Fear the Walking Dead - Wir schauen Staffel 3, Folge 4

20.06.2017 - 09:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Angeschlagen, in Gefahr, aber endlich wieder da: Rubén Blades als Daniel Salazar.AMC
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Ruben Blades kehrt zurück. Eine halbe Staffel nach dem vermeintlichen Tod seiner Serienfigur zeigt Fear The Walking Dead in dieser Woche die Hintergrundgeschichte hinter dem wenig überraschenden Überleben von Daniel Salazar in einer überraschend guten Episode.

Der Tod von Daniel Salazar war ein enormer Verlust für Fear the Walking Dead. Rubén Blades besitzt eine einnehmende Präsenz auf dem kleinen Bildschirm, die seiner Figur eine Tiefe verleiht, die die zugehörige Hintergrundgeschichte vermissen lässt. Als er daher nach der Pause inmitten der 2. Staffel nicht zurückkehrte, musste noch keine Panik ausbrechen. Schließlich passieren die großen Reunions im Serienuniversum der Walker oft erst kurz vor oder in den Finalfolgen. Als sich die Geschichte jedoch gegen Ende der Staffel von Mexiko entfernte und es immer noch kein Lebenszeichen gab, war Sorge angebracht. Mit dem Verlust von Cliff Curtis verbleiben der Serie zwar noch viele fähige Schauspieler, die mit dem oft mittelmäßigen Material große Darbietungen geben. Doch ein Ausscheiden von Blades wäre dennoch sehr zu bedauern gewesen. Daniels Figur steckt zwar in der Vergangenheit fest, könnte aber für die Zukunft der Serie und der Entwicklungen in der Postapokalypse höchst spannend sein.

Daher ist es sehr erfreulich, dass Daniels Rückkehr bereits in der letzten Folge von Fear the Walking Dead angekündigt wurde. Im Umkehrschluss jedoch raubt dies wieder der Folge jegliche Spannung, da das Wissen um seine Ankunft am Staudamm und einen neuen Job innerhalb dieses Systems bekannt ist. Wie schön wäre es gewesen, wenn wir schlicht Daniels Reise von Celias Farm bis zu seinem Endpunkt in dieser Folge gefolgt wären - ohne vorheriges Wissen um seinen endgültigen Ankunftsort. Womöglich hätte Daniel auch in dieser ansonsten sehr hübsch inszenierten Bottle-Episode sterben können. Nach dem Tod von Travis wurde schließlich wieder betont, dass keine Figur sicher ist und die zweite Hälfte der letzten Staffel kam auch ohne ihn aus. Wieso also nicht einer Figur eine große Abschiedsfolge widmen und dann die Zuschauer überraschen, die ein Wiedersehen mit dem Rest der Gruppe für garantiert hielten?
Daniel kann seiner Vergangenheit nicht entfliehen.

Es soll nicht so sein. Fear the Walking Dead hat Pläne mit Daniel. Immerhin kann die Folge namens 100 (Die Anzahl der Menschen, so lernen Mathematikgenies gegen Ende der Folge, die Daniel getötet hat) in ihrer Dramaturgie überzeugen. Daniel mag vielleicht keine einzigartige oder hochspannende Figur ein, doch sie kann zumindest für eine Woche das Gewicht der gesamten Show auf ihren Schultern tragen, was sich sicherlich nicht für alle Figuren in der Serie sagen lässt. Ich freue mich zum Beispiel kein Stück auf die Folge, in der „endlich“ (AMC produziert gerade auf den Social Media Kanälen ein „Mem“) erklärt wird, was mit Daniels Tochter Ofelia passiert ist.

Daniel Salazar erinnert in großen Teilen an bekannte Charaktere wie zum Beispiel Sayid aus Lost. Getriebene Menschen, die schrecklichste Taten vollbracht haben, und in entrückten Zuständen plötzlich die Chance auf Vergebung oder Vergeltung haben. Daniel fordert in der Episode mehrfach nach Vergebung, erhält sie von Freunden, Bekannten und scheinbar auch Gott. Macht ihn das zu einem besseren Menschen? Sicherlich nicht, seine Taten bleiben bestehen, doch er geht zumindest persönlich mit einer Absolution in die Zukunft, die zu eventuell spannenden Entwicklungen führen kann.

Zu Beginn der Episode erfahren wir, dass Daniel sich gerade so aus der brennenden Farm retten konnte. Er trägt eine Verletzung am Bein davon, die ihn dazu zwingt, sich zu verstecken. Er trifft später auf den wirren Hipsterpriester Efrain, der ihn rettet und ihm in einer für Gore-Freunde ungewohnten Situation das verbrannte Fleisch vom Bein entfernt. Wie schön, dass auch mal das Make-Up Department für andere Zwecke als Zombiegedärme verantwortlich sein kann. Die beiden Männer freunden sich an, doch Daniel zieht alleine los. Er trifft natürlich auf Walker. Einen kann er besiegen, den größeren nicht. Er glaubt, seine Zeit ist gekommen. Auf Knien widmet er sich an Gott und lässt ihn über sein Schicksal richten, als im gleichen Moment ein Blitzeinschlag den Zombie trifft. Daniel ist gerettet. Die Szene ist in ihrer bedeutungsschwangeren Inszenierung natürlich total überdreht und mit Realismus brauchen wir in der Serie sowieso nicht erst anzufangen, aber die Idee alleine (und auch mal eine Episode nicht nur bei Tag oder Nacht und bei wolkenfreiem Himmel spielen zu lassen…) ist im Kontext der restlichen Episoden so abgefahren, dass ich sie nur feiern kann. Mehr davon, bitte! Das hat die Serie bitter nötig.
Erlösung durch Vergebung

Im Anschluss lässt sich Daniel den Fluss lang zum Staudamm treiben. Dort findet er Unterschlupf und kann sogar als Hausmeister Anschluss finden. Doch lange bleibt er nicht unentdeckt. Der fiese Bürgermeister Dante (Jason Manuel Olazabal) sieht in Daniel einen talentierten Handlanger, ausgebildet von der CIA, den er für seine Zwecke einsetzen kann. Daniel, der Efrain und die hilfsbereite Lola beschützen will, ist erneut ein Mitläufer in einem kapitalistischen System, das von oben herab aufgedrückt wird. Statt seinen Menschen zu helfen, befolgt er erneut fremde Befehle. Statt mit Geld wird nun mit Wasser gehandelt. Das System ist aber weiterhin von körperlicher und struktureller Gewalt definiert. Daniel erkennt dies an und – Drama, Drama! – bleibt zunächst in alten Strukturen gefangen, kann sich dann aber am Ende gegen den Tyrannen auflehnen, die Dissidenten vor einer Hinrichtung befreien und womöglich neue Strukturen in die Siedlung an den Damm bringen. Daniel kann die Vergangenheit nicht verändern, aber in der Zukunft sieht er Hoffnung. Wie schön, wenn man über die Serie das Gleiche sagen könnte.

Insgesamt bietet 100 nicht unbedingt das tiefgehende Drama wie andere Serien es Woche um Woche auf den Bildschirm zaubern, aber die Folge markiert einen deutlichen Schritt nach oben und das ist ein gutes Zeichen für eine strauchelnde Serie wie Fear the Walking Dead. Vielleicht wird Daniel bald erkennen müssen, dass guter Wille und pragmatische Umsetzung bei der Wasserversorgung doch nicht so leicht zu vereinbaren sind. Mit Problemen in der Führungsposition kennt Robert Kirkman sich ja aus. Weiterhin kommt Strand (Colman Domingo) ja auch noch aus seinem Käfig. Das dürfte spannend werden. Die beiden Handlungen auf der Farm und hier am Damm berühren sich aktuell nicht, haben aber immerhin in der Frage der Ressourcenverteilung ein gemeinsames Thema. Man muss dankbar sein für das, was man kriegt.


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