Black Lightning - Die neuste DC-Superhelden-Serie im Check

23.01.2018 - 10:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Black LightningThe CW
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Ein braver Schuldirektor führt ein Doppelleben als Superheld in Black Lightning, der neuen Serie aus dem Universum rund um The Flash und Arrow, die ab heute bei Netflix in Deutschland veröffentlicht wird.

Die Stimme von Nina Simone hallt durch die ersten Minuten von Black Lightning. Vom Blut auf den Blättern, dem Blut in den Wurzeln singt sie im Cover des Lynching-Protest-Songs Strange Fruit, das die neue Superheldenserie aus dem Hause The CW in Sekundenschnelle in der Realität verankert. Als Mission Statement können wir es auch verstehen. Obwohl Black Lightning sich sendertechnisch durch die Nachbarschaft von The Flash, Arrow und Legends of Tomorrow gewittert, bezieht sich die Serie viel offener auf die US-amerikanische Realität. Die Proteste von Ferguson werden visuell paraphrasiert, unser Held im schicken Anzug und Familien-Kombi von der Polizei angehalten - die Hautfarbe allein macht ihn für die weißen Cops verdächtig. Nicht nur deswegen empfiehlt sich der Blitze schießende Black Lightning in der 1. Episode als wertvolle Erweiterung der DC-Abenteuer im Fernsehen.

Dabei wird Black Lightning erst einmal nicht als Spin-off des Arrowverse präsentiert, weshalb einiges an Spielraum für die Ausgestaltung dieser neuen Serienwelt existiert. Vage Verweise auf die Existenz von Superhelden in anderen Städten gibt es, mehr jedoch nicht. Vor einem Origin-Story-Tornado müsst ihr bei Black Lightning keine Angst haben, denn die 1. Folge der Serie von Salim Akil und Mara Brock Akil (Being Mary Jane) steigt unmittelbar ins Leben des verrenteten Vigilanten aus der Nachbarschaft ein. Der blitzende Kampf gegen Verbrecher wirkt wie eine Jugendsünde angesichts des gesitteten Lebens, das Jefferson Pierce (Cress Williams) führt. Als Schuldirektor steht er an der Spitze eines Leuchtturms in einem von Gang-Gewalt erschütterten Viertel der fiktionalen Stadt Freeland. Dank seines Alters und seiner beiden Teenager-Töchter bietet Pierce von vornherein eine andere Perspektive auf das Superheldendasein, als sie den Kollegen aus den DC-Serien sowie Marvels Helden bei Netflix oder im Kino zur Verfügung steht. Während seine Töchter Partys und Demos im Kopf haben, hat es sich Pierce in seiner bürgerlichen Mission gemütlich gemacht. Er habe in der Schule mehr Menschenleben gerettet als in seinem Kostüm, meint er einmal. Am Ende der 1. Folge von Black Lightning wird er es trotzdem wieder tragen.

Black Lightning

Pierce wehrt sich zunächst gegen alle Forderungen nach Aktivismus, ob von seiner politisch engagierten Tochter Anissa (Nafessa Williams), die bei einer Demonstration gegen die The 100-Gang (leider nicht die The 100-Gang) verhaftet wird; oder von seinem Mentor Gambi (James Remar aus Dexter), der darauf drängt, das alte Kostüm zu entstauben. Im nuancierten Umgang mit dem Superheldendasein profitiert Black Lightning von seiner erfahrenen Hauptfigur. Den Sturm, den Drang, die hat Pierce schon lange hinter sich. Er hat den Kreislauf durchlaufen, der vom persönlichen Trachten nach Vergeltung in die Pflicht übergeht, die keine Erfüllung, keinen Schlussstrich finden wird. Irgendwo wird immer ein neuer böser Bube aus seiner Ecke springen und irgendwann wird eine geschlagene Wunde nicht mehr zu flicken sein. Stattdessen hat Pierce seine Insel der Glückseligkeit geschaffen, ein idyllisches Themyscira, abgeschirmt von der Gewalt, die Nachbarn und TV-Kommentatoren beschäftigt. Wie ihm dies gelungen ist, wird in einem Nebensatz erwähnt: Mit 100-Mitglied Lala (William Catlett) hat der Direktor ein Abkommen geschlossen, sodass Waffen und Drogen das Gelände der Schule nicht überschreiten. Die Appeasement-Politik im Kleinen bleibt natürlich illusorisch, vielleicht die politisch brisanteste Erkenntnis in der 1. Folge und leicht zu übersehen zwischen den auffälligeren Anleihen aus den Nachrichten der letzten Jahre.

Nina Simone und Billie Holiday vor ihr sangen in Strange Fruit von der tiefsitzenden rassistischen Gewalt des amerikanischen Südens, die sich in Lynching außergesetzlich Bahn brach und das in den Zentren der Zivilgesellschaft. Wie viel frisches Blut noch immer an den Wurzeln und Blättern klebt, wird in Black Lightning naturgemäß nur angedeutet. Es bleibt eine spaßige Superheldenserie und ist nicht Whose Streets? oder eine der anderen Produktionen über die Polizeigewalt in den USA und ihre Auswirkungen auf die Gemeinden, die unter ihr leiden. Im Superheldenfach kränkelt es allerdings ein wenig. Oder sagen wir besser: bei den Schurken. Lala und seine Crew sind weitgehend flache Verbrechertypen. Der dicke Fisch sitzt ganz woanders. Tobias Whale, gespielt von Rapper Marvin 'Krondon' Jones III, nennt ein Piranha-Aquarium sein eigen, in dem er unliebsame Untergebene entsorgen lässt oder er schleift diese zur Strafe mit einer Harpune bis zur Schreibtischkante, damit sie wirklich jedes Wort der Rüge genau verstehen. Exzentrisch ohne Frage, bleibt unklar, ob Whale über sein schurkisches Gehabe hinaus sehenswerte Facetten beweist. Von sozialkritischen Referenzen allein kann eine Superheldenserie nicht leben.

In den Kampfszenen inklusive Blitzschlägen, die Schurken durchaus brutal grillen, zeigt sich die Inszenierung noch einfallslos. Sie spielen allerdings die Nebenrolle in der Etablierung der Welt von Black Lightning, die unserer eher gleicht, als jene, die Zuschauer von The CW gewohnt sind - ob in Riverdale oder Central City. Am effektivsten zeigt sich Pierces Macht in filmischer Hinsicht kurz vor dem Sturm. Gegenüber den Cops z.B., die ihn anschreien. Da leuchten seine Augen weiß auf vor Wut. Im Hintergrund flimmern Lampen ängstlich. Es steckt mehr in diesem Schuldirektor, als wir ahnen.

Die neuen Folgen von Black Lightning stehen ab heute jede Woche bei Netflix zur Verfügung.

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