Ich, Im Westen Nichts Neues & die verlorene Jugend

15.10.2013 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Im Westen nichts Neues
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Im Westen nichts Neues
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Im Westen nichts Neues ist auch 83 Jahre nach seiner Entstehung einer der wichtigsten und gleichzeitig zeitlosesten Antikriegsfilme. Daher schenke ich der Filmadaption von Erich Maria Remarques wahrscheinlich wichtigstem Werk mein Herz für Klassiker.

Erich Maria Remarque – Popstar und Intellektueller seiner Zeit. Lewis Milestone – russischer Emigrant und zweifacher Oscargewinner. Die Entscheidung von Letztgenanntem den wahrscheinlich wichtigsten Roman von Ernstgenanntem für die große Leinwand zu adaptieren, hat sich nicht nur als glücklich für den Regisseur herausgestellt, sondern auch für die gesamte Filmgeschichte. Daher vergebe ich mein Herz für Klassiker an einen der wichtigsten Antikriegsfilme, der sich den Präfix Anti- tatsächlich verdient haben. Die Rede ist von Im Westen nichts Neues aus dem Jahre 1930.

Paul Bäumer (Lew Ayres) ist Schüler eines deutschen Gymnasiums. Kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs herrscht im Land eine ungebrochene Kriegsbegeisterung. Lehrer Kantorek (Arnold Lucy) hält der Klasse einen Vortrag über die Vorzüge des Krieges und rät ihnen, sich zum freiwilligen Kriegsdienst zu melden. Für das Vaterland, aus Ehre und mit vollster Begeisterung und Siegeswillen leisten ihm die Jungen folge. Paul Bäumer landet an der Front und muss die Schrecken des Stellungskrieges und den Tod vieler seiner Kameraden aus erster Hand miterleben. Als er Heimaturlaub bekommt, stellt er mit Erschrecken fest, dass sich zu Hause nichts verändert hat und immer noch ungebrochene Kriegsbegeisterung herrscht, obwohl er sich doch so sehr verändert hat. Er hat das Gefühl nicht mehr hineinzugehören in das normale Leben. Er zählt sich zur verlorenen Generation ohne richtige Jugend und für immer vom Krieg gezeichnet.

Warum ich Im Westen Nichts Neues mein Herz schenke
Die Romane von Erich Maria Remarque haben heute nichts an ihrer Lesbarkeit eingebüßt. Bücher wie Der schwarze Obelisk, Drei Kameraden oder die Nacht von Lissabon zeichnen ein präzises Bild der Gesellschaft seiner Protagonisten. Der einfache, teils romantische und oft lakonisch witzige Schreibstil von Remarque trifft den Nagel auf den Kopf ohne sich in intellektuelle Sphären zu verlieren. Remarques Romane handeln von ganz normalen Menschen. Menschen wie du und ich, die das traurige Los gezogen haben, in Zeiten von Krieg und Elend aufwachsen zu müssen. Im Westen nichts Neues habe ich nicht, wie viele Generation vor mir, in der Schule Lesen müssen. Ich habe den Film und das Buch erst viel später entdeckt, nachdem mich Remarques andere Werke schon längst begeistert hatten. Vielleicht konnte ich sie deswegen mehr schätzen, da ich von der Schule nie gezwungen wurde, mich damit auseinanderzusetzen.

Der Film Im Westen nicht Neues ist von 1930 und deswegen für heutige Sehgewohnheiten vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig. Doch Milestone war ein Freund künstlerischer Kameraeinstellungen und vorausdeutendem Symbolismus, was den Film nicht nur inhaltlich, sondern auch ästhetisch interessant macht. So wirken manche Kameraeinstellungen überraschend modern. Milestone hat an vielen Stellen subtil mit Licht und Schatten gespielt, um über Charakteren Kreuze erscheinen zu lassen und so deren drohenden Tod vorauszudeuten. An einer Stellen ähneln die leeren Schulbänke Särgen. Weniger subtil ist das Symbol des Schmetterlings. Am Ende des Films flattert ein Schmetterling über den Schützengraben, in dem Paul liegt. Ein Symbol der Unschuld und der Schönheit, das im harten Kontrast zu der Kriegsszenerie steht. Als Paul den Kopf über den Graben hebt, um das Insekt zu beobachten, trifft ihn eine Kugel – tödlich. Auch an diesem Tag vermeldet die Presse Im Westen nichts Neues – Alles beim Alten. Lewis Milestone erhielt im Jahre 1930 den Oscar für die Beste Regie und den Besten Film. Eine Entscheidung, die ich voll und ganz nachvollziehen kann.

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