Exorzisten, Facebook & deine Rolle im Marketing

27.02.2012 - 09:05 UhrVor 13 Jahren aktualisiert
Devil Inside buhlte um Likes
Paramount
Devil Inside buhlte um Likes
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Dass das Internet mehr zu bieten hat als fiese Filmpiraten, wissen die Studios spätestens seit dem Erfolg von Blair Witch Project. Der neue Exorzistenreißer Devil Inside stürmte mit Hilfe von Facebook und Co. an die Spitze der US-Box Office.

Was ist eigentlich Devil Inside – Keine Seele ist sicher? Das wunderten sich viele Beobachter, als der minimal budgetierte Exorzistenstreifen am ersten Januar-Wochenende an die Spitze der amerikanischen Kinocharts stürmte. Um die 33 Millionen Dollar spielte der Found Footage-Horror ein und übertraf die Prognosen von 5-10 Millionen um ein vielfaches. Devil Inside kam ohne Stars aus, ohne originelles Konzept, ohne gute Kritiken und mit einem Budget von rund 1 Million Dollar. Was der Film dafür zu bieten hatte, war eine umfangreiche Marketing-Kampagne aus dem Hause Paramount, die auch vor Twitter, Facebook und Co. nicht haltmachte. Geschickt wurden die Social Media-Kanäle instrumentalisiert, so dass ein Paradebeispiel für die zukünftige Vermarktung von Filmen entstand.

TweetYourScream
Eine Nonne mit weißen Augen, ein Mädchen mit unnatürlich verrenkten Gliedmaßen. Die Poster-Motive für Devil Inside sind einfach, aber einprägsam. Ohne diese Form klassischer Werbung kam der Film nicht aus, weswegen sein Marketing-Budget wohl auch weitaus höher ausfällt, als das seiner Produktion. Doch anstatt einfach nur möglichst viele User/Passanten mit visuellen Reizen zu überfluten und darauf zu hoffen, dass sich an der Ticketkasse ein paar von ihnen an den Titel erinnern, wurden die potenziellen Kinogänger schon lange vor dem Kinostart über soziale Medien wie Twitter und Facebook zur Interaktion angeregt. Über die Mini-Review-Kampagne TweetYourScream wurde der Film als echter Schocker in ein Gesprächsthema verwandelt, der Hype um einen angeblich wahnsinnig gruseligen Streifen aufgebaut. In einer an Horrorfilmen armen Saison kam dies genau richtig, um in der Social Media-affinen Zielgruppe, all jenen Teens, die bei Facebook herumhängen und bereits Paranormal Activity zum Hit gemacht hatten, den neuen Exorzistenstreifen zum Thema zu machen.

Paranormal Activity, ebenfalls ein Horrorhit von Paramount, setzte 2009 Maßstäbe in Sachen Social Media-Vermarktung. Virale Kampagnen wie die scheinbar vom Joker gehackten Seiten von The Dark Knight waren zu diesem Zeitpunkt schon gang und gäbe. Paranormal Activity setzte jedoch einen Großteil seines Marketing-Budgets im Gegensatz zur Konkurrenz bei Facebook und Twitter ein. Erste kostenlose Testscreenings hatten den Glauben in den kleinen Film bestärkt, daraufhin wurde der Hype in ein paar hundert Kinos verbreitet. Auf Basis dessen wurde dann beim Zuckerberg’schen Netzwerk suggeriert, der Film würde ab einer Zahl von einer Million Likes eine wide release in den USA bekommen. Das Ziel wurde erreicht, die User dazu animiert, sich mit dem Produkt zu identifizieren, es unbedingt auch sehen zu wollen und darüber mit ihren Freunden zu kommunizieren. Das 15.000 Dollar teure Found Footage-Projekt sammelte anschließend weltweit 193 Millionen Dollar ein, ein vierter Teil ist derzeit in Planung. Bei Devil Inside wurde nun auf ähnliche Vermarktungswege zurückgegriffen und der Erfolg wiederholt.

Von Muppets und Metalheads
Die Vermarktung von Filmen über Facebook, Twitter und tumblr lohnt sich jedoch nicht nur für Streifen ohne bestehende Franchise-Anbindung und Stars. Schon lange vor dem Kinostart machte Die Muppets online durch Cover-Songs, iPhone-Apps und YouTube-Videos auf sich aufmerksam. So gelang es, bei den Zuschauern nicht nur die Nostalgie-Karte zu spielen, sondern neue Zielgruppen für die Muppets zu aktivieren. Selbst wer nicht mit der Serie aufgewachsen ist, kam an den brillanten Trailer-Parodien letztes Jahr nicht vorbei, likte die ein oder andere Charakterseite bei Facebook und spielte in der U-Bahn mit einer der Muppet-Apps. Sogar der scheinbar garantierte Hit Toy Story 3 profitierte von einer speziell auf Mittzwanziger zugeschnittenen Internet-Kampagne, welche die eher familienfreundliche TV-Werbung ergänzte.

Auch schwerer zu verkaufende Filme nutzen die Interaktions- und Share-Möglichkeiten sozialer Medien für sich. Hesher – Der Rebell, in dem Joseph Gordon-Levitt als anarchischer Metalhead eine Familie durcheinanderbringt, ist so ein Streifen. Als eine Art geplantes Meme regte das Marketing des Films die User an, Videos und Fotos einem Hesher-izing zu unterziehen. Mit Hilfe einer Facebook-App konnte der Schriftzug “Hesher was here” einem Graffito gleich auf Katzen- und Familienfotos geschmiert und anschließend mit den digitalen Freunden geteilt werden. Für die US-Veröffentlichung der schwedischen Bestsellerverfilmung Verblendung wurde wiederum eine Blog-Parade veranstaltet, bei der sich Blogger über wichtige Themen des Films austauschten.

Mittlerweile kommen weder kleine noch große Hollywood-Produktionen ohne Social Media-Kanäle aus. Ob es sich nun um The Dark Knight Rises handelt, der seine Fans mit einem Twitter-Hashtag zum ersten offiziellen Foto lockt oder Der Hobbit: Eine unerwartete Reise, der mit Hilfe von Production Videos mit Peter Jackson bei Facebook vom ersten Tag an die Produktion in die Promotion verwandelt. Soziale Medien durchziehen unseren Alltag und mit jedem geteilten Trailer, jedem kommentierten Meme, jedem gelikten Poster sind wir aktiver Teil der Vermarktung.

Nehmt ihr die Promotion für Filme bei Facebook und Co. als solche wahr? Wenn ja: Stört sie euch oder betrachtet ihr sie als Bereicherung?

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