Update: Diese Kritik wurde bereits zum Start von Damien bei A & E in den USA veröffentlicht. Jetzt startet die Horror-Serie in Deutschland bei ProSieben Maxx. Inzwischen wurde Damien nach einer Staffel abgesetzt. Es folgt der ursprüngliche Artikel.
Keuchend und ächzend, jedoch aus freien Stücken, schleppt sich Damien (Bradley James) in eine Kirche. Etwas treibt ihn hinein, was anderes wieder hinaus. Angelangt vor der weißen Jesus-Statue schleudert Damien, der Sohn des Teufels, dem Sohn Gottes seinen Rosenkranz ins heilige traurig dreinblickende Antlitz. Die Szene wird sowohl zu Beginn als auch am Ende der Pilot-Episode von A & Es Horrorserie Damien gezeigt - mit dem Unterschied, dass Damien am Ende der Episode eine Epiphanie ereilt. Dort kniend vor dem Sohn Gottes, bricht die Erinnerung an den Showdown des Films Das Omen aus dem Jahr 1976 über ihn herein.
Seither sind ca. 25 Jahre vergangen. Damien ist in der nach ihm benannten Serie 30 Jahre alt, Kriegsfotograf und eigentlich ziemlich normal. Er arbeitet in Syrien, wo die Hölle auf Erden tobt. Die Faszination an Übel und Verderben ist ihm erhalten geblieben. Von seiner Vergangenheit ahnt er jedoch nichts. Der Katholizismus ist in Damaskus eben fern. Nur die Dunkelheit spürt er. Im Bürgerkriegs-Gewirr an seinem dreißigsten Geburtstag spricht dann auch erstmals wieder der Leibhaftige zu ihm, durch eine alte Frau. All das hier ist für ihn, vertraut die Frau in Teufelszungen sprechend Damien an, der Krieg, das Verderben, und lässt ihn verängstigt zurück. Ausschnitte aus Das Omen blitzen wie Flashbacks auf. Ohnehin ist die Bindung zum Horrorklassiker eng, die Serie nutzt ihre Film-Basis, die kurzen Schnitte ins Jahr 1976 schaffen erzählerische Kohärenz, Fotos von Gregory Peck liegen auf Schreibtischflächen.
Bradley James als Damien mit seinem kantigen, fein geschnittenen Gesicht bietet die optimale Projektionsfläche für das verführerische,
gefährliche Dunkle, dem außerdem eine verwirrte Verletzlichkeit anhaftet. Wir
erfahren, Damien hat eine bewegte Kindheit hinter sich gebracht, flog von fast
jeder Schule und strandete schließlich bei Ann Rutledge (etwas Type-Casting: Barbara Hershey aus
Insidious), die im Pilot nur einen kurzen Auftritt hat, später aber bestimmt
eine größere Rolle spielen wird. Und Ruthledge scheint inzwischen große Dinge von
Damien zu erwarten. Der ist ja immerhin der Sohn des Teufels, will diese
Tatsache aber noch nicht recht wahrhaben bzw. begegnet ihr mit Furcht.
Akzeptiere den Erlöser. Trink sein Blut, iss sein Fleisch. Nur so kannst du den Teufel besiegen. (Ein Pater)
Die Angst vor dem Teufel, gibt es die eigentlich noch? Filme, die zeigen, wie selbiger aus den Körpern/Seelen unschuldiger junger Menschen ausgetrieben wird, gibt es jedenfalls zuhauf und daher wohl auch das Bedürfnis nach dieser religiösen Katharsis-Metapher. Angefangen bei Der Exorzist, der dieses Jahr ein Serien-Reboot aufgehalst bekommt, den ganzen Exorzismen von Emily Rose und Anneliese M. und eben die Haunted House-Filme wie Insidious und Conjuring - Die Heimsuchung. Dieses komplexe Cinematic Universe des Okkultismus aus Dämonen, Teufeln, Höllenhunden usw. usf. , das die katholische Kirche im Laufe des Mittelalters um die Bibel webte, scheucht die Schäfchen heute nicht mehr angstgetrieben in die Gotteshäuser, es dient allerdings als unerschöpfliches Bassin für zeitgenössische Horrorfilme. Die nähern sich dem staubigen Dämonen- und Fegefeuer-Sujet meist bewusst offenherzig und naiv.
Die Angst vor dem Teufel und der Hölle hat uns dabei der gesunde Menschenverstand ausgetrieben und im Grunde auch Buffy, der die Millennials dabei zusahen, wie sie Dämonen reihenweise mit einem Arschtritt zurück in den Höllenschlund schickte.
Du erwartest, dass ich daran glaube, dass es wirklich einen Gott und einen Teufel gibt, und dass ich auf der falschen Seite stehe. Bullshit. (Damien)
Fürchten muss auch bei Damien nicht unbedingt glauben heißen. Der Fiktionsvertrag, den der Zuschauer mit der Serie schließt, birgt unkompliziertere und überdies temporäre Verpflichtungen bei der geistigen Hingabe an die Angst. Die Angst, die unser Damien erleidet, ist hingegen absolut nicht temporär, eher ziemlich unmittelbar: Sie berührt ein fast erloschenes Kindheitstrauma. Damien verursachte den Tod seiner Mutter und den seines Vaters, der ihn zuvor selbst vernichten wollte, Tiere nahmen Reißaus vor ihm, der Teufel trachtete ihm nach seiner Treue. Keine schöne Kindheit. In der Serie soll Damien jetzt endlich seiner Bestimmung als Antichrist nachkommen, also wenn möglich die Apokalypse über die Welt kommen lassen. Was erwartet uns denn dann in den übrigen neun Episoden: nichts weniger als das oder immerhin der Weg dorthin.
Atmosphärisch
und symbolisch wühlt der Pilot tief in der Klischeekiste: die Nummer
666, drei Höllenhunde und bedrohlicher Gregorian-Soundtrack. Als die
Höllenhunde mit Gregorian-Soundtrack unterlegt über einen Gottesdiener herfallen,
sieht man auch plötzlich, dass hier der The Walking Dead-Mann Glen Mazzara die kreativen Zügel in der Hand hielt. Wenn die Höllenhunde einem Pfarrer an die Kehle gehen, dann richtig.
Kurz vor Schluss gibt es noch einen Schnitt auf die Gegenseite, in eine Kirche, wo zwei Priester schon Pläne zur Vernichtung Damiens aushecken. Wenn uns aber der Pilot eines gelehrt hat, dann, dass nicht der Mensch, also Damien, selbst schlecht ist, sondern lediglich die überirdischen Mächte, die ihn belegen und besetzen. Der Kampf Gut gegen Böse findet seinen Ausgangspunkt also bei Damien – und dort wahrscheinlich auch sein Ende. Soll heißen: Damien kann und muss sich eigentlich nur selbst besiegen, damit das Gute obsiegt. Der Weg dorthin könnte, wenn Glen Mazzara weiterhin die richtigen Knöpfe drückt, ziemlich spannend werden.
Werdet ihr euch die Serie ansehen?