Auf den Spuren von Metropolis

12.05.2011 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Häuserschluchten in Metropolis und Blade Runner
UFA/Warner Bros. Pictures
Häuserschluchten in Metropolis und Blade Runner
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Dieser Tage feiert Metropolis die Rückkehr auf die Kinoleinwände. Wir sind den Spuren nachgegangen, die der Stummfilm über die Jahrzehnte im Bildgedächtnis hinterlassen hat und finden: Fritz Langs Klassiker lohnt sich immer wieder!

Warner Bros. beschert den Kinogängern ab heute eine fast vollständige Fassung des UFA-Klassikers von Fritz Lang. In Zusammenarbeit mit den Restauratoren der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, dem ZDF, Arte und dem Filmmuseum Buenos Aires bringen sie Metropolis wieder auf die Leinwand. Die ursprünglich intendierte Fassung von Fritz Lang galt bis zum Sommer 2008 als verschollen. Damals stolperte jemand im Filmarchiv der argentinischen Hauptstadt über eine 30 Minuten längere Fassung. Deren Stücke wurden mit diversen anderen Fassungen abgeglichen, der Film restauriert, die neue, alte Version gab es 2010 exklusiv auf der Berlinale zu sehen. Jetzt erhielt sie auch noch einen Kinostart.

Seit mehr als 80 Jahren haben sich die Bilder aus Metropolis ins kollektive Gehirn eingebrannt, und das ist auch einer der Gründe, der aus diesem monumentalen Science Fiction-Streifen der 20er einen Filmklassiker macht. Metropolis hat unzählige Anregungen für die filmische Nachkommenschaft gegeben. Wir haben die Spuren verfolgt und wollen euch heute ein paar davon vorstellen.

Die düsteren, durchdesignten Großstadt-Visionen aus Brazil (1985), Batmans Rückkehr (1992) oder Das fünfte Element (1997) sind ohne Fritz Langs frühen Entwurf einer Megacity unvorstellbar. Besonders viele Parallelen zu Metropolis lassen sich in der urbanen Fantasie von Blade Runner entdecken. Als Vorlage für die Miniaturbauten samt dem riesigen Tyrell Building dienten dem Special Effects-Team ganz konkret Stills aus Fritz Langs Film. Auch die Wohlhabenden, die buchstäblich über den Arbeitern leben, zitieren in der Dystopie von Ridley Scott Fritz Langs Trennung in Oberstadt und Unterstadt. Nicht zuletzt bilden die Replikanten einen Bezug zum Maschinenmenschen, erinnert die perfekte Replikantin Rachel an Maria. Dieses Motiv hat Fritz Lang allerdings nicht erfunden. Der belebte Automat findet sich schon in der Literatur der dunklen Romantik, wie etwa in E.T.A. Hoffmanns Erzählung “Der Sandmann”.

Eine entscheidende Rolle für die stilprägende Wirkung des Klassikers hat seit den 1980er-Jahren die Version des Komponisten Giorgio Moroder gespielt. Er machte aus Metropolis dank beschleunigter Schnittfrequenz und neu viragierter Bilder eine bunte Pop-Oper von 87 Minuten. Untermalt wurden die Szenen von einem New Wave-Synthie-Soundtrack, an dem sich Musikgrößen wie Freddie Mercury und Bonnie Tyler beteiligten. Freddie Mercury und Queen haben ihrerseits für ihr Video “Radio Gaga” (1984) Inspiration bei Fritz Langs Bildern gesucht. Neben den offensichtlich übernommenen Szenen der Arbeiterkolonnen und Architekturaufnahmen, zitiert Mercurie auch die bekannte Einstellung mit dem Mann am überdimensionalen Ziffernblatt. In Farbe reinszeniert er sich selbst als Arbeiter, der sich verzweifelt bemüht, die drei Zeiger richtig auszurichten.

Auch die komplette Videographie der Pop-Ikone Madonna wäre ohne das Wissen um Metropolis um einiges ärmer. Die beiden Clips zu “Material Girl” (1985) und “Express Yourself” (1989) verlassen sich stark auf die bekannten Bilder des Stummfilmklassikers. “Express Yourself” entstand unter der Regie von David Fincher. Darin finden sich sowohl Stadtaufnahmen als auch einige für Madonna typische Weise erotisierte Fabrikarbeiter. In “Bedtime Story” von 1994 lassen sich ebenfalls ein paar visuelle Zitate aus der Filmvorlage wiederfinden. Madonna haben es vor allem die Szenen mit der Maschinen-Frau Maria angetan, die sie ihrem eigenen Image entsprechend als starke, selbstbewusste Frau umdeutet.

In jüngerer Zeit benutzten zum Beispiel System of a Down die Arbeitermassen für ihr Video zum Titel “Sugar”. Eine Folge der 6. Staffel Futurama von 2010 mit dem Titel “The Mutants Are Revolting” greift ebenfalls das Thema von Ober- und Unterstadt wieder auf. Bender erinnert dort außerdem an eine ikonische Einstellung von Metropolis, indem er ein Rohr auf sehr markante Weise verbiegt. Die Faszination am Langschen Science Fiction-Epos setzt sich also über die vom Oberflächen-Style geprägten 80er hinweg auch in die Gegenwart fort.

Wie sieht es mit euch aus? Habt ihr Lust bekommen, Metropolis mit neuen Augen nochmal im Kino zu sehen? Oder denkt ihr, der Film ist zu Unrecht so berühmt?

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