (1. David erhält den Auftrag zur Ablenkung, 2. die Ablenkung, 3. der Angriff, 4. die Rückkehr zum HQ) mit der diffusen Struktur von Träumen, die der Linearität trotzen. Was nicht heißen soll, dass Noah Hawley, Ko-Autor Mark Halperin und ihr Team vom Vorwurf befreit sind, ihre visuellen Exzesse auszuleben, einfach weil ihnen danach ist. Aber genau das macht den Exzess ja aus: Er ist überflüssig. Gerade deswegen finden Action und Musical in Legion so harmonisch zusammen.

Ist der Big Bad der Staffel David selbst?

David ist von der Gewalt nach dem Angriff schockiert, die er mit zu verantworten hat. Mit großer Macht etc. pp. Die Allianz mit dem Shadow King auf der Suche nach dessen Körper und einem mysteriösen Mönch birgt ungeahnte Konsequenzen. Die alternative Timeline, die aus der Zukunft in Gestalt von Syd (Rachel Keller) auftaucht, jedoch ebenso. Da hat David dem Shadow King den Schädel eingeschlagen. Und danach? Eine offenbar globale Katastrophe und ein Schurke, der alle potenziellen Taten des Shadow Kings übersteigt. Syds Zögern, ihre Reaktion auf David zwischen den Fahrstühlen "außerhalb von Zeit und Raum" - alles deutet daraufhin, dass David selbst zum Schurken der Zukunft werden wird. Es wäre eine Ironie der Superheldengeschichte, wenn David ausgerechnet mit dem Shadow King arbeiten muss, um letztlich sich selbst zu retten. Ob wir Zukunfts-Syd oder Gegenwarts-David glauben können, ist eine ganz andere Frage. Die Schleimspur in seinem Zimmer in Division 3 verweist auf das Motiv der Verblendung, das in der ersten Episode ausführlich erklärt wurde.

Legion

In der für Legion ungewohnten Weite verleiht Regisseurin Ana Lily Amirpour (A Girl Walks Home Alone At Night) Kapitel 10 eine posierende Coolness, die an ihren letzten Western The Bad Batch erinnert. David trifft zum ersten Mal seinen ehemaligen Parasiten von Angesicht zu Angesicht, zumindest in der Astralebene, um den Deal um eine Bedingung zu erweitern. Niemand auf der Suche nach dem Körper zu schaden kommen. Der Shadow King trägt nun nicht das Gesicht von Lenny (Aubrey Plaza) oder Oliver (Jemaine Clement), sondern Clark-Gable-Bart, Bienenwaben-Brille und die Züge von Amahl Farouk. Er spricht Farsi, Französisch, Englisch und Deutsch, braucht aber keinen Colt, um David gegenüber zu treten. Statt des Griffs zum Holster gibt es ein imaginäres Duell der beiden Geistesgegner. Sie verwandeln sich in Ringer, schwingen Katanas, überbieten sich, bis ein Panzer von einer dunklen Wolke umfangen wird.

Legion zeigt, welches Potenzial noch im filmischen X-Men-Universum steckt, dessen Stiefkind die Serie zu sein scheint (Papi schaut nie vorbei). Anders gesagt: David muss sich nicht jedes Mal dramatisch an die Schläfe fassen, wenn er in die Geisteswelt einer anderen Person eintaucht (sorry, James McAvoy). Dass die Visualisierung von Superkräften in Legion nach zwei langen Jahrzehnten Superhelden-Boom und der Dominanz des Genres in Hollywood äußerst erfrischend wirkt, darf nun jeder auslegen, wie er will.

Zitat der Folge: "Endlich, wir tanzen." (Amahl Farouk)

  • "I can't shake the feeling that somehow I constructed it, the orb." (Cary!)
  • Wer oder was ist Miser Sunday?
  • Es gibt einen Strohhut-POV-Shot von Admiral Fukuyama!
  • "Am I dead in the future" - "It's complicated"
  • "Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away." (Philip K. Dick)
  • "We're the only animal on earth that goes mad."
  • "Are you familiar with the term collusion?"
  • Wo kann ich Amahl Farouks Brillengestell kaufen!?

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Die 2. Staffel von Legion läuft immer Mittwoch um 21:00 Uhr auf FOX in Deutschland und ist danach bei Sky Ticket  zu sehen.

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