Ich, Angels with Dirty Faces & Chicago-Gangster

25.01.2013 - 19:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Angels with Dirty Faces
Warner / moviepilot
Angels with Dirty Faces
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Das heutige Herz für Klassiker geht an ein herausragendes Werk des Gangster-Genres, das trotz seines hohen Alters keinerlei an Qualität eingebüßt hat und immer noch mit Kopf und Schultern über jedem aktuellen Gangsterfilm steht.

Der Gangsterfilm gehört auch heute noch zu den beliebtesten Subgenres des Kinos, auch wenn er seinen Zenit sicherlich schon überschritten hat und nur noch gelegentlich einen sehenswerten Vertreter abwirft. Die Blütezeit hatte er in den 1930er und 1940er Jahren, was mit Sicherheit auch der damaligen politischen Situation in den USA geschuldet ist. Geziert mit den Gesichtern von Darstellern wie Paul Muni, Edward G. Robinson und allen voran James Cagney befand sich der Gangsterfilm ab den frühen 1930ern auf einem Siegeszug und ebnete den Weg für den Film noir. Das heutige Herz für Klassiker möchte ich einem meiner Lieblinge dieser Generation schenken: Angels with Dirty Faces aus dem Jahre 1938 und von Michael Curtiz inszeniert, hierzulande besser bekannt unter dem Titel Chicago (seinerzeit wurde der Film bei uns tatsächlich unter dem Namen Chikago vertrieben).

Warum ich Angels with Dirty Faces mein Herz schenke
Oberflächlich betrachtet erzählt auch Angels with Dirty Faces bloß eine Gangstergeschichte von vielen: Rocky Sullivan (James Cagney) und Jerry Connelly (Pat O’Brien) sind noch jung und verfallen dem Reiz der Kriminalität. Sie werden dabei erwischt, einen Güterwagen ausgeraubt zu haben und versuchen zu flüchten, was nur einer Hälfte des Duos gelingt. Rocky wird verhaftet, nimmt die Schuld jedoch allein auf sich und wird in eine Besserungsanstalt geschickt. Nach der Entlassung entwickelt er sich nach und nach zu einem der berüchtigsten Gangster der Stadt, während sein ehemaliger bester Freund Jerry einen anderen Weg eingeschlagen hat. Als Pastor versucht er, perspektivlose Jungs unter seine Fittiche zu nehmen, um sie von der Kriminalität abzuhalten. Seine Schützlinge sehen allerdings in Rocky ihr Idol.

Angels with Dirty Faces nimmt sich, anders als vor allem jüngere Genre-Kollegen, keineswegs den blanken Aufstieg und Fall seines Protagonisten als Handlungszentrum. Stattdessen zeichnet Michael Curtiz’ Film ein Bild der Armut, dass seine Kinder in einen Teufelskreis hineinzieht, ausgelöst von den großen Kriminellen, die für die jüngere Generation eine Vorbildfunktion einnehmen. Gewissermaßen als ein Appell an seine Zuschauerschaft, verzichtet Angels with Dirty Faces auf blankes Fingerzeigen und hinterfragt nicht nur das Handeln der Gangster, sondern auch das Nichthandeln des Bürgertums, das dem Geschehen tatenlos zusieht. Die Figur des Rocky Sullivan verkommt dabei glücklicherweise jedoch nicht zu einem eindimensionalen Sündenbock, sondern bekommt eine – vor allem im ergreifenden letzten Akt – eine facettenreiche Charakterisierung, die der großartige James Cagney natürlich problemlos übermitteln kann.

Whadda ya hear, whadda ya say?

Warum auch andere Angels with Dirty Faces lieben werden
Wie bereits angesprochen, geht Angels with Dirty Faces über die klassische Gangstergeschichte hinaus, sodass eine Affinität zu dem Genre nicht zwingend notwendig ist. In welchem Punkt sich jedoch alle Parteien einig sein dürften, ist die grandiose Performance von James Cagney als Rocky Sullivan. Selten hat es ein Schauspieler geschafft, als Gangster solch ambivalente Gefühle beim Publikum auszulösen. Sie pendeln von Abneigung über Sympathie bis hin zu Mitleid. In einer Szene würde ich ihm gerne kräftig die Meinung geigen und notfalls die Kauleiste zurechtbiegen (auch wenn ich diesen Kampf vermutlich verlieren würde), nur um kurz darauf das Gefühl zu bekommen, diesen armen Bengel kräftig in die Arme schließen zu müssen.

Diese einnehmende Performance bedeutet jedoch keineswegs, dass die anderen Charaktere zu kurz kommen. Denn gewissermaßen ist Father Jerry der größte Sympathieträger der Geschichte. Ein herzensguter Mann, der etwas gegen die Kriminalität und die Ausweglosigkeit der jüngeren Generation unternehmen möchte. Sein Zwiespalt ist auch unserer: Einerseits weiß er, dass Rocky keinen guten Einfluss auf seine Umgebung hat, andererseits ist er auch ein Freund, den er nicht verlieren möchte. Loyalität gegen moralische Werte, wie setzt er seine Prioritäten?

Always remember: Don’t be a sucker.

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