Michael Caine ist der wohl erfolgreichste britische Schauspieler. Das Land liebt den Underdog, den Typ, der von ganz unten aus der Londoner East End kommt und sich durchgeboxt hat. Der Schauspieler ist unprätentiös; Selbstironie und Understatement sind nicht nur Eigenschaften seiner Persönlichkeit, sondern finden auch immer Eingang in seine Rollen. Häufig stattet er seine Figuren mit einer Coolness und Lässigkeit aus, die ihresgleichen sucht. Unter den Minimalisten der Schauspielkunst ist er einer der allergrößten; die gelassene Überlegenheit, die er ausstrahlt, ist Grundstein seines Charisma.
Mit seiner Herkunft und seinem Akzent – er wächst in einem Arbeiterbezirk im Londoner Süden als Sohn eines Fischmarkt-Packers auf – ist es schwer für ihn, einen Einstieg ins Theater- und Filmgeschäft zu finden. Mehr als acht Jahre hält er sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit kleineren Rollen über Wasser, nimmt auch Gelegenheitsjobs an. 1954 ändert er seinen Namen: Er stammt aus dem Film Die Caine war ihr Schicksal mit Humphrey Bogart. Seine erste Theaterrolle übernimmt er von Peter O’Toole, mit dem er auch häufig in Verbindung gebracht wird. Seine Karriere beginnt auch mit einer Niederlage: Sean Connery wird für die Rolle des James Bond ihm vorgezogen. Michael Caine spielt daraufhin Mitte der 1960er Jahre den Agenten M15 Harry Palmer, der ebenfalls für Ihre Majestät die Bösen bekämpft, aber es nur auf drei Filme bringt: Ipcress – Streng geheim, Finale in Berlin und Das Milliarden Dollar Gehirn.
1962 spricht er für den Afrika-Epos Zulu vor und erhält die Rolle des smarten Leutnants Bromhead. Mit einem Schlag wird er bekannt, gefällt der britischen Presse als “working class hero” und zugleich dem Publikum. In der Folge etabliert der Schauspieler einen völlig neuen Typ auf der Leinwand: den Antihelden aus dem Volk. In Der Verführer läßt schön grüßen gibt er einen Vorstadt-Casanova, der bei den Frauen viel Glück hat, dem aber ansonsten nicht viel in seinem Leben gelingt. In The Italian Job – Charlie staubt Millionen ab spielt er einen Kleinganonven, der glaubt, den perfekten Millionenraub bewerkstelligen zu können, aber nur von der Mafia als Handlanger benutzt wird. Als lässiger Profikiller agiert er in dem britischen Film Noir Jack rechnet ab, der einer gegen ihn gerichteten Intrige auf dem Leim geht. Immer ist er wortkarg und kaltschnäuzig, perfektioniert das Understatement.
Bereits viermal wurde er als bester Hauptdarsteller für den Oscar nominiert. Für seine Hauptrollen in Der Verführer läßt schön grüßen, Mord mit kleinen Fehlern, Rita will es endlich wissen und Der stille Amerikaner ging er jedoch bei allen vier Preisverleihungen leer aus. Gewonnen hat er die begehrte Goldstatue hingegen bereits zweimal als bester Nebendarsteller, 1987 für Hannah und ihre Schwestern und 2000 für Gottes Werk und Teufels Beitrag.
Im Jahre 2000 wird der Junge vom Londoner Fischmarkt von der Queen geadelt. Mittlerweile geht ist er auf der Leinwand der alternder Gentlemen, dem niemand und nichts etwas vormachen kann. Gratulation und weiter so!