Darkly dreamin' Dexter - Episode II

19.09.2012 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Michael C. Hall als Dexter
Showtime
Michael C. Hall als Dexter
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Wie angekündigt, folgt heute der zweite Teil des von Jury-Mitglied Joeyjoejoe17 geschriebenen Lieblingsserien-Textes. Viel Spaß beim Lesen!

Als von euch gewähltes Jurymitglied bei der Aktion Lieblingsserie ist es mir natürlich untersagt, im harten Wettbewerb um die tollen Preise mitzumachen. Nichtsdestotrotz hatte ich noch vor der Abstimmung an einem Text gewerkelt, und damit die Mühe nicht umsonst war, präsentiere ich euch nun in der Speakers’ Corner meine Kurzgeschichte ‘Darkly dreamin’ Dexter’. Hier könnt ihr die erste Episode von letztem Mittwoch nachlesen.

EPISODE II
Grellweißes Licht blendet mich. Ich will die linke Hand schützend vor meine Augen halten, doch ich kann sie nicht bewegen. Der Versuch, die rechte zu heben, scheitert ebenso. Mein Kopf ist starr, kann ihn nicht abwenden. Blinzeln. Häufiges Blinzeln. Es hilft. Die Augen gewöhnen sich an die Helligkeit. Ich spüre, wie ich überall an meinem Körper auf eine kühle Oberfläche gepresst werde. Keine Kleidung. Warum bin ich nackt? Ich versuche in Richtung meiner Zehen zu schielen, erkenne klare Folie, die über meine Brust geschnürt ist. Gefesselt. Gefangen. Bewegungslos. Mein Herz rast. Angst. Ungewissheit. Fragen. Was geschieht mit mir? Wer hat mir das angetan? Wo bin ich? Der Kopf fixiert, fällt mein Blick direkt nach oben auf einen Kronleuchter. Einfach gehalten mit einer Holzverkleidung im Blumenmuster, die an einer seltsam vertrauten Stelle eingerissen ist. Bin ich zu Hause? Meine Augen suchen rechts und links nach weiterem Vertrauten, erkennen aber nur schwach transparente Plane, die rundherum alles zu bedecken scheint. Links von mir sticht mir etwas ins Auge. Auf der abgedeckten Kommode, wo normalerweise meine Glaspinguinsammlung thront, blickt mich das Bild eines lächelnden Mannes Mitte 50, mit einer runde Brille, halblangen braunen Haaren und Vollbart an: Mein alter Chef. Mir schießen Bilder von Blut, letzten Atemzügen, leblosen Augen und einem erschlaffenden Körper durch den Kopf.

„Deswegen sind Sie hier. Sie haben etwas Abscheuliches getan und das muss bestraft werden.“ Ich schaue direkt nach oben in ein sympathisch anmutendes Gesicht mit Dreitagebart und braunen Haaren. Aber dieser Blick! Eiskalt und voller Tatendrang. Sie fixieren mich wie ein Löwe seine Beute. Ich zittere am ganzen Körper. Schweiß. Ich erkenne eine Schürze und Gummihandschuhe an ihm. Etwas Silbernes blitzt im Lampenlicht auf. Ein Skalpell nähert sich meinem Gesicht. Leichter Druck auf meiner Wange. Brennender Schmerz. Ich kneife die Augen zu. Warme Flüssigkeit fließt meine Wange herab. Er nähert sich mit einer Pipette der frischen Wunde, saugt etwas Blut ab und tröpfelt es auf einen Objektträger. Mit erregtem Blick hält er den roten Fleck gegen das Licht, mit den Augen eines Psychopathen. „W-was haben Sie mit mir vor?! Ich habe Frau und Kinder!“ „Nein, haben Sie nicht. Sie leben alleine, einzig ein braun-schwarzer Schäferhund lebt mit Ihnen unter einem Dach. Lügen Sie mich nicht an, ich kenne Sie und Ihr Leben ganz genau.“

Er wendet sich ab. Ich Geräusche – den Objektträger, wie er auf den Tisch gelegt wird und etwas anderes, etwas Furchteinflößendes. Der Mann nähert sich langsam dem Tisch, auf den ich gefesselt bin. Meine Atmung beschleunigt sich, mein Puls rast. Er stellt sich mit festem Stand neben mich, ich bin ihm hilflos ausgeliefert. Er streckt ein langes glänzendes Messer, mit beiden Händen fest umklammert, in die Höhe. Das Herz pocht, mein Brustkorb scheint zu platzen, kriege kaum noch Luft. Eine routinierte und zielsicher ausgeführte Bewegung ist das Letzte. Das Ende. Kurzer Schmerz, dann nichts. Es wird Nacht. Kühl, düster, leblos…

Augen schlagen plötzlich auf. Schweißgebadet erwache ich. Atmung und Herzschlag sind auf Maximum, dass es schmerzt. Keuchend versuche ich meinen Oberkörper zu erheben – es gelingt. Im Dunkeln taste ich mich von oben nach unten ab. Nirgends Folie. Schnittwunde an meiner Wange? Fehlanzeige. Durchatmen. Mein Puls beruhigt sich, ich trockne meine nasse Stirn, fange das Lachen an. War doch nur ein Traum über meine Lieblingsserie! Ein Geräusch neben meinem Bett lässt mich aufhorchen. Ich taste nach dem Lichtschalter meiner Nachttischlampe. Ich werde geblendet. Häufiges Blinzeln lässt mich wieder klar sehen. Ich blicke auf den Boden zu meiner Katze, will sie streicheln. Meine Hand berührt etwas schwarzes und glattes – Schuhe. Mein Blick fährt die dunkle Jeans nach oben, über das schwarze T-Shirt hin zu den vor der Brust lauernden Händen. Dexter! Er ist hier! Mir wird schwarz vor Augen. Absolute Dunkelheit. Finster.

Aus ganz weiter Ferne vernehme ich noch die Worte „Junge, steh auf! Du kommst noch zu spät zur Schule.“


Vorschau: Der Text, den ihr in einer Woche an dieser Stelle präsentiert bekommt, handelt von Regie-Altmeistern und deren Karrierewegen.


Dieser Text stammt von unserem User Joeyjoejoe17. Wenn ihr die Moviepilot Speakers’ Corner auch nutzen möchtet, dann werft zuerst einen kurzen Blick auf die Regeln und schickt anschließend euren Text an ines[@]moviepilot.de

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