Ein ganzes halbes Jahr - Das sagen die Kritiker zur Romanze

23.06.2016 - 08:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Ein ganzes halbes JahrWarner Bros.
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Zum deutschen Kinostart von Ein ganzes halbes Jahr haben wir für unentschlossene Kinogänger wieder ein paar Kritiken zusammengesucht, die euch die Entscheidung hoffentlich einfacher machen.
Ab heute läuft Ein ganzes halbes Jahr (OT: Me Before You) in den Kinos, eine Verfilmung des Bestsellers von Jojo Moyes, die auch die Adaption ihres Romans in ein Drehbuch selbst in die Hand nahm. Emilia Clarke (Game of Thrones) spielt ihre Fastnamensvetterin Louisa Clark, ein ungewöhnliches und aufgewecktes Mädchen, die als Pflegerin für den wohlhabenden William Traynor (Sam Claflin) arbeiten soll. Dessen einstiger Lifestyle kam zu einem abrupten Ende, als er bei einem Unfall sämtliches Gefühl in seinen Gliedmaßen verlor. Dementsprechend ist er Louisa gegenüber auch sehr kalt, doch sie schafft es, zu ihm durchzudringen und kann neue Hoffnung in ihm wecken. Ob sie aber wirklich seinen Lebenswillen vollständig wiederherstellen kann, wird sich zeigen.

Inszeniert wird das Ganze von Thea Sharrock, einer hochangesehenen britischen Theater-Regisseurin, die vorher bereits fürs Fernsehen arbeitete und bei Ein ganzes halbes Jahr das erste Mal für die große Leinwand engagiert wurde. Wir haben euch mal wieder ein paar Kritiken zusammengesucht, anhand derer ihr entscheiden könnt, ob sich der Gang ins Kino lohnt.

Zunächst einmal die harten Fakten zu Ein ganzes halbes Jahr:

  • 24 Community-Bewertungen mit einem Durchschnittswert von 6,0
  • 10 Kritiker-Bewertungen mit einem Durchschnittswert von 5,0
  • 5 Kritiken und 5 Kommentare
  • 0 x Lieblingsfilm und 0 x Hassfilm
  • 238 Vormerkungen, 8 sind nicht interessiert

Das sagen die deutschsprachigen Kritiker zu Ein ganzes halbes Jahr:

Anna Wollner von Kino-Zeit  hält nicht viel von der Inszenierung:
Sam Claflin als Will Traynor spielt immer eine Spur zu arrogant, Emily Clarke ist als Louisa hingegen eine Mischung aus Bridget Jones und Poppy in Happy-Go-Lucky. [...]
Was sie an Emotionen zu viel hat, hat er zu wenig. Vor seinem Unfall, das wird immer wieder fast beiläufig eingestreut, hatte Will ein Leben am Limit, liebte Extremsport. Seine Freunde leben ihr Leben weiter, die Fallhöhe bei ihm ist besonders hoch. [...] Will und seine Eltern, eine überfürsorgliche und dennoch eiskalte Mutter und ein entspannter Vater, sind über das eigentliche moralische Dilemma des Films erhaben. Weil sie Geld haben.
Die Londoner Theaterregisseurin Thea Sharrock hat [...] eine kitschige Liebeschnulze inszeniert, die jedem Nicholas-Sparks-Film das Wasser reichen kann. Die Figuren laufen – vielmehr noch als im Roman – durch eine Rosamunde-Pilcher-Kulisse. Eine Spur zu brav arbeitet Sharrok die Momente des Buches ab: [...]. Alles eingelullt in einen seichten Popsongmix von Ed Sheeran über Jessie War und Imagine Dragons und Sätzen wie "Ich will noch nicht gehen. Ich will einfach ein Mann sein, der mit einem Mädchen auf einem Konzert war. Noch ein paar Minuten."
Heide Rampetzreiter von Die Presse  weist die Vorwürfe gegen den Film zurück:
Die Sorge, der Film stelle das Leben Behinderter als nicht lebenswert dar, ist unbegründet. Für den Zuseher ist Wills Wunsch zu sterben schwer nachzuvollziehen. Im Roman ist der gelähmte junge Mann häufig krank und hat starke Schmerzen. Im Film leidet der in seiner Mimik weniger exaltierte, trotzdem ausdrucksstarke Jungstar Sam Claflin zu schön, als dass wir ihm seinen Todeswunsch abkaufen könnten. Für Außenstehende sieht Wills Leben nicht schlecht aus. Insbesondere, weil er reich ist und sich viel Komfort leisten kann, der anderen versagt bleibt. [...] Behindert und arm: Das wäre vielleicht doch zu deprimierend für die breite Masse.

Das sagen die englischsprachigen Kritiker zu Ein ganzes halbes Jahr:

James Berardinelli von Reelreviews  lobt die Regie:

Regisseurin Thea Sharrock (in ihrem Spielfilmdebüt) vermeidet mit [Jojo] Moyes' Drehbuch eine Reihe von Tretminen. Für wenigstens zwei Drittel behält Ein ganzes halbes Jahr einen erfreulichen Ton bei. Die Interaktionen zwischen Louisa und Will bleiben leichtherzig und auch die ernsteren Themen sind nicht zu rührselig. [...] Eine Geschichte wie diese zu vergeigen, kann schnell passieren, wenn sie sich zu sehr anstrengt ihre Charaktere sympathisch zu machen und den Zuschauern ihre Tränen zu entlocken. Sharrock erreicht beide Ziele mit einem geschickten Händchen.

David Edelstein von Vulture  ist dagegen gar nicht von ihnen überzeugt:

Thea Sharrock hätte Clarke gerne noch etwas zurückhalten können. Ihre Figur, die unerfahrene Pflegerin aus der Arbeiterklasse für einen Mittdreißiger, dessen Familie so reich ist, dass seine Eltern ein Schloss neben dem Schloss haben, in dem sie leben – soll niedlich und ungeschickt rüberkommen, mit dem Modeinstinkt einer Sechsjährigen, die auf den Kopf gefallen ist [...], aber Clarke strengt sich so sehr an, die neue [adorkable life force] zu werden, dass es eine Geduldsprobe wird ihr zuzusehen. Der Film weckt neue Bewunderung für ihre zurückhaltendere Performance in Game of Thrones [...]

Julia Cooper von The Globe and Mail  kritisiert die Darstellung von Lähmungen:

Es gibt so wenige einfühlsame Darstellungen von Menschen, deren Körper von unserem Verständnis von Normalität abweichen. Dieser Film ist eine verpatzte Gelegenheit, aufzuzeigen, wie Körper sich in ihrer Funktionsweise voneinander unterscheiden, aber Gefühle wie Leidenschaft und Lust universell bleiben. Stattdessen zeigt sich Ein ganzes halbes Jahr angewidert von den Bedürfnissen eines gelähmten Körpers und ästhetisiert Wills Behinderung lieber. Es wirkt, als hätte sich der Film in weichen Kaschmir eingewickelt.

Peter Travers vom Rolling Stone  sieht verschenktes Potenzial:

Wenn ich sehr bestürzt über eigentlich typisches Hollywood-Gewäsch wirke, so liegt es daran, dass Ein ganzes halbes Jahr das Spielfilmdebüt von Thea Sharrock ist, [...] die letzte Person, die man hinter einer belanglosen Schnulze vermuten würde. Eine führende Organisation für Menschen mit Behinderung kritisierte den Film für die Implikation, dass die Millionen von Menschen mit erheblichen Behinderungen, die derzeit ein erfüllendes Leben führen, lieber den Freitod wählen sollten. Ich glaube nicht, dass Ein ganzes halbes Jahr das tut. Auf der anderen Seite beschäftigt er sich nicht genug mit seinen Kernfragen und belässt es bei einer seichten, rührseligen Geschichte [...]. Aber ich werde keinem Publikum die Schuld dafür geben, dass es sich von zwei jungen, schillernden Stars in einer Romanze verführen lässt, die einen Nerv trifft, [...].

Fazit:
Die Kritiker sind weniger überzeugt von Ein ganzes halbes Jahr. Auch wenn die Arbeit der Hauptdarsteller und Regisseurin teils gelobt werden, gilt das nicht für das Material, mit dem sie arbeiten. Manche stören sich am Over-Acting von Emilia Clarke. Der Film steckt viel Kritik für eine flache und vorhersehbare Liebesgeschichte ein, die sich vor den unangenehmeren Seiten, die sich ergeben könnten, scheut und Traynors Behinderung ästhetisiert, statt sich ernsthaft mit ihr auseinanderzusetzen. Damit wirkt Ein ganzes halbes Jahr wie eine seichte, wenn auch unterhaltsame Romanze, die durch die fragwürdige Behandlung ihres Kernthemas viel Potenzial verschenkt.

Wie klingen die Kritiken für euch? Werdet ihr euch Ein ganzes halbes Jahr ansehen?

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