Unser Hollywood-Regisseur Roland Emmerich wird 55

10.11.2010 - 08:50 Uhr
Roland Emmerich
Warner Bros. Pictures
Roland Emmerich
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Es lässt sich viel Spöttisches über den “Spielbergle aus Sindelfingen” sagen, aber seine Karriere in Hollywood ist beispiellos, nicht bloß für deutsche Verhältnisse. Roland Emmerich lebt und liebt die Filmerei und viele lieben ihn für seine Filme.

Es gibt nur wenige Regisseure, deren Filme die Meinung des Publikums so stark spaltet wie Roland Emmerich. Dennoch schaffte es der Regisseur, Autor und Produzent in die überschaubare Liste der deutschen Filmemachern, die internationalen Ruhm fanden. Sein ausgeprägter Sinn für Spezialeffekte ließ ihn zusammen mit seinen kommerziellen Katastrophenfilmen zu einer festen Größe im Filmgeschäft Hollywoods werden.

Gestern haben wir euch aufgefordert, für den besten Film des Roland Emmerich zu voten. Die Zauberworte waren auch in euren Kommentaren Katastrophenfilme und Spezial Effekte. Roland Emmerich machte sich früh einen Namen als Effektspezialist, der nicht bloß die technischen Aspekten versteht, sondern diese auch für Hollywoodverhältnisse kostengünstig umzusetzen wusste, zumindest bevor die digitale Revolution endgültig in den Köpfen der Produzenten Einzug gehalten hat.

Inhaltlich riss der Deutsche noch nie Bäume aus und bediente stets die selben Themen und Figurenklischees. Der Grund ist simpel. Roland Emmerich war es stets wichtig, aktiv beim Schreibprozess mitzuwirken. Und mit Ausnahme von Universal Soldier und Der Patriot schrieb er all seine Drehbücher selbst, jeweils mit wechselnder Unterstützung. Wenn wir uns seine Filme etwas genauer anschauen, lassen sie sich in drei Schaffensphasen unterteilen:

Phase 1 – Roland Emmerichs Anfänge
Mit Das Arche Noah Prinzip, Joey und Moon 44 schuf Roland Emmerich seine Erstlingswerke, mit denen er seinen Stil zu definieren versuchte. Sowohl bei der Ideenfindung als auch beim Schreibprozess stammte die Hauptarbeit von ihm. Während des Drehs zu Moon 44 lernte der Filmemacher den Schauspieler Dean Devlin kennen, mit dem ihn fortan eine enge Freundschaft verband.

Phase 2 – Roland Emmerich und Dean Devlin
Zusammen mit Dean Devlin sollte die zweite Schaffensphase von Roland Emmerich eingeläutet werden. Nach dem Erfolg von Universal Soldier, einem Film, der noch eine Auftragsarbeit darstellte, war der junge Regisseur endlich im Stande, sich seinem Traumprojekt zu widmen. Mit der Idee zu Stargate ging er schon seit einigen Jahren schwanger und wartete geduldig auf den richtigen Zeitpunkt. Zusammen mit Dean Devlin entwickelte er die Story und schrieb das Drehbuch. Das Wüstenepos mauserte sich ähnlich wie Universal Soldier zu einem der erfolgreichsten Filme des Jahres und legte den Grundstein für Independence Day. Dieser sollte sich zwei Jahre später hinter Jurassic Park an die Spitze der weltweit erfolgreichsten Filme aller Zeiten setzen. Als nächstes widmete sich Roland Emmerich der Veramerikanisierung von Godzilla. Auch wenn die Riesenechse Emmerichs Erfolgskurve nicht weiter steigern konnte, war ihr Erfolg dennoch beachtlich. Zum Misserfolg sollte sich der Film jedoch auf persönlicher Ebene entwickeln. Sowohl mit Dean Devlin, seinem treuen Mitstreiter der vergangenen zehn Jahre, als auch seinem Haus- und Hofkomponist David Arnold, mit dem er seit Stargate zusammenarbeitete, verstritt sich der Deutsche. Dies hatte die berufliche Trennung zur Folge, die eine große Kluft hinterließ.

Phase 3 – Roland Emmerich und Harald Kloser
Es folgte die Phase des künstlerischen Abstiegs. Mit den Filmen The Day After Tomorrow, 10.000 BC und 2012 wurden Filme geschaffen, die Emmerichs Ruf als einfältigen Bombastregisseur untermauerten. So pompös und beeindruckend diese Filme in visueller Hinsicht auch waren, inhaltlich offenbarte sich dem Zuschauer das blanke Entsetzen. Und die Gründe waren schnell gefunden. Um Dean Devlins Wegfall zu kompensieren, holte sich der Regisseur seinen Freund Harald Kloser ins Boot, der nicht bloß als Komponist das Zepter übernahm, sondern auch fortan Co-Autor für alle Emmerichfilme wurde. Zum Mitschreiben: Ein durchschnittlicher Komponist ohne ersichtliche Schreiberfahrung zeichnete für die Drehbücher mitverantwortlich. Natürlich wäre es zu leicht den schwarzen Peter Harald Kloser unterzujubeln. Aber eine solche einschneidende Veränderung hinterlässt ihre Spuren.

Phase 4 – Roland Emmerich, bleib bei deinen Leisten
Mit dem kürzlich gedrehten Anonymus und der Verfilmung des n/a Zyklus von Isaac Asimov, steht uns die vierte Schaffensperiode des Regisseurs bevor, die sich bereits jetzt dadurch auszeichnet, dass sich Roland Emmerich komplett aus dem Storyprozess heraushält. Tatsächlich sind es neben Universal Soldier und Der Patriot seine ersten Filme, die aus der Feder von Fremdautoren stammen. Das Historienepos mit Mel Gibson kann als eine Übergangsphase angesehen werden, in der der Regisseur versuchte, die Lücke, die durch Dean Devlin Absprung entstand, zu schließen. Wäre Harald Kloser nicht auf der Bildfläche erschienen, wer weiß, ob Roland Emmerich nicht schon früher Anonymus in Angriff genommen hätte.

Roland Emmerich, Blockbusterregisseur wider Willen?
Die Kritiker bemängeln häufig und gern, dass Roland Emmerich stets die selbe einfältige Art von Filmen drehe und selten bis gar nicht versuche, sein eigenes Filmstereotyp zu durchbrechen. Jedoch wurde diese Rechnung ohne das Denkmuster Hollywoods gemacht. Roland Emmerich wird nicht müde zu betonen, dass er zwar durchaus Einfluss in Hollywood besitze, aber nur solange er für großes Eventkino sorge. Auf die Frage, ob er mittlerweile die Freiheit besäße jeden beliebigen Stoff umzusetzen, antwortete der Deutsche:

“Aber nur, solange es darin um Außerirdische geht! Alles mit Aliens, Weltuntergang wird todsicher finanziert. Da brauche ich nur zu einem Studio zu gehen und zu sagen: Ich habe eine Idee für einen neuen Katastrophenfilm. Dann heißt es: Bitte sehr, hier sind die Millionen. […] Die bekommen mein Drehbuch mittwochs um 12 Uhr mittags, und meistens ist es am Donnerstag verkauft. So war es bei The Day After Tomorrow, und so war es auch bei 10.000 BC.”

Roland Emmerich gehört einer Gattung von Regisseuren an, die von sich denken, sie wären Autorenfilmer. Dass der deutsche Regieexport sein Handwerk versteht, steht außer Frage. Nur beging er denselben Fehler, dem auch schon Paul W.S. Anderson oder Michael Bay anheimfielen. Aber wer weiß, zumindest ich bin sehr gespannt auf Emmerichs Anonymus, der vielleicht der Beginn einer neuen, katastrophenfreien Ära sein könnte. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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