"Harry! Harry! Hast du einen Namen in den Feuerkelch geworfen?" Mit diesen Worten hat sich der vierte Teil der Fantasy-Saga für immer im Gedächtnis der Popkultur verewigt. Aufgebracht stürmt Hogwarts-Schulleiter Albus Dumbledore auf den Jungen, der überlebte, zu und zeigt sich gleichermaßen entsetzt wie in Sorge.
Aber Moment, wurde diese Szene in der Buchvorlage nicht ganz anders beschrieben? Sollte Dumbledore hier nicht einen ruhigeren Tonfall wählen? Wo sind Empathie und Weisheit des mächtigen Zauberers geblieben? Falls euch dieser Gedanken beim Schauen von Harry Potter und der Feuerkelch kam, liegt ihr goldrichtig.
Deswegen ist die harsche Dumbledore-Szene in Harry Potter und der Feuerkelch so umstritten
Seit dem Kinostart des Films diskutieren Fans über die Szene. Dumbledores Reaktion gehört in jeden gut sortierten Meme-Katalog. Ihr Unterhaltungsfaktor speist sich vor allem aus der Diskrepanz zwischen Film und Buch. Denn Harry Potter-Autorin J.K. Rowling wählt im Original folgende Formulierung für den ungewissen Augenblick:
'Did you put your name into the Goblet of Fire, Harry?' he asked calmly.
Das Schlüsselwort befindet sich ganz am Ende: "camly", was sich im Deutschen mit "ruhig", "sanft" oder "gelassen" übersetzen lässt. Von Gelassenheit kann im Film allerdings keine Rede sein. So erbost haben wir Dumbledore selten erlebt, gerade, wenn man noch die Märchenonkel-Version der Figur in Erinnerung hat.
Richard Harris, der Dumbledore in den ersten beiden Teilen verkörperte, hätte diese Textzeile vermutlich ganz anders vorgetragen. Michael Gambon, der den Part nach Harris' Tod übernahm, bringt deutlich mehr Härte und Kälte mit. Sein Dumbledore zeigt sich schon in Harry Potter und der Gefangene von Askaban von einer rauen Seite.
Für Fans ein großer Streitpunkt: Hat Gambon den Moment zu wirsch und übertrieben gespielt? Oder passt seine Darbietung zum düsteren Ton der Geschichte? Ein Blick in das Drehbuch von Steve Kloves gewährt ihm auf alle Fälle sehr viele Freiheiten bei der Interpretation. Dort ist nämlich von einem "camly" nichts zu lesen.
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Warum Michael Gambons Dumbledore-Reaktion im Kontext der Filmreihe trotzdem funktioniert
Zwar heißt es zu Beginn der Szene, dass eine "Tür aufgestoßen" wird und "Dumbledore hineinstürmt". Danach entfaltet sich der Dialog ohne nähere Einordnung, wie sich die Figuren verhalten. Regisseur Mike Newell wird seinen Cast bei den Dreharbeiten aber nicht zufällig so angeleitet haben, wie wir es jetzt im fertigen Film sehen.
Am Ende von Harry Potter und der Feuerkelch kehrt Bösewicht Lord Voldemort zurück – ein Ereignis, das die Zauberwelt für immer verändern soll. Dumbledores Dringlichkeit in der Szene wirkt, als wolle uns der Film darauf vorbereiten, dass die unbeschwerten ersten Schuljahre vorbei sind und jetzt der Ernst des Lebens beginnt.
Auch im Hinblick auf die Entwicklung der Figur ergibt Gambons Schauspiel durchaus Sinn. Mit jedem weiteren Teil verwandelt sich der Hogwarts-Schulleiter mehr in einen streitbaren Charakter, der im Kampf gegen das Böse fragwürdige Entscheidungen trifft. Seine harte Feuerkelch-Reaktion gibt uns gewissermaßen eine kleine Kostprobe.
Spätestens, wenn in Harry Potter und der Halbblutprinz die Suche nach den Horkruxen beginnt, lernen wir Dumbledore von einer abgründigen, geradezu gruseligen Seite kennen. Auch das Finale der Reihe wartet mit verstörenden Einblicken in das Leben der Figur auf, die erst ganz am Ende zu ihren ruhigen Wurzeln zurückkehrt.
Zuvor gibt es zumindest einen versöhnlichen Moment zwischen Harry und Dumbledore, wenn dieser am Ende von Teil 4 gesteht, dass er seinerzeit als Schüler die Bettvorhänge im Gryffindor-Gemeinschaftsraums in Brand gesteckt hat. Dass dieser Moment so stark ausfällt, liegt sicherlich auch am ungemütlichen Vorlauf im Film.
Harry Potter und der Feuerkelch feierte am 6. November 2005 seine Weltpremiere. Aktuell könnt ihr den Film bei Netflix, Prime, RTL+ und WOW im Abo streamen.