Jodorowskys Dune - Der beste Film, den wir niemals sehen werden

15.02.2019 - 10:24 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Jodorowsky's DuneChris Foss/Sony Pictures Classics
Mache Filme, an denen lange gearbeitet wurde, erblicken nie das Licht der Öffentlichkeit. Besonders traurig ist das bei einem Projekt wie Dune von Alejandro Jodorowsky. Heute läuft auf arte die Doku darüber.

Update am 15.02.2019: Heute läuft um 21.45 Uhr die Dokumentation Jodorowsky's Dune von 2013 auf arte als deutsche Free-TV-Premiere. Dafür haben wir diesen wunderbaren Artikel von 2018 noch einmal herausgesucht. Hier der ursprüngliche Text:

Es gibt einige ambitionierte Filmprojekte, in deren Entwicklung talentierte und ehrgeizige Filmemacher zahllose Stunden ihrer Lebenszeit investierten, die aber dennoch nie über eine Kinoleinwand flimmerten. Unter anderem lag in Orson Welles' Schublade jahrelang ein von ihm verfasstes Drehbuch zu einer Adaption von Joseph Conrads Roman Heart of Darkness (auf dem auch Apocalpyse Now basiert) - doch finanzieren wollte das aufwendige Epos niemand. Ebenso erging es Stanley Kubrick mit einem Film über Napoleon Bonaparte, den er ab Ende der 1960er, kurz nachdem er mit 2001: Odyssee im Weltraum das Science-Fiction-Genre auf ein neues Level gehoben hatte, auf die Leinwand bringen wollte. Doch auch zu diesem Mammutprojekt, in dem bis zu 50.000 Statisten zur selben Zeit auf der Leinwand zu sehen sein sollten, fiel nie die erste Klappe.

Alejandro Jodorowsky

Niemals zu sehen gab es darüber hinaus auch Superman Lives von Tim Burton, der in den 1990er Jahren einen langhaarigen Nicolas Cage als stählernen Blitz etablieren wollte, und dass The Man Who Killed Don Quixote von Terry Gilliam wirklich existiert, glaube ich erst, wenn ich für den Film nach über 20-jähriger Produktionszeit tatsächlich ein Kinoticket kaufen kann (was ja noch in diesem Jahr der Fall sein soll). Doch das ambitionierteste und vielversprechendste Projekt, von dem wir nie auch nur eine einzige Szene sehen werden, ist die Dune-Verfilmung von Alejandro Jodorowsky (El Topo). Ab Mitte der 1970er Jahre scharte der Regisseur ein illustres Team talentierter Künstler aus der ganzen Welt um sich und wollte Frank Herberts 1965 erschienenen Science-Fiction-Roman Der Wüstenplanet als Epos nie dagewesenen Ausmaßes in die Kinos bringen.

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Der französische Filmemacher Frank Pavich rückte diese Geschichte 2013 mit seiner fantastischen Dokumentation Jodorowsky's Dune wieder ins Licht der Öffentlichkeit. Zum bevorstehenden 89. Geburtstag von Alejandro Jodorowsky am 17.02.2018, und bevor Denis Villeneuve sich bald an die staubigen Sets seiner Dune-Adaption begibt, möchte ich an dieser Stelle versuchen, meine Faszination bezüglich Jodorowskys Dune-Vision mit euch zu teilen und zu erklären, warum es der beste Film ist, den wir niemals sehen werden.

Die größten Künstler der Welt vereint

Mit seinem fiebrigen Acid-Western El Topo (1970) und dem surreal-grotesken Montana Sacra - Der heilige Berg (1973) machte sich Alejandro Jodorowsky in den frühen 1970ern einen Namen in der alternativen Filmszene. Viele Künstler zeigten sich begeistert von den surrealen und von bewusstseinserweiternden Substanzen beeinflussten Filmlandschaften, die der chilenische Regisseur zeichnete - unter anderem war John Lennon schwer begeistert von El Topo. Die gegenseitige Wertschätzung zwischen Jodorowsky und der Kunst- und Musikszene schlug sich schließlich sehr deutlich in dem Team nieder, das der Filmemacher um sich scharte, als er 1975 gemeinsam mit Produzent Michel Seydoux die Filmrechte an Frank Herberts Sci-Fi-Epos Dune erwarb.

Einer der größten Coups des Regisseurs: Pink Floyd, die absoluten Schwergewichte der damaligen Progressive-Rock-Szene, kannten und schätzten Jodorowsky, weshalb sie sich bereit erklärten, einen großen Teil des Soundtracks beizusteuern. Insgesamt sollten verschiedene Bands jeweils einen Planeten mit Musik untermalen, der Soundtrack des Films somit aus mehreren Stilen bestehen. Neben Pink Floyd hatte sich dazu auch schon die französische Band Magma bereit erklärt.

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Doch noch beeindruckender war der Cast, der vor die Kameras treten sollte. So wollte Jodorowsky niemand Geringeren als der weltberühmten surrealistischen Künstler Salvador Dalí, um die Rolle des verrückten Kaisers der Galaxis zu übernehmen. Der stimmte sogar zu - seiner exzentrischen Art entsprechend aber nur unter abstrusen Bedingungen. Unter anderem wollte er ausschließlich in Paris drehen und zudem der bestbezahlte Filmschauspieler aller Zeiten werden, was ein Gehalt von 100.000 Dollar pro Stunde bedeutet hätte. An seiner Seite sollten zudem noch Orson Welles, Mick Jagger, David Carradine, Udo Kier, Amanda Lear, Gloria Swanson sowie Brontis Jodorowsky, der zu Produktionsstart zwölfjährige Sohn des Regisseurs, zu sehen sein. Die vielleicht spannendste Besetzung aller Zeiten.

Ein völlig neuer Look

Doch nicht nur, was den Soundtrack und das Schauspiel angeht, versuchte Jodorowsky die größten verfügbaren Talente um sich zu scharen. Er wollte seinem Film unbedingt einen neuartigen, unverwechselbaren Look geben und holte deshalb keine etablierten Hollywood-Grafiker an Bord, sondern namhafte Künstler von außerhalb der Branche. So begann zunächst die Zusammenarbeit mit dem französischen Comiczeicher Jean Giraud alias Moebius, der mit über 3000 Zeichnungen Jodorowskys Drehbuch zu Dune bebilderte, woraufhin der Film zumindest auf dem Papier schon lebendig und anschaubar wurde. Für die Designs der Raumschiffe sicherte sich der Regisseur daraufhin noch die Mitarbeit des Briten Christopher Fuss, der zuvor Cover von Science-Fiction-Büchern illustriert hatte.

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Die größte Entdeckung war jedoch die des 2014 leider verstorbenen, schweizerischen Illustrators H.R. Giger. Dalí machte Jodorowsky mit dessen düsteren, morbiden und verstörend surrealen Zeichnungen bekannt, woraufhin Giger das Aussehen des Planeten Giedi Primus designte, auf dem der sadistische und äußerlich entstellte Baron Harkonnen (er sollte von Orson Welles verkörpert werden) regiert. Die vielen Bilder und Zeichnungen, die die drei Künstler anfertigten, lassen sehr gut erahnen, wie fantasievoll, bildgewaltig und detailverliebt Dune geworden wäre.

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Jodorowskys Dune: Scheitern und Erbe

1976 sah sich Alejandro Jodorowsky dann schließlich mit einem völlig aus dem Ruder gelaufenen Mega-Projekt konfrontiert: 2 Millionen der insgesamt 9,5 Millionen Dollar Budget waren bereits in die Vorproduktion geflossen, der Film steuerte zudem auf eine Gesamtlaufzeit von rund 14 Stunden zu. "Das Skript hatte die Größe eines Telefonbuchs", kommentierte Dune-Autor Frank Herbert dies später. Da Jodorowsky kaum zu Kompromissen bereit war und seinen Film nicht mehr auf Hollywood zuschneiden wollte, wurde die Produktion vom Studio schließlich endgültig gestoppt. All die Ideen, die Entwürfe und die Arbeit, die eine Gruppe kreativer Köpfe über mehrere Jahre hinweg geleistet hatte, schienen auf einmal nicht mehr als wunderschöne, aber vor die Säue geworfene Perlen zu sein.

Doch Jodorowskys Dune-Vision lebt weiter. Viel weniger durch die Verfilmung von 1984, die nach dem Verkauf der Filmrechte an Dino De Laurentiis von David Lynch übernommen wurde, als durch etliche weitere Produktionen: Das Drehbuch sowie Storyboards und Konzeptzeichnungen wurden an die großen Filmstudios versandt und inspirierten einige der großen Sci-Fi-Klassiker wie Krieg der Sterne und Terminator. Aber vor allem ein Film wäre ohne Jodorowskys Vorarbeit nicht derselbe: Ridley Scotts Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt (1979).

H.R. Giger vor seinen Illustrationen für Dune

Dan O'Bannon, der zuvor mit John Carpenter dessen Debütfilm Dark Star produziert hatte, sollte bei Dune für die Spezialeffekte zuständig sein. Nach dem jähen Ende der Produktion fiel er in ein tiefes Loch, war pleite und wohnte bei seinem Freund Ronald Shusett. Doch genau in dieser Zeit kam ihnen die Idee zu Alien, woraufhin sie das Drehbuch zum Klassiker verfassten. Für den Look des Films wandte sich O'Bannon dann zudem an drei alte Bekannte: H.R. Giger, Moebius und Christopher Fuss. Das Grafiker-Dreigestirn entwarf daraufhin große Teile des Designs für Ridley Scotts Film. Vor allem Giger prägte mit dem von ihm entworfenen Look des Aliens sowohl das Science-Fiction- als auch das Horror-Kino nachhaltig - und erhielt dafür 1980 auch völlig verdient den Oscar in der Kategorie Beste visuelle Effekte.

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Mit Jodorowsky's Dune setzte Frank Pavich dem wahnwitzigen Projekt endlich das Denkmal, das es verdient. So können wir uns heute immerhin noch ein gutes Bild vom besten Film machen, den wir leider niemals sehen werden.

Welchen Film, der es nie in die Kinos geschafft hat, würdet ihr gern sehen?

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