Die Päpstin als typisches Mischwesen

22.10.2009 - 08:51 Uhr
Die Päpstin
Constantin Film
Die Päpstin
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Eigentlich sollte Die Päpstin ein Film werden mit Franka Potente in der Hauptrolle und inszeniert von Volker Schlöndorff. Zu sehen gibt es ab heute Die Päpstin mit Johanna Wokalek von Sönke Wortmann. Herausgekommen ist ein typischer Amphibienfilm.

Kurz zur Erklärung: Ein Amphibienfilm ist ein Film, der gleichzeitig für das Fernsehen wie für das Kino produziert wird. In Deutschland fließen viele Fördergelder von den Sendern in die Kinoproduktion und so nehmen diese Einfluss auf die Produktion. In der Regel findet eine Kinoauswertung statt, dann läuft der Film im Fernsehen, vielleicht als Zweiteiler. Anonyma – Eine Frau in Berlin, Buddenbrooks – Ein Geschäft von einiger Größe und John Rabe oder Der Baader Meinhof Komplex sind aktuelle Filme, die genau nach diesem Prinzip entstanden sind. Diese Art der Produktion kritisierte Filmemacher Volker Schlöndorff: Das gleichzeitige Denken der Doppel-Verwertung in Kino und TV untergräbt künstlerische Eigenständigkeit.

Mehrere Jahre hatte Volker Schlöndorff für Die Päpstin recherchiert und sich auf den Dreh vorbereitet, sogar zwei Drehbücher geschrieben – eines für den Kinofilm, eines für den TV-Film. Das klappte dann aber doch nicht wie erwartet, die Produzenten bei der Constantin wollten ein langes Drehbuch und für die verschiedenen Auswertungen wird dann beim Schnitt alles montiert. Nach seiner Kritik feuert ihn die Constantin AG und Volker Schlöndorff wurde durch Sönke Wortmann ersetzt, der keine Schwierigkeiten mit Amphibienfilmen hat. Ihm ist die ganze Diskussion zu absurd und zu allgemein. Heute wurde eine Diskussion zwischen Volker Schlöndorff und Sönke Wortmann in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht, die die Unterschiede und auch die Gemeinsamkeiten der beiden Regisseure offenlegt.

Amphibienfilme a la Die Päpstin sind schon länger umstritten. So fragte sich schon 2007 Klaus Raab in der taz, ob das Fernsehen das Kino versaut und findet einige positive Worte über die Amphibienfilme. Hanns-Georg Rodek in der Welt sieht das viel komplexer und kritisiert das System. Er fasst zusammen: “In Wirklichkeit muss ein Kinofilm von Lichtsetzung und Bildausschnitten, von Umsetzung und Rhythmus ganz anders aussehen als eine TV-Produktion – vor allem, will er international bestehen. Ein Grund für die lang andauernde internationale Durststrecke des deutschen Kinos war sein Schielen auf TV-Kompatibilität. Die Amphibienfilme haben auch einen anderen Effekt: Sie ermöglichen den TV-Anstalten immer tiefere Griffe in die eigentlich für Kinoproduktionen reservierten Töpfe der Filmförderung.”

Damals, als Volker Schlöndorff bei Die Päpstin gefeuert wurde, schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung “Amphibienfilme sind die reine Panscherei, doch jeder Lurch, der eine Kamera halten kann, panscht mit. Außer vielleicht Fassbinder. Aber der ist tot.” Für den neuesten Film dieser Art bringt es Ekkehard Knörer im perlentaucher auf den Punkt: “Der Amphibienfilm krabbelt zu Wasser und schwimmt auf dem Land und wenn er fliegt, dann meist auf die Nase. Die Päpstin ist das jüngste Exempel eines solchen Amphibienfilms. Ab morgen besetzt er, als gehörte er dahin, keinen geringen Teil der Leinwände und Kinosäle der Republik. Dass ihm etwas fehlt, wird man im Fernsehen sehen, wenn das jetzt noch Fehlende dort dann zu viel scheint. … Die Päpstin ist ein Film, dem man eigentlich noch zu viel Ehre antut, wollte man sagen, er sei auf die Nase geflogen. Er wollte, wie’s aussieht, nie hoch hinaus. So krabble und schwimme er doch dahin.”

Wenn Ihr Euch davon nicht abschrecken lassen wollt, dann schaut doch in unser Kinoprogramm, um herauszufinden, wo Die Päpstin in Eurer Nähe läuft.

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