Dagur Kári hat ein gutes Herz

25.11.2010 - 08:50 Uhr
Brian Cox in Ein gutes Herz
Alamode Film
Brian Cox in Ein gutes Herz
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Heute kommt Ein gutes Herz in die Kinos, der erste englischsprachige Film von Dagur Kari. Doch auch vorher hat sich der Regisseur, Drehbuchautor und Musiker schon einen Namen gemacht.

Dagur Kári, der Regisseur von Ein gutes Herz, studierte Filmregie an der renommierten dänischen Filmhochschule „Den Danske Filmskole“ in Kopenhagen, an der auch Lars von Trier sein Studium absolvierte. Schon sein Abschlussprojekt, der Kurzfilm Lost Weekend, gewann elf Auszeichnungen auf internationalen Festivals.

Obwohl Dagur Kári noch heute in Dänemark wohnt, spielt sein erster Langfilm Nói albinói in Island, wo er aufwuchs. Auch wenn er von Anfang an plante, in anderen Ländern als dem filmproduktionstechnich sehr unbedeutenden Island zu drehen, war es für ihn wichtig, seinen ersten Film dort zu produzieren und seine Herkunft zu verdeutlichen. Nói albinói, ein Film über einen jugendlichen Außenseiter in einem isländischen Dorf, kam 2003 in die Kinos und wurde weltweit von Arthaus-Fans gefeiert, was Dagur Kári selbst am meisten überraschte.

Island scheint das perfekte Übungsgelände für Regisseure zu sein. Jeder kennt jeden und Dagur Kári erzählt im Interview mit Steve Rose von guardian.co.uk: “Wenn du lange genug in einer Bar in Reykjavik sitzt, dann hast du deine ganze Crew und alle deine Schauspieler kennen gelernt.” Daher erstaunt es nicht, zu erfahren, dass der Französischlehrer in Nói albinói Karis eigener Französischlehrer war, der Hauptdarsteller wird von dessen Sohn gespielt und seine Großmutter von Karis Briefträgerin. Die Filmindustrie in Island ist jung und es gibt wenige Konventionen. Welche Möglichkeiten Dagur Kári in Island hatte, fiel ihm erst bei den Vorbereitungen zu seinem in Dänemark produzierten Film Dark Horse auf: “Es gibt eine Szene, in der jemand über eine rote Ampel fahren soll. Der Produzent erklärte mir, dass wir das Verkehrsministerium anrufen, um eine Erlaubnis zu bekommen und einen Stuntman engagieren müssen, der das Auto fährt. In Island wären wir einfach über die rote Ampel gefahren.”

Mit seinem zweiten Langfilm Dark Horse feierte Dagur Kári nach dem Erfolg von Nói albinói dann bereits beim Festival Cannes Premiere. Der Film handelt vom jungen Künstler Daniel, der sein Geld damit verdient, Liebeserklärungen für andere Leute an Wände zu sprühen und sich in das gleiche Mädchen verliebt, wie sein bester Freund.

Schauplatz der Handlung des dritten Spielfilms Ein gutes Herz von Dagur Kári ist New York City. Einer der ersten Ideen zum Film war der Titel, „The Good Heart“, erzählt Dagur Kári im Interview mit Deutschlandradio Kultur und fortan schrieb er die Geschichte auf Englisch. Es entwickelte sich ein urbanes Märchen in einer stereotypisch anonymen Metropole. Dennoch zeigt Dagur Kári nicht das typische New York City, sondern seine eigene Vision einer kalten, verwahrlosten Stadt. Die Realität interessiert Dagur Kári kaum, er bedient sich nur an Orten und Landschaften, um seine Handlung zu untermalen. Die Amerikaner konnten sich für das isländische New York nicht sehr begeistern, was Dagur Kári wenig beeindruckt: „Die Cleveren mögen meinen Film, die Dummen nicht.“

In Ein gutes Herz spielt Brian Cox den unwirschen Barbesitzer und Misanthrop Jacques, der zufällig im Krankenhaus auf den jungen Obdachlosen Lucas (Paul Dano) trifft und ihn bei sich aufnimmt. Um ihn zu seinem Nachfolger auszubilden, bringt er ihm bei, die Bar ganz nach seinen Regeln zu führen: Auf gar keinen Fall freundlich sein und bloß keine Frauen! Und natürlich ist es eine Frau, die plötzlich in der Bar auftaucht und die aufkeimende Freundschaft zwischen dem herzensguten Lehrling und dem alten Kauz gefährdet.

Eins haben die Figuren von Dagur Kári in all seinen Filmen gemeinsam: Sie alle sind Einzelgänger, die sich über ihren Platz in der Gesellschaft nicht klar sind. Sie haben sich alternative Strukturen geschaffen, an denen sie um jeden Preis fest halten. Und stets triumphiert am Ende die Menschlichkeit und die Empathie setzt sich gegen alle Regeln durch.

Dagur Kári lebt die typische isländische Künstlerbiografie: Er entscheidet sich nicht ausschließlich für eine bestimmte Kunstform, eine Tätigkeit oder eine Herangehensweise, sondern folgt konsequent seinen Ideen und Visionen. Er schreibt nicht nur die Drehbücher und führt Regie bei seinen Filmen, sondern zeichnet auch für die Musik verantwortlich. Dagur Kári ist seit 1994 Teil des Duos Slowblow, das gemeinsam einige Alben veröffentlicht und die leicht melancholische Musik, die die Filme von Dagur Kári untermalt, komponiert hat. Dagur Kári selbst formuliert es im Interview mit Jason Wood von Kamera.co.uk so: „Mein Beruf ist das Filme machen, meine Therapie ist die Musik.“

Ob auch in Ein gutes Herz die Menschlichkeit siegt, seht ihr ab heute im Kino. Wo genau, erfahrt ihr in unserem Kinoprogramm.

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