Damsel - Was die Fifty Shades-Stars von Robert Pattinson lernen können

17.02.2018 - 09:20 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Damsel: Mia Wasikowska und Robert Pattinson
Strophic Productions Limited
Damsel: Mia Wasikowska und Robert Pattinson
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Im Berlinale-Beitrag Damsel macht sich Robert Pattinson auf den Weg, seine Angehimmelte zu retten und zeigt nebenbei idealtypisch, wie man dem Schatten eines Franchise entkommt.

Ein Film, in dem ein Zwergpony eine tragende Rolle spielt, müsste schon vieles gegen die Wand fahren, um den letzten Rest Sympathie zu verspielen. So zum Glück nicht geschehen bei der Westernkomödie Damsel, die es von Sundance direkt in den Wettbewerb der Berlinale 2018 geschafft hat. Keines der drei großen Festivals kommt heutzutage ohne einen Film der Ex-Twilighter Robert Pattinson und Kristen Stewart aus. Blickt man auf die Programme, mag einen schnell der Eindruck beschleichen, die beiden hielten das Festivalkino im Alleingang im Laufen. Nach Die versunkene Stadt Z kehrt Pattinson dieses Jahr zur Berlinale zurück mit ebenjenem Damsel, in dem er seine Angehimmelte Mia Wasikowska aus den Fängen eines Entführers retten will. Doch während er sich in einem 50er Jahre-Western glaubt, hat sich die Welt der klischeetriefenden Jungfrauen in Nöten in Damsel schon weitergedreht - mit höchst skurrilen Folgen. Es ist eine weitere Variable im Einmaleins des Lebens nach dem Ende eines allgemein belächelten Franchise. Dakota Johnson und Jamie Dornan, aufgepasst!

Damsel ist ein weiteres Beispiel für Pattinsons clevere Rollenwahl

Die Gebrüder Nathan Zellner und David Zellner waren das letzte Mal mit Kumiko, die Schatzjägerin bei der Berlinale vertreten, in dem Rinko Kikuchi das Geschehen in Fargo von den Coen-Brüder für bahre Münze nimmt und sich auf die Suche nach dem Geldkoffer macht. Eine geradezu fanatische Suche schildert auch Damsel, doch ehe wir zu den Details kommen, sei erstmal Robert Pattinsons Projektwahl bewundernd anerkannt. Der Brite scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, alle relevanten Strömungen des nordamerikanischen Kinos jenseits der Blockbuster-Industrie zu durchwaten. Dabei interessieren ihn die Namen mehr als die Eckpunkte der Figuren. Andere Schauspieler suchen sich die fleischigsten Parts, was dann regelmäßig in einer Kühlraum-Inszenierung auf Seiten der Regie resultiert (Berlinale Special ist ihre Heimat). Pattinson sammelt die Regisseure wie die Skalps seiner Filmografie.

Damsel

Da wären David Cronenberg und Werner Herzog und James Gray. Aber auch klassische Independent-Auteurs variierender Schattierungen. Letztes Jahr stellte er mit den Safdie-Brüdern Good Time beim Festival Cannes vor, die für ihren naturalistischen Umgang mit Schauspielern und Laien bekannt wurden. Er wird mit dem neuen Film von Antonio Campos (Simon Killer) in Verbindung gebracht, Gründungsmitglied von Borderline Films, die sich unter anderem auf Psychothriller und Horror wie Martha Marcy May Marlene und The Eyes of My Mother spezialisiert haben. Robert Eggers' Nachfolger von The Witch, The Lighthouse, führt ebenfalls den Namen Robert Pattinson. Diese Woche erschien überdies das erste Bild aus High Life von der französischen Regisseurin Claire Denis. Damit folgt Pattinson dem Pfad seiner früheren Leinwandpartnerin Kristen Stewart, die bereits einen César für ihre Arbeit mit Olivier Assayas bekommen hat.

Maskulin in den Untergang

Die Zellner-Brüder fügen sich ein in die Strategie. Was Pattinsons Filmwahl allerdings auszeichnet, ist die Suche nach Vielfalt. Damsel zeigt zwar wie auch Good Time einen blindwütig Getriebenen. Sein Samuel läuft mit Winchester und Gitarre auf dem Rücken in ein Western-Dorf, um nach seiner entführten Penelope (Mia Wasikowska) zu suchen. Allerdings führt er besagtes Zwergpony mit sich, das das Bild des Westernhelden, wie wir es kennen, von vornherein ins Lächerliche zieht. Dass Samuel danach auch noch vorsichtig vom Whisky nippt, statt ihn in den Rachen zu schütten, beseitigt alle Zweifel am unernsten Vorhaben der Zellner-Brüder im Wilden Westen. Der wird schließlich bevölkert von einigermaßen lächerlichen Männern, die sich mal mehr, mal weniger auffällig in maskulinen Idealen verrannt haben, sodass sie den Baum vor lauter Wäldern nicht mehr sehen. Bzw. die Damsel, deren Distress vielleicht gar nicht so groß ist, wie sie, getrieben von ihrem Retterkomplex, annehmen.

Das Zwergpony aus Damsel, heimlicher Star des FIlms

Wo die Safdies filmisch gehetzt am Asphalt der Großstadt schnuppern, finden die Zellner-Brüder in den Inszenierungs-Modi des klassischen Western den Stoff für die Überzeichnung. Die einschüchternden Panoramen und den weiten Westen aufsaugenden Landschaftsbilder bietet auch Damsel, nur eben vielfach mit einer Überspitzung, die sich ins Bild drängelt. Ob nun Samuel die Natur bewundert und dabei masturbiert, als könne er sich so das unentdeckte Land zu eigen machen oder eben das Zwerpony Butterscotch durchs Bild trabt, das ich ehrlich gesagt nicht oft genug erwähnen kann. Butterscotch.

Ausgerechnet dieser Film wird ausgebuht?

Zwei Leute (Schätzung meinerseits) haben Damsel bei der Berlinale-Pressevorführung ausgebuht, was alle anderen, die vorher noch herzlich gelacht haben, in betretenes Schweigen verfallen ließ, statt den Abspann mit Applaus zu quittieren. Es ist, sofern man keine Allergie gegen harmlosen Spaß hat, eine unverständliche Reaktion auf einen Film wie Damsel. Der erfindet weder das Western- noch das Genre-Dekonstruktions-Rad neu, muss er aber nicht. Wenn ich ihm eines vorwerfen kann, dann dass er all die Mühe in die Dekonstruktion der Trope der Jungfrau in Nöten investiert und sie, also Penelope, am Ende trotz der sich abmühenden Mia Wasikowski die langweiligste Figur bleibt. Die Unfähigen sind dann doch unterhaltsamer als das Opfer des von ihnen angerichteten Chaos. Allen voran Robert Pattinson, der sich hier dank seines Timings für weitere Komödien empfiehlt. Aber ausgerechnet diesen Film ausbuhen? Diesen Film, der, ich wiederhole, ein Zwergpony prominent in seine Handlung integriert?

Mia Wasikowska und Robert Pattinson in Damsel

Die Langlebigkeit von Robert Pattinsons Karriere wird durch seine Fixierung auf Autorenfilmer wie die Zellner-Brüder nicht automatisch gesichert. Das Verschwinden ist integraler Bestandteil des sich stets verjüngenden Filmgeschäfts. Pattinsons Karriereverlauf hat dennoch Vorbildcharakter, gerade für Darsteller wie Dakota Johnson aus Fifty Shades oder auch Daisy Ridley aus Star Wars. Im Gegensatz zu einer Kristen Stewart, war Pattinsons Talent vor dem Start von Twilight unbekannt und auch noch danach. Stewart hatte mit Fincher gedreht und im Indie-Kino. Pattinson war der Schönling aus diesem einen Harry Potter-Film. Twilight bot nicht die ideale Bühne, um sich schauspielerisch zu beweisen, doch jede weitere Rolle, die Pattinson danach annahm, zeugte von einem Lernprozess. Und einer durchaus löblichen Zurückhaltung, die sich auch in der Annahme von Nebenrollen wie in Die versunkene Stadt Z äußert. Pattinson mag die Finanzierung der Filme sichern. Diese sind jedoch, anders als noch in Remember Me oder Wasser für Elefanten, von vornherein stets größer als er selbst.

Ein Jamie Dornan, der mit The Fall und Fifty Shades, sich bereits dermaßen in eine Typecasting-Ecke zurückgezogen hat, wird es schwer haben, der Rolle zu entkommen. Dakota Johnsons Rollenwahl macht neugieriger, zumindest ihre Arbeit mit Luca Guadagnino, mit dem sie nach A Bigger Splash das Suspiria-Remake dreht. Aber in dem kommt wohl leider kein Zwergpony vor.

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