Babylon Berlin: Staffel 3 entdeckt eine revolutionäre Filmära

23.01.2020 - 10:55 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
Babylon Berlin: Bald kommt Staffel 3
Frédéric Batier, X Filme Creative Pool, ARD Degeto, WDR, Sky, Beta Film
Babylon Berlin: Bald kommt Staffel 3
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Ein Mord vor laufender Kamera steht am Anfang von Babylon Berlin Staffel 3. Die Krimiserie wagt diesmal einen Blick in die florierende Filmindustrie im Deutschland der Weimarer Republik.

In den ersten beiden Staffeln von Babylon Berlin ermittelte Gereon Rath (Volker Bruch) noch in einer schmuddeligen Porno-Geschichte. Diese Ermittlungen brachten ihn nach Berlin, wo er Oberkommissar Bruno Wolter (Peter Kurth) und Stenotypistin Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) kennenlernte. Gereons Ermittlungen führten ihn geradewegs in ein Dickicht von Korruption, Vertuschung und politischen Verschwörungen.

In der kommenden 3. Staffel von Babylon Berlin wird Gereon Rath in die Filmstudios in Babelsberg gerufen. Die Schauspielerin Betty Winter (Natalia Mateo) wurde von einem herabfallenden Scheinwerfer erschlagen. Zusammen mit Charlotte Ritter geht Gereon Rath dem Mord nach, für den ein Phantom in einem schwarzen Kostüm verantwortlich scheint. Betty Winter wird nicht das einzige Opfer bleiben.

Während die Weimarer Republik von wirtschaftlichen und politischen Krisen gebeutelt wurde, begann im Kino der Übergang vom Stummfilm zum Tonfilm. Anlässlich der 3. Staffel von Babylon Berlin findet ihr hier einen Blick in die sich wandelnde Filmära der Weimarer Republik um 1929 und danach.

Wo läuft Babylon Berlin?

  • Seit dem 24. Dezember 2019 stehen die 1. und 2. Staffel zum Abruf mit Sky Box Sets und Sky Ticket bereit.
  • Die aus 12 Episoden bestehende 3. Staffel von Babylon Berlin startet am 24. Januar 2020 zuerst auf Sky . Auf Sky 1 könnt ihr die neuen Folgen immer freitags ab 20:15 Uhr im Doppelpack sehen. Außerdem stehen immer freitags Previews der kommenden beiden Episoden on Demand zur Verfügung und können auf Sky Go, Sky Ticket  und Sky  abgerufen werden. Ab dem 21. Februar 2020 steht Babylon Berlin Staffel 3 dann komplett zum Bingen bereit.

Staffel 3 spielt in einer Zeitenwende - auch im Kino

Die turbulente Zeit der Weimarer Republik bildet den Hintergrund von Babylon Berlin. Basierend auf der Romanvorlage Der stumme Tod von Volker Kutscher wird in den neuen Folgen aber auch eine Zeitenwende in der deutschen Filmindustrie thematisiert. Der Übergang vom Stumm- zum Tonfilm spielt in den neuen Folgen der Serie eine Rolle. Die Filmschauspielerin, die zu Beginn der neuen Staffel ermordet wird, war nämlich gerade im Begriff, eine Musiknummer aufzunehmen.

1927 wurde in den USA mit Der Jazzsänger der erste Tonfilm in Spielfilmlänge uraufgeführt. Statt der Klavierbegleitung hörten die Kinozuschauer nun selbst, was Al Jolson auf der Leinwand sang. Zwei Jahre später war man auch in Deutschland so weit. Nach Kurzfilmen feierte im Januar 1929 Ich küsse Ihre Hand, Madame (unter anderem mit Marlene Dietrich vor ihrem Durchbruch) Premiere, der bereits eine Musikeinlage enthielt. Im März folgte mit Melodie der Welt der erste deutsche Tonfilm, der über Kurzfilmlänge hinausging (rund 45 Minuten).

Babylon Berlin

Das deutsche Filmproduktionsunternehmen Ufa gründete im September 1929 vier Tonfilmateliers, also ungefähr in jener Phase, in der auch Staffel 3 von Babylon Berlin spielt. Gereon Rath wird nach dem Tod von Schauspielerin Betty Winter in diese Filmstudios in Babelsberg gerufen. Er ist quasi live dabei, wie die Filmindustrie revolutioniert wird.

Der erste abendfüllende Spielfilm mit durchgängiger Tonspur, die Ufa-Produktion Melodie des Herzens, feierte am 16. Dezember 1929 Premiere.

Der deutsche Film singt und tanzt

Der Stummfilm war also nicht von einem auf den anderen Tag verschwunden. Vielmehr stand die deutsche Filmindustrie unter dem Druck, die Studios umzurüsten. Währenddessen wurden Stummfilme weiter produziert oder nachträglich vertont. Stellt euch das in etwa so vor wie jene Filme, die unmittelbar nach der Premiere von James Camerons Avatar - Aufbruch nach Pandora nachträglich mit 3D-Effekten ausgestattet wurden. Nur sollte sich der Ton im Gegensatz zum 3D-Effekt für die Mehrzahl der Spielfilme durchsetzen.

Melodien, Melodien, Melodien: Die Titel der ersten Tonfilme deuten an, welche Genres mit der neuen Technik bedient wurden. Es entwickelte sich die Tonfilmoperette heraus, eine Art spezifisch deutsche Version des Musicals.

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Auch wenn die Musik in manch modernem Ohr altbacken klingen dürfte, faszinieren Filme wie Der Kongress tanzt, Das Lied ist aus, Die Drei von der Tankstelle, Die oder keine und Ich und die Kaiserin noch heute. In Sachen Kamera und Schnitt gab der Musikeinsatz neue Anreize für die Inszenierung. Auf inhaltlicher Ebene zeigten sich die Filme oft satirisch und waren mit überraschend flexiblen Geschlechterbildern ausgestattet.

Die Ära von Babylon Berlin: Mord, Totschlag und Versionenfilme

Die Zuschauer der späten 20er und frühen 30er Jahre sahen allerdings nicht nur Musikalisches im Kino. Schon damals wurde in Edgar Wallace-Filmen gemordet (Der rote Kreis, Der Zinker), wie auch bei Fritz Lang (M - Eine Stadt sucht einen Mörder). Hans Albers ermittelte als Engländer Harry Cross in Der Greifer und gab für F.P.1 antwortet nicht den Actionhelden.

Internationale Gewässer und Metropolen tauchten in vielen deutschsprachigen Filmen auf und nicht selten hatten auch die Helden fremd klingende Namen. Gefördert wurde diese Filmglobalisierung im Kleinen zunächst durch Versionenfilme. Ein potenzieller deutscher Hit wie F.P.1 antwortet nicht wurde mit teilweise identischer Crew und Sets in anderen Sprachen gedreht.

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Die Praxis hielt sich nicht lange, bot dem deutschen Tonfilm aber zumindest für kurze Zeit eine internationale Bühne.

Zensur und Freiheiten: Das Weimarer Kino entdecken

In einer früheren Staffel von Babylon Berlin schaut sich Charlotte (Liv Lisa Fries) im Kino Menschen am Sonntag an, ein Film, der Geist und Alltag junger Leute in der Metropole einfing. Trotz der bestehenden Zensur zeugte das Kino der späten Weimarer Republik zumindest in Teilen von einer Erkundung von Welten und Freiheiten, privaten wie politischen.

Menschen am Sonntag zählt dazu, aber beispielsweise auch Mädchen in Uniform von Leontine Sagan und Carl Froelich (1931). Der unabhängig produzierte Film über das strenge Leben in einem Mädcheninternat erhielt durch seine Thematisierung lesbischer Zuneigung Kultstatus. Während der Nazizeit wurde er nicht zuletzt wegen der Kritik am preußischen Erziehungswesen verboten. Selbst im Remake von 1958 "milderte" man eine lesbische Kussszene aus dem Original ab. In der Bundesrepublik wurde auf die Stirn geküsst.

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Seid also hiermit mit dem "stummen Tod" von Babylon Berlin eingeladen zu einer Erkundungsreise in ein Kino, das für wenige Jahre eine experimentierfreudige Blüte erlebte, bevor die Filmindustrie unter den Nationalsozialisten gleichgeschaltet wurde. Aus eigener Erfahrung kann ich schreiben: Es lohnt sich, das eigene Bild vom deutschen Film zu erweitern.

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Quellen:

Die neue Staffel von Babylon Berlin wird ab diesem Freitag, den 24. Januar, in Doppelfolgen bei Sky 1 gezeigt.

Habt ihr einen oder mehrere Babylon Berlin-Romane von Volker Kutscher gelesen?

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